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83-Jährige bekommt keinen Kredit

Eine Rentnerin aus Glaubitz will sich eine neue Küche kaufen. Doch aus der versprochenen Null-Prozent-Finanzierung wird nichts. Wegen ihres Alters?

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© dpa

Von Antje Steglich

Glaubitz. Die alte Küche stammt noch aus DDR-Zeiten – und geht schon noch, findet Rentnerin Else F.* Doch als der Sohn der 83-Jährigen zum wiederholten Male die Spüle in ihrem Häuschen in Glaubitz reparieren soll, überredet er seine Mutter, sich doch eine neue Küchenzeile zu kaufen. Gemeinsam studieren sie die Prospekte des Discounters Möbel Boss, der gerade mit Rabatten für Küchen und einer Null-Prozent-Finanzierung für 48 Monate wirbt.

Die Rentnerin sucht sich eine praktische kleine Küche für 2 850 Euro aus. Diese Summe will Else F. über eine Laufzeit von sieben Monaten finanzieren lassen. Der Kredit wird ihr allerdings nicht gewährt. Ohne Angaben von Gründen, beschwert sich nun der Sohn. „Erst wird mit zinslosen Krediten geworben, und wenn es darauf ankommt, wird nichts daraus. Das ist Beschiss“, findet er. Schließlich gibt es seiner Meinung nach keinen Grund für eine Ablehnung. Else F. erhält rund 1 400 Euro Rente, lebt mietfrei im eigenen Haus und hat keine Schulden, sagt der Sohn. Er findet, dass seine Mutter ungerecht behandelt, wenn nicht gar aufgrund ihres Alters diskriminiert wird. Er versucht deshalb, mit der Santander Consumer Bank AG als Finanzierungs-Partner von Möbel Boss persönlich Kontakt aufzunehmen. Doch eine zufriedenstellende Antwort erhält er nicht.

Und auch gegenüber der SZ bleibt die Begründung trotz Entbindung vom Bankgeheimnis für diesen Fall reichlich vage: „Letztlich hat im konkreten Fall die persönliche und finanzielle Situation der Dame zu der Einschätzung geführt, dass sie ihren Rückzahlungsverpflichtungen möglicherweise nicht nachkommen können werde“, so Unternehmenssprecherin Eva Eisemann. Der Bank ist es dabei allerdings wichtig zu betonen, dass der Glaubitzerin der Kredit nicht aufgrund ihres Alters verweigert wurde. „Diese Einschätzung ist ganz unabhängig von ihrem Alter und nicht wegen ihres Alters zustande gekommen. Die gewissenhafte Entscheidung unserer Bank ist daher weder in rechtlicher noch in moralischer Hinsicht zu kritisieren“, so die Sprecherin. Insbesondere Rentner seien nämlich keine ausgenommene Kundengruppe des Unternehmens. Else F. erfüllte dagegen einfach nicht die Kriterien der Bank für eine Kreditvergabe, sagt Eva Eisemann. Bei Anfragen gehöre es zum Prozedere, unter anderem das Haushaltseinkommen und weitere Finanzierungsverpflichtungen zu prüfen.

Ganz aus der Luft gegriffen scheint der Vorwurf von Else F. allerdings nicht. „Es gab in den vergangenen Jahren immer wieder einzelne Verbraucher, die die Vermutung geäußert haben, dass sie aufgrund ihres Alters keinen Kredit bekommen haben“, erzählt Andrea Heyer von der Verbraucherzentrale Sachsen. „Einen nachgewiesenen Fall haben wir aber noch nicht auf dem Tisch gehabt. Das ist auch nicht verwunderlich, denn das wäre ein Verstoß gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz, hier konkret Altersdiskriminierung. Tatsächlich werden die Banken deshalb versuchen, eine Ablehnung offiziell immer mit der Bonität zu begründen.“

Laut einem Beitrag des Online-Kreditvergleichsportals Finanzcheck.de wurden 2017 lediglich zwei von drei Kreditanträgen von Ruheständlern über das Portal bewilligt. Denn nach dem Eintritt in den Ruhestand sinke oftmals die Chance darauf. „Bei einer durchschnittlichen Lebenserwartung der Deutschen von 81 Jahren möchten Banken sichergehen, dass das geliehene Geld auch zurückgezahlt wird. Somit hat auch das Alter bei der Risikobewertung der Banken Einfluss.“ Bestünden zudem keine ausreichenden Sicherheiten und ist die monatliche Rente oder Pension zu gering, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass eine Kreditanfrage abgelehnt wird.

Und Else F.? Sie hat die Küche am Ende doch bei Möbel Boss gekauft – auch ohne Kredit.

*Name von der Redaktion geändert