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Zweite Chance für altes Fachwerk

Zimmerer Kay Arnswald hat sich auf die Sanierung von historischen Häusern spezialisiert – und hat große Pläne.

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© Karl-Ludwig Oberthür

Von Hauke Heuer

Helbigsdorf. Für viele ist der Einzug in einen historischen Vierseithof oder ein Fachwerkhaus auf dem Land ein echter Lebenstraum. Der Großstadttrubel ist weit entfernt. Die Kinder können jederzeit und ohne Aufsicht draußen spielen. Wohnraum in alten, sanierungsbedürftigen Häusern kostet nur einen Bruchteil dessen, was in der Stadt gezahlt werden muss. Und doch wird der Kauf einer solchen Immobilie für viele zum Albtraum und treibt nicht wenige an die Grenzen des finanziellen Ruins.

Doch dies alles lässt sich vermeiden, wenn man vor dem Hauskauf einen Experten in den Entscheidungsprozess einbindet. Zimmermann Kay Arnswald kennt sich aus mit alten Gebäuden. Er betreibt die Kontakt- und Beratungsstelle für ländliches Bauen und Wohnen des Landesvereines Sächsischer Heimatschutz und steht Hausbesitzern oder denen, die es werden wollen, beratend zur Seite.

„Viele potenzielle Probleme können während einer kurzen Besichtigung eines Hauses gar nicht erkannt werden. So sehen Holzbalken auf den ersten Blick oft noch sehr gut aus“. Die Balkenköpfe, die nicht sichtbar sind, könnten jedoch schon verfault oder von Schädlingen befallen sein. „Dasselbe gilt für Bereiche hinter den Wänden, den Dachstuhl oder das Dach an sich“, erklärt Arnswald.

Ein weiteres häufiges Problem bei Fachwerkhäusern: Viele Gebäude wurden einst unterkellert. Heute sind die Hohlräume oft nicht mehr erkennbar. „Die Gründung des Hauses ist in solchen Fällen nicht mehr stabil. Die Folgen sind Risse in den Wänden“, weiß Arnswald. So tun Hauskäufer gut daran, einen Experten wie Arnswald zu kontaktieren, der die Bausubstanz vor Ort begutachtet. Kosten entstehen bei einer ersten Besichtigung zunächst nicht, denn der Experte für alte Holzkonstruktionen arbeitet ehrenamtlich.

Wer sich einmal anschauen möchte, wie nach jahrelanger Arbeit ein fertig sanierter Vierseithof erstrahlt, kann Arnswald auf dem Lößnerhof in Helbigsdorf besuchen. Seit zehn Jahren sanieren seine und zwei andere Familien den Hof von Grund auf und modernisieren ihn. „Hier können wir sehr gut sichtbar machen, was möglich ist“, erklärt Arnswald. Denkmalobjekte sind oft für einen günstigen Preis zu bekommen. Die Sanierung wird dafür umso teurer. Deshalb informiert die Beratungsstelle über Möglichkeiten, Fördermittel für die Sanierung von Denkmälern zu beantragen und stellt Kontakte zu den Behörden her.

Doch Arnswald kann nicht nur beraten. Der Zimmermann ist einer der wichtigsten Experten der Region, wenn es um den originalgetreuen Nachbau oder die Restaurierung von Fachwerken geht. „Ich habe mich auf diesen Bereich spezialisiert und nehme heute kaum noch andere Aufträge an“, sagt Arnswald, der vor dem Eintritt in die Selbstständigkeit beim bekannten Restaurator Fuchs und Girke in Ottendorf-Okrilla gearbeitet hat.

Wenn der Zimmermann ein Fachwerk saniert, achtet er besonders darauf, dass das ursprüngliche Erscheinungsbild erhalten bleibt. „Ich versuche, alte Baustoffe, wie zum Beispiel Holzbalken, aus Abrisshäusern zu retten. Dieses Holz hat bereits ein ähnliches Rissbild wie der Bestand“, erklärt Arnswald und fügt hinzu, „es müssen auch nicht immer ganze Balken getauscht werden. Im traditionellen Handwerk gibt es verschiedene Techniken, mit denen sich neue mit alten Balken verbinden lassen – das sieht dann ein bisschen aus wie an der Frauenkirche“.

Obwohl sich die meisten historischen Gebäude sanieren lassen, fallen sie aus Kostengründen oft dem Abriss anheim. „Einige Kollegen, Vereinsmitglieder und ich planen, dem entgegenzuwirken. Wir wollen Fachwerkhäuser, die abgerissen werden sollen, abbauen, an einem geeigneten Ort wieder errichten und so ein Freilichtmuseum schaffen“, erklärt Arnswald. Darüber hinaus soll die dann neu entstandene Einrichtung alte Baustoffe, wie Holz, Dachziegel aber auch alte Lichtschalter und Ähnliches, zusammentragen, um anderen die Sanierung von Denkmälern zu erleichtern.

Erste Gespräche mit Verantwortlichen der Stadt und anderer Behörden haben zwar schon stattgefunden. „Es handelt sich aber bisher nur um einen Traum“, berichtet der Zimmermann. So könnte es sich mit ein wenig Glück ergeben, dass Helbigsdorf in einigen Jahren ein Zentrum des gelebten Denkmalschutzes in Sachsen wird.