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„Zwei Gramm Crystal sind eine Hausnummer“

So viel soll Mike Welzel täglich von der Droge konsumieren. Eine Meißner Suchtberaterin erklärt, was das mit einem Menschen macht.

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© Symbolbild/Claudia Hübschmann

Von Dominique Bielmeier

In der Suchtberatungs- und -behandlungsstelle der Diakonie in Meißen gibt es solche Fälle nicht so oft. „Zwei Gramm Crystal sind schon eine Hausnummer“, sagt Suchtberaterin Romy Schellenberger. „Bei einer solchen Menge kann man nicht mehr von einem Missbrauch sprechen – da ist man schon definitiv in einer Abhängigkeit drin.“

Zwei Gramm, etwa so viel soll der 43-jährige Radebeuler Mike Welzel seit Jahren täglich von dem Rauschgift konsumieren. Ob er selbst schon einmal die Meißner Suchtberatungsstelle aufgesucht hat, darf Schellenberger aus Gründen des Klientenschutzes nicht sagen. Für die Sächsische Zeitung gibt die Beraterin jedoch eine Einschätzung ab, was die Droge im Körper eines Abhängigen anrichtet.

Wenn jemand über längere Zeit Crystal konsumiere, baue er nicht nur körperlich sehr stark ab – zum Beispiel durch großen Gewichtsverlust – sondern verändere auch seine Persönlichkeit vollkommen. „Alles ist dann auf den Konsum und die Beschaffung fokussiert, sämtliche anderen Interessen und Kontakte zu Menschen brechen weg“, erklärt Schellenberger. Auch die vielen Vorstrafen Welzels belegen, dass er sich über Jahre zum Beispiel mit Buntmetalldiebstahl das Geld für seine Drogensucht beschafft haben muss. „Es gibt Klienten, die arbeiten und konsumieren“, sagt Schellenberger. „Aber bei dieser Menge wird es wahrscheinlich schwierig.“ Der gelernte Koch Welzel bezieht Arbeitslosengeld II.

Crystalabhängige seien hektisch und unruhig, hätten einen erhöhten Rededrang und litten unter Konzentrationsstörungen. „Sie vergessen Dinge, verwechseln Sachen und sind im Entzug vielleicht sogar aggressiv.“ Manchmal seien sie auch über mehrere Tage lang wach, der Tag-Nacht-Rhythmus verschiebe sich vollkommen.

Die synthetische Droge, die auch Crystal Meth oder Methamphetamin genannt wird, mache sehr schnell abhängig und könne im Gehirn irreversible Schäden anrichten. Dabei gelte: Je früher jemand mit dem Konsum anfange, desto gravierender seien die Folgen. Manche Menschen blieben durch Crystal auch als Erwachsene auf dem Entwicklungsstand eines Teenagers. Auch nach einem Entzug könne es Jahre dauern, bis die Konzentrationsfähigkeit wieder auf ein normales Niveau komme.

Obwohl es in der Beratungsstelle häufig Crystalfälle gebe, sei die Droge Nummer eins weiterhin Alkohol. Die Zahl der Menschen, die ausschließlich wegen Crystal in die Beratungsstelle kämen, sei sogar wieder zurückgegangen. Gab es im Jahr 2013 genau 79 Fälle, sei die Zahl dann zwei Jahre lang erst auf 96 und dann auf 104 Fälle gestiegen. Im vergangenen Jahr sei die Zahl aber mit 92 Fällen wieder etwas gesunken.