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Wirt in Sorge

Der Chef der Sachsenstube in Kesselsdorf sucht einen Pächter. Schließen möchte er das Lokal nicht.

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© Karl-Ludwig Oberthür

Von Hauke Heuer

Kesselsdorf. Ralf Rode, Geschäftsführer der Schnitzelschmiede und der Sachsenstube in Kesselsdorf, ist der Prototyp eines sächsischen Gastwirtes. Der gebürtige Grumbacher begeistert seine Gäste seit fast zwei Jahrzehnten mit seiner offenen Art und nicht zuletzt mit rustikalem Essen in guter Qualität. „Der Laden läuft. Gerade im Winter, wenn wir den Garten nicht nutzen können, geraten wir an die Grenzen unserer Kapazität“, berichtet der 68-Jährige. Und doch ist Rode von Sorgen geplagt. Er findet keinen Pächter für sein Restaurant. Für ihn eine Voraussetzung, um in den wohlverdienten Ruhestand zu gehen.

„Ich habe schon Flyer verteilt und im Großhandel ausgehangen. Auch das Amtsblatt hat schon über meine Situation berichtet. Aber es findet sich kein Interessent“, erklärt der Wirt und schüttelt mit dem Kopf. Dabei hat die rustikal anmutende Sachsenstube einiges zu bieten. Rund 100 Quadratmeter umfasst der vollständig eingerichtete Gastraum. Die Küche wurde in den vergangenen Jahren komplett erneuert. Der Biergarten erfreut sich gerade in der warmen Jahreszeit großer Beliebtheit. Darüber hinaus sind sogar mehrere Stellplätze vorhanden. Im Obergeschoss des Gebäudes an der Wilsdruffer Straße hat Rode mehrere großzügige Wohnungen eingerichtet. Hier könnte der künftige Wirt einziehen.

Das eigentliche Kapital der Wirtschaft, die alten Rezepte für verschiedenste Fleischgerichte und nicht zuletzt für das Moskauer Sahnesofteis, das Rode selbst entwickelt hat, würde der Wirt mit dem Pächter teilen. „Insbesondere das Eis, das zu einem Teil aus Kaffeesahne besteht, ist weithin bekannt. Viele fahren dafür sogar von der Autobahn ab“, berichtet Rode und verweist immer wieder darauf, dass mit der Sachsenstube und dem angrenzenden Imbiss Schnitzelschmiede viel Geld zu machen ist.

Rode ist es auch äußerst wichtig klarzustellen, dass das Lokal nicht geschlossen wird. „Notfalls begrüße ich die Gäste mit Rollator. Das bin ich den Gästen und meinen drei Mitarbeitern schuldig. Wir machen definitiv solange weiter, wie es geht“, gibt er sich kämpferisch. Dennoch würde er gerne öfter verreisen, etwa nach Norwegen oder in sein Lieblingsland Vietnam. „Doch dafür habe ich im Moment leider kaum Zeit“, sagt der immer noch umtriebige Mann.

Da bisher noch kein Pächter gefunden ist, zieht der Wirt in Erwägung, einen Geschäftsführer einzustellen. Notfalls würde er das Restaurant auch verkaufen, wenn ein entsprechender Preis geboten und das Haus weiterhin als Gaststätte genutzt wird.

Rodes Sorgen sind kein Einzelfall. Nach Angaben der Industrie- und Handelskammer Dresden (IHK) ist die Zahl der Gaststätten in Sachsen vom März 2016 bis zum März 2017 um 217 auf 9 730 zurückgegangen. Während in den Städten überdurchschnittlich viele Lokalitäten eröffnen, ist gerade der ländliche Raum vom Fachkräftemangel betroffen, so die IHK. Die Wirte fänden keine Angestellten. Seit Jahrzehnten bestehende Betriebe würden aufgelöst, weil sich weder in der Familie noch anderswo Nachfolger finden ließen, die das Geschäft weiterführen.