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Wieso muss Ottendorf verzichten?

Der Ortsteil Leppersdorf soll im Frühjahr einen Supermarkt bekommen. In Ottendorf stößt man weiterhin auf Granit.

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© dpa

Von Nadine Steinmann

Ottendorf-Okrilla. Unerbittlich kämpfen die Ottendorfer seit Jahren für einen großen Einkaufsmarkt am ehemaligen Betonwerksareal. Der Vollsortimenter Edeka soll es werden. Doch jüngst kam die niederschmetternde Nachricht: Die Landesdirektion Sachsen stellt sich den Plänen quer. Denn großflächiger Einzelhandel ist nur in sogenannten Ober- und Mittelzentren gewünscht. Ottendorf-Okrilla gehört laut Landesentwicklungsplan zu keiner der beiden Kategorien.

Rund acht Wochen später und nur eine Autobahnabfahrt entfernt, ist die Freude umso größer. Denn in dem Wachauer Ortsteil Leppersdorf soll ein Supermarkt entstehen! Mit Backshop, Fleischer-Stand und sogar einem Imbiss! Das für die Baugenehmigung zuständige Landratsamt Bautzen hat dem Projekt seinen Segen erteilt. Im April könnten die Bauarbeiten bereits losgehen. In den neuen Supermarkt soll Gerüchten zufolge der Discounter Norma einziehen. Das Unternehmen selbst hält sich bisher aber bedeckt. Dementiert werden die Pläne allerdings auch nicht.

Nun fragt sich sicherlich der ein oder andere Ottendorfer, warum die Verwaltungsmitarbeiter der Großgemeinde, in der immerhin rund 10 000 Einwohner leben, bei der Landesdirektion Sachsen auf Granit beißen. Denn immerhin stehen den Ottendorfern mit der Gemeinde Wachau nur rund 5 000 Einwohner gegenüber. Also was sind die Gründe? Warum bekommt Leppersdorf einen Supermarkt und Ottendorf-Okrilla nicht? Liegt es daran, dass in keinem einzigen Ortsteil der Gemeinde Wachau bisher ein Lebensmittelmarkt vorhanden ist? Während sich in Ottendorf-Okrilla schon allein entlang der Dresdner Straße zwei Netto-Märkte sowie ein Penny-Markt aneinanderreihen? Oder ist es die Landeshauptstadt Dresden, die als Oberzentrum ihren Schatten bis nach Ottendorf-Okrilla wirft, aber nicht bis nach Leppersdorf reicht? Ist es für die Ottendorfer zumutbar, bis in die Landeshauptstadt zu fahren, für die Leppersdorfer aber nicht? Oder sind die Müllermilch-Molkerei und die geplante Homann-Ansiedlung in Leppersdorf das Zünglein an der Waage? Immerhin arbeiten bei Müllermilch rund 2 500 Menschen. Zusammen mit den Homännern wird die Belegschaft auf 3 500 wachsen. Die Mitarbeiter kommen täglich an dem Markt vorbei und viele dürften ihre Einkäufe künftig hier erledigen. Hinzu kommen die 1 000 Einwohner der Ortschaft.

Kleinerer Markt in Leppersdorf

Es scheint also doch so einige Gründe zu geben, die den Bau eines großflächigen Einkaufsmarktes in Leppersdorf rechtfertigen. Doch handelt es sich überhaupt um einen großen Einkaufsmarkt? Mit Fleischerei, Imbiss und Backshop ist schon fast davon auszugehen, oder? Doch tatsächlich liegt hier der wahre Grund verborgen, warum die Ottendorfer weiterhin auf Granit beißen und die Leppersdorfer sich freuen dürfen. Denn Ottendorf-Okrilla beabsichtigt, auf dem Areal des ehemaligen Betonwerks einen Lebensmittelmarkt mit 1 800 Quadratmeter Verkaufsfläche und einen Drogeriefachmarkt mit 900 Quadratmetern Verkaufsfläche zu bauen. Beide Märkte zählen damit zu den großflächigen Einzelhandelsbetrieben. Die Grenze dazu liegt bei 800 Quadratmetern Verkaufsfläche (gemäß Baunutzungsverordnung).

In Leppersdorf dagegen wird in kleineren Dimensionen gedacht. „Der in Leppersdorf geplante Markt verfügt über 799 Quadratmeter Einkaufsfläche. Damit bleibt der Markt unterhalb der Grenze zum großflächigen Einzelhandel. Aus diesem Grund gab es im Fall des Leppersdorfer Marktes keine Einwände aus Gründen der Raumordnung“, erläutert Ingolf Ulrich, Sprecher der Landesdirektion Sachsen auf Nachfrage der Sächsischen Zeitung. Ottendorf-Okrilla hat also gegenüber Leppersdorf einfach ein Größenproblem. Kleiner denken möchte man allerdings nicht. Stattdessen versucht die Ottendorfer Verwaltung, nun bei den Verantwortlichen des Regionalen Planungsverbands Oberlausitz-Niederschlesien vorstellig zu werden. Der Verband ist für den Regionalplan und die derzeitige Fortschreibung der letzten Fassung aus dem Jahr 2009 zuständig. Die Gemeinde erhofft sich dadurch, die Charakterisierung eines Zentrums zu erhalten. Dann wäre auch ein großflächiger Supermarkt möglich.