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Wieder ein Schaf verloren

In Kötitz verschwinden Schafe. Von zwei Lämmern fehlt jede Spur. Zwei Muttertiere wurden an der Koppel getötet. Vermutlich, um sie später zu essen.

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© Sven Görner

Von Sven Görner

Coswig. Neugierig kommen die Tiere unter den großen Bäumen hervorgelaufen. Sie umringen Toni Pahlig und seine Frau Sophie. Es sieht aus, als wollten sie die beiden begrüßen. Vielleicht hoffen die Schafe aber auch nur, von den vertrauten Personen ein extra Leckerli zu bekommen. Die Tiere sehen gut gepflegt und genährt aus. Es scheint ihnen hier an nichts zu fehlen. Doch die Idylle zwischen dem Anger in Kötitz und dem Elberadweg ist trügerisch.

„Vor anderthalb Wochen wurden hier zwei Lämmer geklaut“, sagt Toni Pahlig. Ihre Beute haben die Diebe über den Zaun direkt am vielgenutzten Elberadweg gehievt. Was den jungen Mann dabei am meisten wundert, ist der Fakt, dass davon offenbar niemand etwas bemerkt hat. „Passiert ist es am 2. August, einem Sonntag, zwischen mittags um eins und abends halb acht.“

Wie Toni Pahlig sagt, müssen es mehrere Diebe gewesen sein. „Das Grundstück ist über 3 000 Quadratmeter groß. Dort zwei Lämmer zu fangen, ist keine leichte Sache.“ Was mit den Jungtieren passiert ist, weiß der Züchter nicht. Doch er hat eine Vermutung. „Es ist derzeit überhaupt kein Problem, rüber auf die Elbinsel zu kommen. Vielleicht haben die Diebe sie dorthin gebracht, um sie zu schlachten.“ Dieser Verdacht klingt zunächst zwar abenteuerlich, ist aber dennoch nicht aus der Luft gegriffen. Denn zum einen wäre es schwer, die lebenden Lämmer über eine weite Strecke zu transportieren. „Sie haben mit Sicherheit laut geschrien und um sich getreten.“ Und zum anderen würde das zu zwei weiteren Anschlägen auf die kleine Schafherde der Pahligs passen.

Neues Zuchttier kostet 250 Euro

Der Erste liegt schon etwas zurück. Mitte Mai war ein Schwarzkopf-Mutterschaf von einer Koppel neben dem Kanu-Heim auf den Radweg geschleift und dort abgestochen worden. Anders als bei den Lämmern passierte das in den Abendstunden. Von dem Schaf ließen die Diebe all das zurück, was sie nicht haben wollten. „Die Innereien, das Fell und die Knochen waren in einen großen blauen Sack gestopft, der direkt neben mehreren großen Blutlachen stand“, sagt der junge Mann. „Auch das kann unmöglich ein Mann alleine gewesen sein. Schließlich wiegt das Tier fast 100 Kilo.“

Das zweite Schaf, ein Heidschnucken-Muttertier, wurde in der Nacht zum Montag getötet. Diesmal standen die Schafe auf einer eingezäunten Streuobstwiese nordöstlich des Campingplatzes. Im dichten Wildwuchs der Böschung des Lockwitzbaches war auch gestern noch gut zu sehen, wo die Täter das Tier zuerst nach unten und dann hinauf zur Brockwitzer Straße geschleift hatten. Ein Kraftakt. Blutflecke deuten darauf hin, dass es dort getötet wurde. „Es hat zwar bestialisch gestunken, Innereien oder etwas anderes haben wir diesmal aber nicht gefunden“, sagt Toni Pahlig. Allerdings stehen dort auch viele Dornensträucher, so dass die Suche schwierig war.

Der Verlust der beiden Mutterschafe ist für die Pahligs hart. „Das Finanzielle ist dabei nur eine Seite.“ Ein neues Tier für die Zucht kostet 250 Euro. Die andere wiegt aber fast noch schwerer. „Wir haben die Mutterschafe erzogen, sie sind auf uns geprägt. Wir können die Tiere hier problemlos frei von einer zur anderen Koppel bringen.“ Und noch eine Sorge hat Toni Pahlig seit dem ungebetenen Besuch vom Wochenende: „Die Diebe haben auch unseren Schafbock verletzt.“ Gut möglich, dass sie in der Dunkelheit nicht gleich gesehen haben, dass es ein Bock war, auf den sie einschlugen. Schließlich haben bei den Heidschnucken auch die weiblichen Tiere Hörner. „Oder der Bock hat versucht, Lisa, das Mutterschaf, zu verteidigen.“

Die Spuren der Attacke sind am Kopf des Schafbocks unübersehbar. Alles zwischen Nase und Stirn ist dick angeschwollen. „Ich hoffe, dass er es gut übersteht“, sagt der Züchter. Gestern hat der Mann seine Herde erst einmal auf eine andere Weide gebracht. „Ein ganzes Stück weg von Kötitz. Wo mehr Leute in der Nachbarschaft wohnen.“ Um die Koppel an der Brockwitzer Straße hat er begonnen, einen richtigen Zaun zu bauen. Einen Wildzaun, 1,80 Meter hoch und darüber noch Stacheldraht. „Mit einer Drahtschere ist aber auch der kein Hindernis.“

Polizei hat noch keine Spur

Die Polizei, so sagte gestern Ilka Rosenkranz von der Polizeidirektion Dresden, ermittelt in alle Richtungen. Einen konkreten Anhaltspunkt gebe es bisher zu den Fällen noch nicht. Tierquälerei könne aber wohl ausgeschlossen werden. „Dann hätten die Täter ja die Kadaver zurückgelassen.“

Da die Tiere aber offensichtlich getötet wurden, um das Fleisch zu essen, hat wohl nicht nur der Besitzer den Verdacht, dass die Täter möglicherweise Asylbewerber sein könnten. Denn Schaffleisch gehört hierzulande nicht unbedingt zu den bevorzugten Gerichten. Und wenn, dann höchstens als Lammbraten.

In der ohnehin aufgeheizten Situation ist allerdings auch nicht auszuschließen, dass der Verdacht bewusst in diese Richtung gelenkt werden soll, die Täter tatsächlich aber ganz woanders zu suchen sind.

SZ-Informationen, dass es in der Gegend weitere Fälle gegeben haben soll, wo Schafe verschwunden sind, konnte die Polizei-Sprecherin nicht bestätigen. „Allerdings wird auch nicht jeder Vorfall von den Betroffenen angezeigt.“