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Wie man sich auf dem Dorf hilft

Ein Unfall fesselte Toralf Schrödel von einem Tag zum anderen ans Bett. Ein schwerer Schlag. Auch für die kleine Tischlerei. Doch sie läuft weiter. Und nicht nur das.

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© Arvid Müller

Von Sven Görner

Großdittmannsdorf. Es gibt Tage, die bekommt man nicht mehr raus aus dem Gedächtnis. Der Tag Mitte Juni des vergangenen Jahres ist so einer. Ulf Walther und Toralf Schrödel wollten es sich mit ein paar Kumpels am Pool gut gehen lassen. Und dann passierte es. „Wir waren alle schon ins Wasser gesprungen, nur Toralf noch nicht“, erinnert sich Ulf Walther. Was dann passierte, ist ihm bis heute noch nicht richtig klar. Seit dem missglückten Sprung ist Toralf Schrödel ans Bett gefesselt.

Die Fassade hat in den vergangenen Monaten frische Farbe bekommen.
Die Fassade hat in den vergangenen Monaten frische Farbe bekommen. © Arvid Müller
Und auch dieses Innungszeichen mit dem Gründungsjahr der Firma.
Und auch dieses Innungszeichen mit dem Gründungsjahr der Firma. © Arvid Müller

Nach dem Unfall war nicht nur die Zukunft des 44-Jährigen ungewiss. Auch der Fortbestand seiner kleinen Tischlerei war bedroht. Jemand musste für die beiden Mitarbeiter Aufträge ranholen, sich um die Organisation kümmern, Büroarbeiten erledigen. In solch einer Situation zeigt sich, wer echte Freunde hat.

„Als klar war, dass Toralf so schnell nicht wieder in den Betrieb zurückkommt, habe ich mal in Ruhe nachgedacht, wie es weiter gehen könnte“, sagt Ulf Walther. Der 53-Jährige und der Tischlermeister sind schon lange gute Freunde. Beide waren sie Radeburger Karnevalsprinzen und sind seit dem im Elferrat aktiv. Für die Veranstaltungen im Hirsch steuern sie meist gemeinsam etwas zum Programm bei. Wie ihre Parodie von Karel Gott und Darinka, die fast schon Kultstatus hat.

„Ich komme zwar nicht aus der Holzbranche, sondern bin von Beruf Metallbauer, habe aber über 20 Jahre lang als Selbstständiger gearbeitet“, erzählt der Großdittmannsdorfer. Zuletzt mehrere Jahre als Bauleiter für einen Fassadenbauer aus dem Westen bei Neubauten für McDonald’s. Doch weil er genug davon hatte, ständig auf Achse und nie zu Hause zu sein, war er froh, als die Firma Bennewitz jemanden für ihr Neubau-Projekt im Radeburger Gewerbegebiet suchte. „Doch der Neubau war voriges Jahr ja fertig, so dass ich mich ohnehin nach etwas Neuem umgesehen hätte.“

Also redete Ulf Walther nach einigem Überlegen mit Toralf Schrödels Frau und mit dessen Schwester. Und auch mit den beiden Mitarbeitern. „Die fanden die Idee gut, denn sie wollten unbedingt im Betrieb bleiben.“ Und so wurde der 53-Jährige zum dritten Angestellten der Firma. „Ich kümmere mich vor allem um das Organisatorische, übernehme aber auch Montagearbeiten auf Baustellen“, beschreibt er seine Aufgaben. „Den betriebswirtschaftlichen Hintergrund habe ich ja durch meine jahrelange Selbstständigkeit. Und beim Erstellen von Angeboten helfen mir das Wissen und die Erfahrung der beiden Tischler. Da arbeiten wir eng zusammen.“

Das funktioniere sehr gut, die Firma läuft. Und nicht nur das. Mit Unterstützung von Freunden auch aus dem Karnevalsverein wurden in den vergangenen Monaten die Gebäude verschönert. Denn vor seinem Unfall hatte Toralf Schrödel schon gegen eine andere schwere Krankheit zu kämpfen gehabt. Da war einiges auf der Strecke geblieben. Jetzt leuchtet die Fassade den Besuchern entgegen und ein neues Innungszeichen mit dem Gründungsjahr des Handwerksbetriebs wurde auch angebracht. Und gerade wird noch am Dach des Werkstattgebäudes gewerkelt. Die alte Dachpappe war porös und durchlässig.

„Wir arbeiten regelmäßig mit drei, vier Firmen zusammen, darunter auch der Firma Bennewitz, dadurch haben wir eine gewisse Sicherheit.“ Aber trotzdem noch genügend Luft, um flexibel andere Sachen zu übernehmen. „Auch Kleinstaufträge, für die sich größere Firmen kaum interessieren“, ergänzt Ulf Walther.

Gefragt ist das Können der Großdittmannsdorfer aber ebenso, wenn es darum geht, passgenaue Einbaumöbel anzufertigen. Gestern wurde bei einem Kunden in Radeburg beispielsweise ein Aktenschrank aufgestellt. Doch auch das Restaurieren von alten Möbeln übernehmen die beiden Tischler.

Wann Toralf Schrödel zurück in seinen Betrieb kommt, ist derzeit noch ungewiss. Ulf Walther will auch danach bleiben.