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Wie kommt Kohlmühle nach Israel?

Postkarten können Geschichten erzählen. Sie wecken aber auch ganz gewisse Leidenschaften.

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Von Anja Weber

Hohnstein. Postkarten mit Motiven aus der Sächsischen Schweiz gibt es offenbar reichlich. Und ebenso viele Sammler gibt es wohl auch. Denn es ist schon etwas kurios, wo die Postkarten überall auftauchen. Sie sind vermutlich von ihren Besitzern aus Erbnachlässen oder Versteigerungen um die ganze Welt getragen und in Sammleralben eingeheftet worden.

Kohlmühle: Ein Anblick, den es so schon Jahrzehnte so nicht mehr gibt.
Kohlmühle: Ein Anblick, den es so schon Jahrzehnte so nicht mehr gibt. © privat
Sebnitz: Hier ist der Wiedererkennungswert weitaus größer.
Sebnitz: Hier ist der Wiedererkennungswert weitaus größer. © privat

Genau wie die Postkarten sind auch die Liebhaber derselben überall zu Hause, wie zum Beispiel Eisenbahnfan und Sammler Günther Klebes aus Franken. „Ich liebe Postkarten über alles, vor allem die mit eisenbahnhistorischen Motiven aus dem deutschsprachigen Raum“, sagt er. Und deshalb ist er auch persönlich und im Internet auf vielen Auktionen unterwegs, um sich die Postkarten zu ersteigern. Vor wenigen Tagen konnte er zwei weitere Karten erwerben. Und da ihm die Motive geläufig waren, informierte er auch die Sächsische Zeitung über seine neuesten Errungenschaften.

Bei einer luxemburgischen Internet-Auktion war er auf die Karten gestoßen. „Dort waren sie als Train of Germany angeboten worden. Sofort erkannte ich, dass es der Viadukt von Sebnitz sein musste. Denn schließlich bin ich 1970 erstmals vor Ort gewesen“, schreibt er. Und bei der zweiten Postkarte, einem eher ungewöhnlichen Motiv, weil es in dieser Form schon lange nicht mehr existiert, half der Kartenaufdruck weiter. Die Karte zeigt das Bahnhofshotel in Goßdorf-Kohlmühle.

Beide Karten erzählen ihre ganz eigene Geschichte, und so hat Günther Klebes auch etwas nachgeforscht und sich die Poststempel genauer angeschaut. Die Postkarte mit dem Sebnitzer Viadukt wurde 1962 nach Alt-Lüdersdorf in Brandenburg versendet. Die zweite Karte wurde bereits 1927 nach Freital verschickt.

„Erstaunlich fand ich auch, dass der Anbieter eine Adresse in Israel hatte“, sagt der Sammler. Welchen Weg die Karte dorthin genommen hat, ist heute nicht mehr nachvollziehbar. Vielleicht waren es Auswanderer, die die Karte vom Bahnhofshotel Kohlmühle mit im Gepäck hatten. Oder es war jemand, der ein Bündel Postkarten von einer Haushaltsauflösung an einen Händler verkauft hatte. So könnte es auch bei der Postkarte vom Viadukt gewesen sein, da diese wesentlich jüngeren Datums ist. Günther Klebes kann nur spekulieren. Dass eine Karte von so weit her kommen kann, ist für ihn allerdings doch nicht so ganz neu. Schließlich hat er schon Karten aus Australien, Kanada und Südafrika erworben.

Bei dem jetzigen Kauf hatte er auch noch Glück. Weil er der einzige Bieter war, habe er die Karten für gerade je drei Euro erwerben können. Ein Schnäppchen. Für eine Ansicht des Bahnhofshotels Kohlmühle wurden über Ebay schon bis zu 25 Euro geboten. Das Hotel wurde einst errichtet, als die Sommerfrischler scharenweise durch den Ort tourten. Es bot ihnen nach einer Wanderung durch das Sebnitztal Speis und Trank. Im dortigen Speiseraum haben aber auch die Beschäftigten des Linoleumwerkes zu DDR-Zeiten gegessen.

Und auch der Sebnitzer Stadt-Viadukt hat so seine Besonderheit. Er war damals der erste Viadukt in Deutschland, der mit einem 250-Meter-Radius und einer Neigung von 20 Promille erbaut wurde. Für Günter Klebes werden es vielleicht nicht die letzten Postkarten sein, die ein Motiv aus der Sächsischen Schweiz tragen.