Merken

Wie es jetzt bei Globalfoundries weitergeht

Dresdens größte Fabrik erhält neue Maschinen im Milliardenwert. Doch auch der Sozialplan für Entlassungen ist fertig.

Teilen
Folgen
© Archivbild: dpa

Von Georg Moeritz

Dresden. Keine Angst vor China: Ralf Adam glaubt an die sächsischen Standortvorteile, an gute Kollegen, Hochschulen, sichere Energieversorgung. Der Betriebsratsvorsitzende in Dresdens größter Fabrik kennt zwar die Pläne seines Arbeitgebers, in China, Singapur und in den USA zu investieren. Doch zugleich fließen mindestens 1,5 Milliarden Euro ins Dresdner Werk des globalen Mikrochip-Herstellers Globalfoundries. Der Konzern hat diese Investition vor zwei Wochen angekündigt, und Ralf Adam sieht darin eine „Super-Botschaft“. Eine neue Technologie und zusätzliche Kapazitäten in der Dresdner Fabrik, „das ist genau das, was unser Standort braucht“. Doch der angekündigte Stellen-Abbau sei nicht gestoppt, sagt Adam. Für März rechne er mit der nächsten Kündigungswelle. „Das sieht keiner so richtig ein.“

Globalfoundries hat viel vor – weltweit, wie es der Firmenname verspricht. Foundries sind Fabriken, die Mikrochips im Auftrag anderer Unternehmen herstellen. Zu den Kunden gehört AMD, der ehemalige Besitzer der Dresdner Mikrochipfabrik. 2009 verkaufte AMD das Werk an die Neugründung Globalfoundries mit Verwaltungssitz in den USA und Besitzern im Emirat Abu Dhabi. Seitdem hat Globalfoundries Fabriken dazugekauft – in Singapur und in den USA. Außerdem baute der Konzern seine modernste Fabrik im Ort Malta im US-Bundesstaat New York.

Nun will Globalfoundries erstmals in China bauen: Ende nächsten Jahres soll die Produktion in der Stadt Chengdu beginnen. Dort haben sich auch andere Firmen aus der Computerbranche angesiedelt, etwa Intel, Dell und Lenovo. Für den chinesischen Markt hat Globalfoundries einen eigenen Markennamen erfunden: Ge Xin, das soll für Chinesen ähnlich klingen wie das Wort für Innovation.

Der Dresdner Geschäftsführer Rutger Wijburg will China nicht als Konkurrenz zur Dresdner Fabrik sehen, sondern als „sehr gute Nachricht für unser Werk“. Die Kunden verlangten danach, dass ihr Nachschub an Mikrochips sicherheitshalber aus zwei verschiedenen Regionen der Welt kommen könne. Die neue Fabrik in Chengdu werde daher Ende 2019 die neue Technologie einführen, an der Dresden derzeit arbeitet: 22 FDX. Die Zahl 22 steht dabei für die kleinstmöglichen Strukturen innerhalb der Chips, sie sind 22 Nanometer breit. Dresdner Ingenieure arbeiten auch an der Verkleinerung auf zwölf Nanometer.

Mit diesem Technik-Sprung möchte Wijburg auch Kritiker beruhigen, die Dresden technisch abgehängt sehen. In der jungen Fabrik bei New York nämlich wird die Entwicklung hin zur Sieben-Nanometer-Technologie vorangetrieben. Auch diese Fabrik bekommt Geld zur Vergrößerung, und auch für den größten Standort Singapur mit fünf Globalfoundries-Fabriken hat der Konzern Ausbau angekündigt. Die Höhe der Investitionen wurde nicht genannt. Singapur bietet nach früheren Angaben 6 000 Arbeitsplätze bei Globalfoundries.

Der Standort Dresden war vor zwei Jahren auf einer Firmenkarte noch mit 4 000 Mitarbeitern eingezeichnet, nun sind es nach Angaben von Sprecher Jens Drews 3 400. Von mehr als 300 Leiharbeitern hat sich der Konzern in Dresden zuerst getrennt, dann verließen etwa ebenso viele Angestellte den Betrieb – weil ihre Arbeitsverträge befristet waren und ausliefen, oder weil ihnen Abfindungen angeboten wurden. Kündigungen wurden vom Betriebsrat und der zuständigen Chemiegewerkschaft IG BCE hinausgezögert, indem Verhandlungen über einen Sozialplan begannen und zu einer gerichtlich bestellten Einigungsstelle führten.

Nun ist der Sozialplan fertig und sichert laut Betriebsrat Adam ab, dass Angestellte nach einer Kündigung „nicht ins Bodenlose“ fallen. Die Höhe der Abfindung möchte er nicht veröffentlichen. Adam freut sich, dass Monate der Ungewissheit vorbei sind – sieht aber zugleich noch ein Jahr der Ungewissheit für einen Teil seiner Kollegen voraus. Er hält es für „unrealistisch“, den geplanten Aufbau im Werk Dresden mit einer verkleinerten Belegschaft zu schaffen.

Etwa 70 Technologen sollen neu ins Werk kommen, hat Geschäftsführer Wijburg angekündigt. Er will die Kapazitätserweiterung „ohne großen Personalaufbau“ und auch ohne Baumaßnahmen schaffen. Die mindestens 1,5 Milliarden Euro Investition fließen also in technische Anlagen. Damit soll die Dresdner Fabrik in die Lage kommen, bis zu eine Million Siliziumscheiben pro Jahr zu bearbeiten: belichten, ätzen, in vielen Arbeitsgängen entstehen auf den Scheiben die Mikrochips nebeneinander. Etwa eine Million Scheiben pro Jahr, das war schon einmal als Ziel für das Jahr 2012 ausgerufen worden. Es wäre eine Kapazitäts-Erweiterung um 40 Prozent. Allerdings wurden laut jüngstem Geschäftsbericht im Jahr 2015 in Dresden nur 454 000 Scheiben fertiggestellt.

Schon klagen Mitarbeiter wie in der vorigen Wachstumsphase über hohe Belastung. In einem Brief an die SZ heißt es, die Zwölfstundenschichten seien bei gestiegenen Anforderungen anstrengender geworden. Nach drei Tagen Nachtschicht nur zwei freie Tage bis zur nächsten Tagschicht zu haben, das führe zu Übermüdung. Betriebsrat Adam sieht darin das „Problem der Arbeitsverdichtung“. Als das Schichtmodell vereinbart worden sei, habe der Betriebsrat gesagt, die Belastung dürfe nicht steigen – doch nun steige sie. Mit gut 600 Mitarbeitern weniger soll der Betrieb die Produktion kräftig erhöhen.