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Wenn das Atmen zur Qual wird

Die Lungenklinik hat ihr fünftes Palliativ-Forum ausgerichtet. Fachleute tauschten sich auch über neue Möglichkeiten zur Linderung von Luftnot aus.

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© André Wirsig

Coswig. Vor einem Jahr hat das Fachkrankenhaus Coswig eine Palliativstation eröffnet. Ein Ort, an dem Patienten mit schweren Symptomen einer fortgeschrittenen Lungenerkrankung und einer begrenzten Lebenserwartung betreut werden – fachübergreifend und ganzheitlich. Dieses kleine Jubiläum nahm die Klinik zum Anlass, bei ihrem Palliativ-Forum vor wenigen Tagen den Schwerpunkt auf Erkrankungen an der Lunge und im Brustraum zu legen. Über die Ergebnisse sprach die SZ mit der Palliativmedizinerin Dr. Susanne Riha, die die Fachtagung mit geleitet hat.

Frau Dr. Riha, worauf kommt es für Patienten mit Erkrankungen der Atmungsorgane in der palliativmedizinischen Versorgung hauptsächlich an?

Hauptsymptom vieler Lungenerkrankungen wie auch vieler Tumorerkrankungen im fortgeschrittenen Stadium ist die Luftnot. Kernthema der palliativen Behandlung ist damit, wie sich die Luftnot lindern lässt. Zum Beispiel durch Medikamente, technische Hilfsmittel wie Sauerstoffgeräte oder durch Eingriffe: an den Atemwegen zum Beispiel mit Laser und am Brustfell zum Beispiel mit einer Drainage.

Welche neuen Möglichkeiten gibt es?

Es gibt zum Beispiel neue Medikamente zur Behandlung bei Lungenkrebs, neue Möglichkeiten bei der beatmungstechnischen Unterstützung der COPD oder bei der Entlastung von Wasseransammlung im Brustfellraum. Doch bei allen Methoden muss man immer genau prüfen, ob die schwerkranken Patienten wirklich profitieren. Es braucht einen individuellen Therapievorschlag, der auf den einzelnen Patienten zugeschnitten ist.

Worin unterscheiden sich Patienten mit der gleichen Erkrankung so stark?

Zum Beispiel ist bei Lungenkrebs die Genetik des Tumors bei jedem anders.

Welche Erfahrungen wurden zu den neu zugelassenen Medikamenten gegen Lungenkrebs ausgetauscht?

Die Medikamente sind seit ein bis zwei Jahren auf dem Markt. Teilweise sind genetische Testungen erforderlich, um zu klären, ob die Therapie für den Patienten die geeignete ist. Die bisherigen Behandlungsergebnisse lassen auf eine deutliche Verbesserung hoffen, sowohl in Hinblick auf die Wirkung gegen den Tumor als auch durch eine bessere Verträglichkeit. Es treten allerdings andere seltene Nebenwirkungen auf, die in der Behandlung erfahrene Ärzte kennen und gut behandeln können.

Ein Vortrag hatte zum Thema, wie Effizienz und Empathie in der Palliativmedizin zusammengehen können. Zu welcher Antwort sind Sie gekommen?

Diesen Vortrag hielt unser diesjähriger Sondergast: Heiner Melching, Geschäftsführer der Deutschen Gesellschaft für Palliativmedizin. Er sprach über die neuen Abrechnungssysteme für die Leistungen der Palliativmedizin, doch auch über Arbeitsinhalte, die sich nicht ökonomisieren lassen. Für die Empathie, das Sich-Einfühlen in die Situation des Anderen, gibt es zum Beispiel keine Einheit. Was sie ausmacht, ist ein qualitativer Unterschied. Um die Qualität zu schaffen beziehungsweise zu erhalten, braucht es ausreichend Personal und Zeit.

Was heißt das ganz praktisch?

Heiner Melching hat so schön gesagt, es kommt nicht allein darauf an, dass überall der Sternenhimmel im Bad an die Decke gemalt ist. Es geht auch darum zu erkennen, wo ein besonderer Bedarf besteht und gemeinsam Ideen zu entwickeln, diesen zu erfüllen. Nicht immer ist dies teuer. Etwa im richtigen Moment eine Rückzugsmöglichkeit für die Familie eines Sterbenden zu schaffen, kann viel bewirken. Auch wenn dies nur durch eine einfache Trennwand möglich ist. Heiner Melching berichtete von einer Familie, die dafür dankbar war.

Seit zehn Jahren veranstaltet Ihre Klinik alle zwei Jahre ein Forum der Palliativmedizin. Soll es ein sechstes geben?

Ich hatte überlegt, ob es das letzte Forum ist. Doch die Resonanz vieler Teilnehmer war, wir sollten das auf jeden Fall weiter machen. Die fachlichen Anregungen, praktischen Fallbeispiele und der Erfahrungsaustausch werden geschätzt. Damit die Antwort auf Ihre Frage: Ja!

Welchen inhaltlichen Schwerpunkt können Sie sich für 2019 vorstellen?

Als Themenwünsche für das nächste Mal wurde die palliative Wundversorgung geäußert und auch die geriatrische Palliativmedizin. Denn bei alten Menschen können die Probleme am Lebensende sehr komplex sein, zum Beispiel weil Angehörige selbst krank oder schon verstorben sind.

Das Gespräch führte Ulrike Keller.