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Was hinter dem Heckenstreit steckt

Unbekümmert auf Nachbars Grundstück gepflanzt und gebaut – jetzt gibt’s Ärger in Zschauitz.

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© Kristin Richter

Von Birgit Ulbricht

Zschauitz. In diesen Tagen bekommen einige Zschauitzer unliebsame Post. Sie sollen ihre Hecken um 60 Zentimeter zurücksetzen oder, wo die Grenze das hergibt, wenigstens arg stutzen. Zumindest aber soll die Hecke nicht mehr auf dem Grundstück der Erbengemeinschaft Rühle stehen.

Jürgen Rühle war am Dienstagmorgen draußen in Zschauitz und hat schon mal zur Gedächtnisstütze Flatterband entlang der betroffenen Hecken gezogen. Ein anderer Nachbar hat gleich mal seinen Pool auf das Rühle'sche Grundstück gebaut – möchte aber nun dafür der Erbengemeinschaft eine weitere Parzelle abkaufen. Doch die Heckenbesitzer bleiben dagegen bei ihrer Lesart der Dinge. In der Hecke würden Vögel brüten, die es zu schützen gelte, auch der Spielplatz sollte mit seiner jetzigen Größe von 4 300 Quadratmetern erhalten bleiben – und nicht halbiert werden, bloß weil jetzt neue Eigenheime gebaut werden sollen. Ja, eine Familie hat sogar mit ausführlicher Spendertafel einen Baum auf fremdem Grundstück gepflanzt.

Ohne Rühles schriftliche Einwilligung hätte es nie dazu kommen dürfen. „Mir kommt das hier vor wie eine zweite Enteignung. Unseren Großeltern hat das Land gehört und schon die wurden in den 1950er Jahren des Hofes verwiesen – und jetzt macht hier wieder jeder auf unserem Land, was er gerade denkt“, sagt Jürgen erbost. Das Fazit des 75-Jährigen steht fest: „Ich habe kein Verständnis mehr.“

Die Stadt Großenhain war immer nur Pächter für den Spiel- und Bolzplatz – und sie hat inzwischen die Kündigung für die Fläche auf dem Rathaus-Tisch liegen. Denn nun reicht es Rühles mit dem Gebaren der Nachbarn und an eine eventuelle Verlängerung des Pachtvertrages ist nicht zu denken. Eine Verlängerung übrigens, an der auch die Stadt seit Jahren kein Interesse mehr hat. Denn sie möchte die Kosten für den aus ihrer Sicht riesigen Spielplatz loswerden, so wie in anderen Ortsteilen, wo das längst geschehen ist. Warum ausgerechnet die Zschauitzer so einen großen Spielplatz finanziert bekommen, könnte sie den anderen Ortschaftsräten längst nicht mehr erklären – wäre da nicht das Datum 2018.

Nun ist am 31. Dezember 2017 schon Schluss – bleibt es dabei – werden ab November die Spielgeräte abgebaut. Dabei hätte Zschauitz durchaus seinen Spielplatz behalten können, wenn auch nur auf 2300 Quadratmetern. Denn der Bauträger, der hier mehrere neue Eigenheim-Bauplätze im Auftrag Rühles plant, hat in vielen Gesprächsrunden durchaus den Wunsch der Zschauitzer erkannt, wenigstens einen kleineren Spielplatz zu erhalten – und die Fläche dafür planerisch von den Bauplätzen abgezogen, was nichts anderes bedeutet, als auf Geld zu verzichten. Denn Planer Volker Partzsch, Bauunternehmer André Bothur und Makler Jörg Heller müssen alles Mögliche, aber keinen Spielplatz bauen.

Ob nun die ganze Situation aus Missgunst hochgekocht ist oder weil einige keine neuen Nachbarn wollen, darüber mag jeder denken, was er will. Dass nicht einer der Anlieger mal mit Rühles selbst gesprochen hat, ist ein Umstand, der schon nachdenklich macht. Tankstellenbetreiber Gert Hentzschel dagegen winkt nur noch ab. Er kenne das schon, damals als er 1995/1996 bauen wollte, gab es genauso ein Theater, sagt er und schüttelt nur den Kopf.