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Warum brannte die Villa?

Die Polizei ermittelt zum erneuten Feuer in Neugersdorf. Fest steht inzwischen: Das leer stehende Haus ist wohl abrissreif.

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© Rafael Sampedro

Von Romy Kühr

Die Männer in den dunklen Uniformen laufen um das stattliche Gebäude herum, schauen zum verkohlten Dachstuhl hinauf. Im Schatten der hohen, alten Bäume bleiben sie stehen, blicken durch das große schwarze Loch, das im Erdgeschoss klafft. Das Rundbogenfenster hat keine Scheiben mehr, im Inneren hängen Fetzen von der Decke, alles ist schwarz vom Ruß. Wieder hat es am Montagnachmittag in der leer stehenden Villa am Kreisverkehr in Neugersdorf gebrannt – im Ort bekannt als die „Roscher-Villa“ – zum zweiten Mal innerhalb weniger Monate.

Über 40Kameraden bekämpften den Brand.
Über 40Kameraden bekämpften den Brand. © Rafael Sampedro
So sah die Villa früher einmal aus.
So sah die Villa früher einmal aus. © privat

Am Morgen danach sind Polizisten vor Ort, besichtigen gemeinsam mit Feuerwehrleuten den Brandort. Beim Gang durch den parkähnlichen Garten rund ums Gebäude stapfen sie durch hohes Gras. Den Rasen gemäht hat hier schon lange niemand mehr. Und auch das über 130 Jahre alte herrschaftliche Haus hat einiges von seinem einstigen Glanz verloren. Am Montagnachmittag wieder ein Stück mehr. Um kurz nach 16 Uhr ist die Feuerwehr alarmiert worden. Flammen stiegen aus den Fenstern im Erdgeschoss, schildert Stadtwehrleiter Thomas Kriegel den Anblick, der sich bot, als der erste Löschtrupp eintraf. Heiß ist es gewesen an diesem Nachmittag, das Thermometer zeigte fast 30 Grad. Das hat die Arbeit der Feuerwehrleute deutlich erschwert. Mit 42 Kameraden von drei Wehren – aus Ebersbach, Neugersdorf und Seifhennersdorf – sind sie vor Ort gewesen. Ein Trupp mit Atemschutzgeräten darf laut Vorschrift nur zwei Mal ins Gebäude, berichten die Feuerwehrleute. Das bedeutet: schnell raus aus dem brennenden Haus, Sauerstoffflaschen austauschen, weiter geht‘s. Etwa 20 Minuten dauert so ein Einsatz jeweils, dann müssen andere Kameraden ran. Mehr ist nicht zu schaffen für die Retter. Erst recht bei der Hitze dieser Tage kommen sie dabei schnell an ihre körperlichen Grenzen.

Der Einsatzort ist den Feuerwehrleuten am Montag nicht unbekannt gewesen. Bereits im November des vergangenen Jahres waren sie zu dem Haus ausgerückt. Damals hatte es im Dachstuhl gebrannt. Die Polizei hatte anschließend drei Kinder als Verursacher ermittelt, die im Haus gekokelt hatten. Bei dem Feuer war auch ein kleines, markantes Zwiebeltürmchen auf dem Dach des Hauses zu Schaden gekommen. Die Feuerwehrleute hatten im Zuge der Löscharbeiten das Türmchen kontrolliert herunterfallen lassen. Die Gefahr wäre sonst zu groß gewesen, dass es unkontrolliert einstürzt. Auch jetzt mussten die Kameraden wieder einen Gebäudeteil abreißen. Sie ließen aus Sicherheitsgründen einen der Schornsteine einfallen, damit er nicht von allein einstürzt. Durch die große Hitze hatte er Risse und drohte auseinanderzubrechen.

Das Haus scheint nun nach dem zweiten Brand völlig ruiniert. „Das kann man wohl nur noch abreißen“, ist von vielen Seiten zu hören am Morgen danach. Nicht nur Feuerwehrleute und Polizisten sind gekommen, auch Einwohner bleiben stehen, diskutieren über die Ereignisse. Viele bedauern den Zustand, auch auf Facebook äußern sich etliche Nutzer bestürzt über den erneuten Brand. Viele kennen das Gebäude gut, denn die Villa war zu DDR-Zeiten jahrzehntelang ein Kindergarten. Von üppigen Holzvertäfelungen im Inneren wird erzählt. Die sind nun, wie viele andere Details, den Flammen zum Opfer gefallen. Ob das Haus tatsächlich abgerissen werden muss, ist auch dem Eigentümer noch nicht klar. Der Mann, ein Arzt aus Syrien, weiß nicht, wie es weitergehen soll, sagt er der SZ am Telefon. Er berichtet, dass er große Pläne gehabt habe mit dem Gebäude. Eine Poliklinik wollte er einrichten. Er erzählt aber auch von großen Schwierigkeiten, die er seit dem Kauf gehabt habe. Er spricht von Gerichtsterminen, von Forderungen des Denkmalschutzes. Nach dem ersten Brand im November letzten Jahres hatten Mitarbeiter der Denkmalschutzbehörden das Haus besichtigt. Die Villa steht auf der offiziellen Liste der Kulturdenkmale. Das zerstörte Zwiebeltürmchen war ein aus Sicht des Denkmalschutzes besonders wertvolles Detail.

Was diesmal die Brandursache war, dazu konnte die Polizei einen Tag nach dem Brand noch nichts sagen. Auch zur Höhe des Sachschadens gab es noch keine Angaben. Es werde ermittelt. Der Besitzer macht derweil keinen Hehl daraus, dass er glaubt, das Feuer wurde absichtlich gelegt. Und er kann sich auch einen Grund dafür vorstellen: es habe damit zu tun, dass er Ausländer ist, sagt er.

Am gestrigen Dienstag haben zunächst die Brandursachenermittler ihre Arbeit begonnen und versucht, Spuren zu sichern. Sie auszuwerten, wird dauern.