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Vom Walzer zum Wein

Phil Schwarick war fast 20 Jahre Tuniertänzer. Jetzt mischt er in Blasewitz Birne mit Parmesan.

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© René Meinig

Von Jana Mundus

Die Lampen sind der Knaller. Schon viele Passanten haben ihretwegen durch die großen Fensterscheiben des Restaurants auf der Wittenberger Straße geschaut. Wie aufeinandergefädelte Blütenblätter wirken sie. Sie passen perfekt zum Raum, zu den lederbezogenen Stühlen, den Kissen in Schwarz- und Silbertönen. Detailverliebt. „Das ist der Tänzer in mir“, sagt Phil Schwarick. Im vergangenen Sommer eröffnete der 27-Jährige sein Restaurant „mitStil“. Fast 20 Jahre drehte er sich bis dahin auf den Tanzparketten der Welt, jetzt läuft er zwischen Gästen und Bar hin und her. Ein Traum, ein anderer Traum.

Mit sieben Jahren kam Phil Schwarick zum Tanzen. Auch andere Hobbys probierte er damals aus: Kampfsport, Instrumente. Das Tanzen blieb. Von Anfang an lernte er die ersten Schritte beim Dresdner Tanzsportclub TSC Excelsior. Dort ging es nicht nur um Walzer, Quickstepp oder Tango. Der Nachwuchs bekam auch Ballettunterricht. Langsam wurden die Jüngsten an den Turniersport herangeführt. Mit zwölf startete er erstmals mit seiner damaligen Partnerin bei den Deutschen Meisterschaften. Mit 15 kam er in den Bundeskader.

Echte Emotionen wachsen

Geschminkte Kindergesichter, die übertriebenen Outfits, das breite Lächeln – Phil Schwarick weiß, dass der Sport gerade im Kinderbereich nicht frei von Kritik ist. „Als Kind machst du das mit. Du lächelst, weil alle lächeln.“ Doch je älter er wurde, desto mehr zeigten sich in seinem Gesicht wahre Emotionen, sagt er. Die Freude beim Jive, das Leid beim Paso Doble. Das Tanzen habe ihn immer gefordert und gleichzeitig Spaß gemacht.

Auch dann noch, als er nach den großen Erfolgen im Kinder- und Jugendbereich bei internationalen Wettbewerben nur noch einer unter vielen war. Die Konkurrenz wurde härter. Mit seiner heutigen Verlobten Annika Röhl startete er 2016 sogar bei der Weltmeisterschaft der Profis in Leipzig, schied allerdings in der Vorrunde aus. Doch der Dresdner ist einer, der beim Messen mit anderen nicht unbedingt auf den Sieg schielt. Er will lernen. „Man kann sich von jedem Menschen inspirieren lassen und Neues erfahren.“ Das würde die Welt schließlich bunter machen.

Das Tanzen sollte sowieso nie zum Beruf werden. Er eigne sich auch gar nicht zum Tanzlehrer, meint er. „Ich bin nicht streng genug.“ Nach dem Studium im Fach International Business Management arbeitete er im Außendienst für einen Digitalmikroskop-Hersteller und als Produktmanager bei einem Elektronik-Anbieter. Immer wieder hatte er beruflich jedoch in die Gastroszene hineingeschnuppert. Ein kleines Tanzcafé war sein Traum.

Eigentlich. Denn am Ende wurde es eine ganze Nummer größer. „Ich war beruflich unzufrieden, suchte eine neue Herausforderung“, erinnert er sich an das Jahr 2016. Seine Verlobte machte ihm Mut, seinem Traum zu folgen. Als er in den Räumen des ehemaligen Baumhauscafés in Blasewitz stand, wusste er: Das wird sein Restaurant – mit 220 Quadratmetern.

„Am Anfang war ich nervös, ob ich das alles schaffe“, sagt er. Aber so sei er eben. Auch beim Tanzen lagen die Nerven immer blank, egal, bei wie vielen Turnieren er antrat. Sich nicht verrückt zu machen, das sei schwierig für ihn. Gegen die Nervosität helfen Ideen. Mit seinem Team bastelt er an einer Crossover-Küche aus Tradition und Moderne. Da gibt es zum Fleisch auch mal eine kalte Kugel Basilikum-Eis. Die gefrorenen Köstlichkeiten sind nach einem speziellen Eis-Lehrgang sowieso sein Ding. Dafür mischt er auch mal Birne mit Parmesan.

Lebendig soll es in seinem Restaurant zugehen. Ganz so, wie beim Tanzen. Getanzt wird in seinem Lokal auch. Die ersten Veranstaltungen waren ein Erfolg. Für Turniere bleibt bei all dem keine Zeit mehr. Seit einiger Zeit hat Phil Schwarick aber sowieso eine neue Ausdrucksform für sich gefunden: Jazz- und Modern-Dance. Seine Lebensgefährtin ist dafür Trainerin. „Als es erstmals hieß, roll dich auf dem Boden, war das ungewohnt“, erzählt er. Das ist so anders als Walzer oder Rumba. Doch er macht es einfach wie immer: Beobachten, Neues lernen, niemals aufgeben und sich den Blick für Details bewahren.