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Vom Nachttopf bis zum Prunkservice

Das Museum in der Schauhalle der Porzellan-Manufaktur ist komplett – Königliches und Kurioses wartet auf die Gäste.

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© Claudia Hübschmann

Von Udo Lemke

Meißen. Don Quichotte reitet auf Rosinante, und damit die Schindmähre nicht zusammenbricht, stemmt sich sein Diener Sancho Pansa mit all seiner Fülle unter dem Bauch des Pferdes hockend, gegen den Zusammenbruch. Die Porzellanskulptur ist ab Sonnabend im Porzellanmuseum der Manufaktur Meissen zu sehen. Und sie steht für den neuen Ansatz der Schau. Die ist nämlich in neun Themen gegliedert – Cervantes´unsterblicher Held gehört zum Thema Literatur und Kunst.

Gleich daneben findet sich ein weiteres spannendes Feld, das Porzellangestalter über Jahrhunderte hindurch beackert haben – es geht um Macht und Politik. Dort ist eine Plakette mit dem Konterfei von „Teddy“, also dem Vorsitzenden der kommunistischen Partei Deutschlands, Ernst Thälmann, zu sehen. Auch ein kleines Relief mit den Profilbildern von Marx, Engels und Lenin findet sich. Und der Teller mit dem aufgemalten Fisch - es könnte sich um eine Schleie handeln – trägt auf der Rückseite eine Widmung, die besagt, dass er von Adolf Hitler für den ehemaligen japanischen Botschafter in Berlin in Auftrag gegeben worden ist.

Die Schau zeigt vieles, was lange Jahre im Fundus verschwunden war oder noch nie zu sehen gewesen ist, wie das sakrale Porzellan, erklärte Anja Hell, die Kuratorin. So ist der Apostel Petrus gleich doppelt als Großfigur zu sehen, einmal von Johann Joachim Kaendler gestaltet und einmal von Gottlieb Kirchner, daneben stehen imposante Zierglocken. Bestimmt sind die Petrusse für das Japanische Porzellan August des Starken in Dresden gewesen, so die Kuratorin. „Ursprünglich wollte August der Starke seine Sammlung chinesischer und japanischer Porzellane mit solchen aus der eigenen Manufaktur in Meißen ergänzen.“

Neben dem königlichen ist bürgerliches Porzellan zu sehen, wie eine Vielzahl von Stücken der Tisch- und Tafelkultur. Und dann gibt es da auch noch profanes Porzellan, das in seiner wunderbaren Schlichtheit und Formvollendetheit staunen macht. „Bisher noch nie gezeigt wurde eine Sammlung an technischen Porzellanen, die die Manufaktur neben luxuriösen Services und künstlerisch anspruchsvollen Einzelstücken zwischen 1919 und 1945 gefertigt hat. Pyrometerrohre, Gasfilter, Heizkörper für Labormuffeln, Radiatoren und Schleifräder entstanden aus einer speziellen Geräteporzellanmasse, die besonders widerstandsfähig war“, heißt es dazu.

Natürlich bedient die Schau auch, womit man Meissener landläufig verbindet – prunkvolle Services und Plastiken. Gleich eine ganze, tief schwarze Wand vom Fußboden bis zur Decke ist etwa dem berühmten Schwanenservice gewidmet, dessen erste Teile vor 280 Jahren gefertigt worden sind. Stehen Teller und Terrinen auf einem Sockel, so lösen sich allerlei Vögel gleichsam daraus und finden sich als Plastiken auf darüber liegenden Sockeln wieder – natürlich Schwäne, aber auch allerlei anderes Getier, vom Pelikan bis zur Ente.

Der Geschäftsführer der Meissen Porzellan-Stiftung, Günther Störzinger, verwies noch auf einen anderen Aspekt der Schau. Sie will das Meissener gleichsam jünger zeigen. So gibt es nicht nur große Pultbildschirme, auf denen man sich per Touchscreen durch dessen Geschichte klicken kann, sondern auch QR-Codes für vertiefende Informationen. „Auf Kinder wartet eine spannende Rallye durch die Ausstellung mit Tablets.“