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Vier Esel für Friedersdorf

Die Vierbeiner der Familie Gülde sind gar nicht störrisch - und auch nicht dumm.

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© Matthias Weber

Von Gabriela Lachnit

Von Kindesbeinen an ist Jens Gülde von Eseln angetan. Die vierbeinigen Grautiere fand er schon immer faszinierend. Kein Wunder, denn er ist auf dem Lande groß geworden. Als Erwachsener konnte er sich schließlich den Traum von eigenen Eseln erfüllen.

Dass Familie Gülde vier Großesel hat, hat sich mittlerweile in Friedersdorf und im Umland herumgesprochen. Immer wieder kommen Einwohner vorbei und sehen nach den Grautieren. Die Nachbarn wissen schon, dass die Esel nicht gefüttert werden dürfen. „Denn gewöhnt man den Eseln an, dass Vorbeikommende immer etwas zum Fressen geben, fordern die Esel sich das dann irgendwann mit lautem IA ein“, erklärt der Diplom-Agraringenieur. Das aber will die Familie nicht. Sie ist froh, dass die Esel nur selten rufen – außer aller zwei Jahre beim Liebesspiel. „Das ist dann sehr geräuschvoll“, erklärt Jens Gülde. Außerdem sind die Vierbeiner von Natur aus karge Nahrung gewöhnt. Ständig Leckereien, dazu gehört auch trockenes Brot, zu fressen, würde sie krank machen. Dennoch sind Besucher bei den Eseln gern gesehen. Die Mädchen und Jungen aus der Kindertagesstätte und Familien aus dem Friedersdorfer Flüchtlingsheim schauen oft vorbei. Manchmal dürfen sie die Esel auch streicheln. Jens Gülde erzählt ihnen dann gern von den großen Eseln und wie sie zur Familie gekommen sind.

Nachdem Jens Gülde vor knapp 20 Jahren mit Ehefrau Heike in Friedersdorf die schwiegerelterliche Scheune zum Wohnhaus umgebaut hat, kamen ein Jahr später zwei Esel-Halbgeschwister als erste Mitbewohner auf den Hof dazu. Aber nicht irgendwelche, sondern Großesel. In Niedersachsen hat Jens Gülde sie gefunden und sich von der Weide weg in die zwei Langohren verliebt. Der Vater der beiden ist ein Poitou-Esel. Diese Art kommt ursprünglich aus Frankreich. „Dort wurden sie mit Kaltblutpferden gekreuzt. Die dabei gezeugten Maultiere wurden in Frankreich in Gebirgsregionen beim Militär eingesetzt, weil sie gute Kletterer sind und schwere Lasten schleppen können“, erklärt der Agraringenieur und ergänzt, dass diese Mulis auch sehr ausdauernd sind. Einer der Gülde-Esel, der größte von ihnen, ist an seinem braunen Zottelfell als Poitou-Esel zu erkennen. „Den müssen wir einmal im Jahr scheren. Die zwei Eimer voller Haare nutzen wir dann im Garten zur Düngung“, erklärt der Eselfreund.

Mittlerweile hat die graue Eselstute drei Mal Nachwuchs bekommen. Der Vater des Nachwuchses ist ein etwas kleinerer Hengst aus Königstein. Alle vier Großesel gehören als Haustiere mit zur Familie. Auch die Gülde- Kinder Emma (16), Hans (14) und Albert (8) mögen sie. Manchmal reiten die Kinder und auch die Eltern auf den Vierbeinern. Mitunter macht die ganze Familie mit den Eseln eine Kutschfahrt ins Grüne. Vor einigen Jahren ist dafür extra eine Kutsche angeschafft und das Fahren mit diesem Gefährt trainiert worden. Kutschfahrten mit Gästen bietet Familie Gülde jedoch nicht an, „dafür ist einfach keine Zeit“, bedauert Jens Gülde.

Die Großesel sind sehr personenbezogen, hat die Familie im Laufe der Zeit herausgefunden. So hat jeder Esel seinen Lieblingsmenschen. „Es sind sehr angenehme, liebe Tiere“, bestätigt der Agraringenieur. „Sie sind sehr feinfühlig und wirken auf uns beruhigend und entspannend.“ Das schätze die ganze Familie sehr, betont Jens Gülde. Auf dem Hof machen sich die Großesel nützlich. Sie haben weiträumigen, abgezäunten Auslauf. Dabei fressen sie nicht nur das Grünland ab und ersparen so die Rasenmahd, sondern sie knabbern auch an Ästen und Disteln und halten die dichte Wildrosenhecke am Rande des großen Grundstücks im Zaume.

In den Jahren der Beschäftigung mit den Eseln hat Familie Gülde recht schnell herausgefunden, dass die Esel keinesfalls ihrem Ruf als dumme Esel gerecht werden. Ganz im Gegenteil, sagt Frau Gülde. „Es sind kluge Tiere.“ Einer hatte einmal eine Hufverletzung, sodass lange nicht mit der Kutsche gefahren werden konnte. Als die Verletzung ausgeheilt war, fand der Esel die Fahrstrecke von selbst wieder, er hatte sie sich gemerkt.

Heike Gülde erklärt, warum Esel auch nicht störrisch sind, wenn sie sich nicht von der Stelle bewegen, trotz allem Drängens: „Das hängt damit zusammen, dass unsere großen Esel ursprünglich aus dem Gebirge stammen. Würden sie bei Gefahren oder ungewohnten, plötzlichen Ereignissen die Flucht ergreifen, wäre das kontraproduktiv.“ Der Instinkt sagt den Eseln, dass sie bei fluchtartigen Bewegungen über Klippen abstürzen würden. Das Stehenbleiben ist also eine Art Schutzreflex, erklärt Frau Gülde.