Merken

Verjüngung fürs Döbelner Revier

Zwei neue Kommissare haben im Oktober ihren Dienst aufgenommen. Sie zu bekommen, war schwer.

Teilen
Folgen
© Dietmar Thomas

Von Maria Fricke

Döbeln. Polizist werden – ein Traumberuf für viele Jungs. Für Christopher Werner und Patrick Helm ist er wahr geworden. Seit dem 1. Oktober unterstützen die beiden Kommissare das Döbelner Revier. Beide sind als stellvertretende Dienstgruppenführer einer Streifengruppe im Einsatz. Als frische Absolventen der Hochschule der Sächsischen Polizei mit Sitz in Rothenburg in der Oberlausitz haben sie gleich eine Stelle mit Verantwortung bekommen. Das ist durchaus üblich, sagt Andree Wagner, Leiter des Döbelner Polizeireviers.

„Die Mehrheit der Kommissare bekommt gleich eine Führungsposition. Die jungen Kollegen genießen einen großen Vertrauensvorschuss“, sagt Wagner. Er ist froh, auch in diesem Jahr wieder zwei Absolventen aus Rothenburg zugeteilt bekommen zu haben. „Die Zuweisung erfolgt immer nach der Anzahl der Pensionierungen“, erklärt Wagner. Zwei Kollegen seien im vergangenen Jahr in den Ruhestand gegangen. Der Bedarf nach Kommissaren sei hoch, die Stellen zu besetzen schwer. Doch Wagner ist zuversichtlich, dass es im Döbelner Revier zukünftig gelingen wird, die Lücken zu schließen. Schließlich habe die Politik die Weichen dafür gestellt, dass wieder mehr Beamte ausgebildet werden.

Immerhin: Der Altersdurchschnitt in Döbeln ist in den vergangenen Jahren gesunken. Betrug er vor einigen Jahren noch 49 Jahre, so läge er jetzt, laut Wagner, bei 46 bis 47 Jahren. „Er ist bereits erheblich gedrückt worden im Vergleich zu anderen Revieren“, so der Erste Polizeihauptkommissar. Knapp 80 Beamte sind derzeit in dem Revier beschäftigt. Rund 20 davon seien Beamte im gehobenen Dienst, fast alle in Führungspositionen beschäftigt.

Die meisten Beamten im Revier sind nach wie vor männlich. Wagner schätzt den Anteil der Frauen auf rund 30 Prozent. „Sie stehen den Männern in nichts nach“, betont er. Erst im vergangenen Jahr ist der Frauenanteil gewachsen. Döbeln sind zwei Kommissarinnen zugeteilt worden. Eine davon befinde sich im Moment in Elternzeit. „Auch bei der Polizei spielt bei den jungen Leuten die Familiengründung eine Rolle“, so der Revierleiter. Viele Mütter und Väter seien auf Hilfe von Großeltern angewiesen, um Schichtdienst und Familie zu vereinen. „Wir gehen aber auch auf die individuellen Gegebenheiten der Mütter und Väter ein“, betont Wagner.

Für Werner und Helm spielen solche Themen derzeit keine Rolle. „Der Schichtdienst bringt noch mehr Abwechslung. Nachts sieht die Straße anders aus als am Tag“, schildert Werner, der sich einen Job im Baumarkt dauerhaft nicht vorstellen kann. „Jeden Tag in der gleichen Halle, das ist nichts für mich“, hat der 24-jährige Colditzer bei einem Praktikum festgestellt. In der zehnten Klasse wurde ihm klar, dass er beruflich Menschen helfen will, aber auch viel Abwechslung brauche. Patrick Helm ist bei einem Berufsinformationstag in der achten Klasse auf die Polizei aufmerksam geworden. „Sie war damals mit Hundeführer vor Ort“, sagt der 23-jährige Torgauer.

Beide reichten 2012 ihre Bewerbung für das Studium im gehobenen Polizeivollzugsdienst ein. Mit Erfolg. Sie wurden eingeladen, mussten verschiedene Aufnahmetests absolvieren. Unter anderem einen Sporttest: in 60 Sekunden neun  Kastenelemente überqueren und durchkriechen, 30 Bundeswehrliegestütze und 2 400 Meter Strecke in zwölf Minuten. Für Werner und Helm kein Problem. Beide seien ohnehin sportlich, hätten sich aber auch gezielt auf einige Übungen vorbereitet. „Der Test ist machbar, wenn man ein bisschen sportlich ist“, sagt Helm. Bis zu ihrem 55. Lebensjahr müssten die Beamten, so Andree Wagner, alle drei Jahre einen Sporttest absolvieren. Zudem gebe es verschiedene Gesundheitstests, bei denen unter anderem das Sehen oder das Hören überprüft würden. „Jährlich ist zudem ein Schießleistungsnachweis zu erbringen“, ergänzt der Revierleiter.

Im April 2014 hat für Helm und Werner das Studium begonnen, zunächst mit einem Vorstudium in Leipzig. Dort hatten die Männer erstmals die Gelegenheit, hinter die Kulissen der Polizei zu schauen. Denn bis vor einigen Jahren habe es noch keine Schülerpraktika gegeben. Beim Studium in Rothenburg seien die beiden viel mit Theorie konfrontiert worden. Aber: „Die dreieinhalb Jahre waren schnell rum“, so Helm.

In dieser Zeit absolvierten die beiden auch Praktika in verschiedenen Bereichen der Polizei. Während Schutz-, Verkehrs- sowie Kriminalpolizei für alle Pflicht waren, durften die Studenten auch Wunschbereiche angeben. War Kapazität da, sei dem auch nachgekommen worden. Werner hospitierte unter anderem bei der Autobahn-Polizei sowie im Bereich Rauschgift, Helm während der Flüchtlingskrise bei der Bundespolizei in Passau sowie im Bereich Cyberkriminalität. Für ihr letztes Praktikum kamen beide im Mai nach Döbeln. Zu dem Zeitpunkt stand bereits fest, dass sie in das Revier wechseln werden. „Während des Praktikums wurden sie auf die neuen Aufgaben vorbereitet“, erklärt Wagner.

Bei der Wahl des Einsatzortes haben weder der Revierleiter noch die Kommissare Wahlfreiheit. „Arbeitgeber ist das Innenministerium. Es setzt die Beamten landesweit ein“, sagt Wagner. Bestünde Bedarf in Döbeln, würde dieser durch die Personalstelle angemeldet. „Wir können unsere Wünsche abgeben, aber am Ende wird nach Noten verteilt“, erklärt Patrick Helm. Auch würden beispielsweise erfahrene Beamte eher nach ihren Wünschen eingesetzt als Einsteiger.

„Als Anfänger würde man wahrscheinlich lieber in ein großes Stadtrevier gehen, aber ein Landrevier wie Döbeln hat auch seine Vorteile. Hier kann besser auf die jungen Leute eingegangen werden, weil die Beamten nicht von einem Auftrag zum nächsten müssen“, sagt Christopher Werner. Auch in den einzelnen Bereich, wie zum Beispiel der Verkehrsüberwachung, erreiche man mehr. Von Vorteil sei auch die zentrale Lage des Reviers.

Selbst der Schichtdienst mache den Kommissaren nichts aus. „Von fünf Wochenende haben wir an zweien Dienst. Dafür haben wir aber auch in der Woche mal frei“, sagt Helm. „Wenn etwas anliegt, kann man mit den Kollegen auch mal tauschen.“ Der Dienstplan stehe oft früh fest, so dass sich auch gut planen lasse, ergänzt Christopher Werner.

Beide sind im Alltag im Döbelner Revier angekommen, haben bisher schon viele Facetten der Polizeiarbeit kennengelernt: ein Kfz-Diebstahl, bei dem sie den Täter gleich gefasst haben, Verkehrskontrollen, Diebstähle, Einbrüche und zunehmend mehr Verkehrsunfälle. „Es ist so, wie ich es erwartet habe. Ich bin zufrieden“, sagt Christopher Werner. Im Streifendienst des Döbelner Reviers wolle er in den nächsten Jahren das „Laufen bei der Polizei lernen“. Dann sei auch eine Spezialisierung denkbar. Für Helm wäre es ein Traum, für die Wasserschutzpolizei zu arbeiten. „Aber es ist schwer, dort reinzukommen“, sagt Helm, der in seiner Freizeit gern angelt.