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Plötzlich ist der Grabschmuck weg

Immer wieder verschwinden vom Friedhof an der Friedensstraße Pflanzen, Sträuße und Figuren. Die Kirchgemeinde sucht Wege, um das zu verhindern.

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© Norbert Millauer

Von Ines Scholze-Luft

Weinböhla. Kürzlich wurden übers Wochenende gleich drei Pflanzschalen entwendet, sagt die Weinböhlaer Friedhofsverwalterin Christina Werner. Ein weiterer trauriger Höhepunkt in der Reihe der Diebstähle, die den Betroffenen und der Kirchgemeinde als Träger des Friedhofs seit Langem zu schaffen machen.

Pfarrer Norbert Reißmann weiß, dass die Angehörigen in solchen Fällen doppelt leiden. Zum einen wegen der Sache an sich, zum anderen, weil sie die Tat als persönlichen Angriff empfinden, der sie in ihrer Trauer besonders trifft. Hin und wieder reagiert ein Opfer barsch. Der Friedhofsträger tut ja nichts, heißt es dann.

Dem widerspricht Pfarrer Reißmann: Die Kirchgemeinde ist am Thema dran. Aber einfach zu finden sind Lösungen nicht. Zwar gebe es neben Beschwerden auch Vorschläge zum Schutz vor solchen Taten. Nur würden sich diese Ideen nicht umsetzen lassen. Vor allem nicht wegen des Ortes. Der Friedhof gebiete Pietät und Zurückhaltung, Achtung vor den Trauernden. Das vertrage sich weder mit der Installation einer Videoüberwachung noch mit einem Wachdienst, der ständig an den Gräbern unterwegs ist.

Andere Möglichkeiten müssen gefunden werden, sagt der Pfarrer. Denn die Diebstähle summieren sich. Christina Werner spricht von einer leichten Zunahme. Auch ein Grab ihrer Familie sei schon betroffen gewesen.

Drei Schübe gebe es dabei übers Jahr. Immer, wenn frisch gepflanzt ist. Im Frühjahr verschwinden Stiefmütterchen, dann Sommerblumen, schließlich die Eriken. Da werden ganze Gräber abgeräumt, sagt die Verwalterin. In den ersten 14 Tagen nach Pflanzstart gibt es jeweils täglich ein bis zwei Beschwerden. Schwerpunkt sind die etwas abgelegenen, von weniger Fußgängerverkehr betroffenen Urnenabteilungen an der Ost- und an der Südmauer. Mit rund 90 Prozent aller Fälle. Und nicht nur Pflanzen werden mitgenommen. Auch Blumensträuße und Figuren, Schmuck von vielen Gräbern.

Deshalb den zweiten Friedhofszugang an der Südstraße sperren will die Kirchgemeinde nicht. Schon deshalb nicht, weil der Friedhof als Durchgang genutzt wird. Auch ein über Nacht geschlossener Friedhof werde nicht helfen. Wann soll denn abgeschlossen werden?, fragt der Pfarrer. Wo gerade im Sommer so mancher erst spät abends zum Gießen kommt, wie Christina Werner schon oft gesehen hat.

Doch trotz des recht stark frequentierten Friedhofs sei noch nie jemand erwischt worden beim Stehlen. Allerdings würden sich bestimmte Regelmäßigkeiten zeigen. Offensichtlich passieren die Taten am hellerlichten Tag, vor allem vormittags und über Mittag. Und es gibt einen Verdacht, heißt es aus der Friedhofsverwaltung. Das werde besonders beobachtet.

Obwohl Polizei und Sicherheitswacht schon da gewesen sind, bleibt ein konkreter Erfolg bisher aus. So berät sich die Kirchgemeinde mit Kommune und regionalem Kirchenamt zu weiteren Schritten, sagt der Pfarrer. Vorerst gibt es mehr Kontrollgänge der Friedhofsangestellten. Und die Hoffnung auf aufmerksame Friedhofsbesucher, auf Hinweise für Verwaltung und Kirchgemeinde. Damit werde diskret umgegangen, versichert Christina Werner.

Sie rät jedem Betroffenen zur Anzeige bei der Polizei. Ja, die Möglichkeit einer Anzeige besteht, sagt auch Marko Laske von der Polizeidirektion Dresden. Wie jemand mit einem beschädigten Grab umgeht, müsse jeder selbst entscheiden. Im Polizeirevier Meißen seien derartige Diebstahlsanzeigen die Ausnahme. Im – auch für Weinböhla und Niederau zuständigen – Standort Coswig gebe es eine Anzeige pro zwei bis drei Monate.

Auch vom Coswiger Friedhof wird immer wieder was entwendet. Neben der sogenannten Wechselbepflanzung, Erika und Stiefmütterchen, sind es Schnittblumen, auch mal kleine Engel von einem Kindergrab oder eine Kupferlaterne, heißt es aus der Friedhofsverwaltung.

Mit demselben Problem kämpft der Friedhof in Radebeul-West auf der Kötzschenbrodaer Straße. Solche Diebstähle finden immer statt, sagt Thomas Große von der Verwaltung. Neben Vasen und Sträußen verschwinden Gießkannen und sogar Bänke. Ertappt wurde auch hier noch kein Dieb.

Ländliche Orte wie Niederau, Oberau und Großdobritz sind da besser dran. In den Schwestergemeinden sei Grabschmuckdiebstahl nicht bekannt, sagt Pfarrer Reißmann. Er nennt das ein städtisches Problem, rechnet Weinböhla dazu. Und setzt darauf, auch gemeinsam mit anderen Betroffenen eine Strategie gegen die Langfinger entwickeln zu können.