Merken

Umgeknicktes Windrad wird ersetzt

Was zur Havarie führte, wird wohl nie abschließend aufgeklärt. Doch der Eigentümer schaut nach vorn. Er hat kurz- und langfristige Pläne.

Teilen
Folgen
© Dietmar Thomas

Von Heike Heisig

Leisnig. Kurz nach Weihnachten 2016 machte die Nachricht wie ein Lauffeuer die Runde: In Sitten ist ein 100 Meter hohes Windrad umgeknickt. Schon Stunden später wurde das Feld, auf dem der Windpark steht, eine Pilgerstätte für Schaulustige. Die meisten staunten über die Trümmerteile, die nahezu geordnet auf dem Acker zu liegen schienen. Bilder gingen in ganz Deutschland durch fast alle Medien und das soziale Netzwerk. Tagelang zog es noch Neugierige in den kleinen Leisniger Ortsteil. Das letzte Mal dann, als das havarierte Windrad zerlegt und die bis zu sieben Tonnen schweren Einzelteile abtransportiert worden sind.

Die zerschellte Anlage zog Neugierige genauso an wie die Demontage der bis zu sieben Tonnen schweren Einzelteile (Rotorblätter).
Die zerschellte Anlage zog Neugierige genauso an wie die Demontage der bis zu sieben Tonnen schweren Einzelteile (Rotorblätter). © Dietmar Thomas

Seitdem ist Ruhe am Rande von Sitten eingekehrt. Die im Januar vom starken Autoverkehr arg in Mitleidenschaft gezogenen Feldwege haben sich einigermaßen erholt. Landeigentümer Eckhard Voigt hatte damit gerechnet, dass ein Bodentausch folgen muss. Doch das hat sich erübrigt. „Bei der Havarie sind keine Flüssigkeiten ausgetreten“, begründet Benjamin Schmitt. Er ist Abteilungsleiter bei der Eurowind Energy GmbH Hamburg, die den Windpark in Sitten vor rund drei Jahren übernommen hat. Schmitt weiter: „Die Wrackteile wurden eingesammelt und entsorgt. Ein Bodenaustausch war nicht notwendig.“

An die Situation vor einem Jahr erinnert im Moment nur noch das leere Fundament der umgeknickten Windkraftanlage. „Wir planen, an gleicher Stelle eine baugleiche Windkraftanlage zu errichten“, bestätigt der Abteilungsleiter, was Hans Körner schon vor einem Jahr prognostiziert hat. Körner ist der Chef der Firma Rasmus Windkraftservice aus dem thüringischen Königshofen. Der Dienstleister war einer der ersten an der Unglücksstelle. Körner selbst hatte das havarierte Windrad erst ein halbes Jahr vorher einer turnusmäßigen Wartung und Kontrolle unterzogen – und dabei nichts Auffälliges festgestellt.

Altes Model ohne Typenprüfung

Bei der havarierten Anlage handelte es sich um ein älteres Modell des früheren Herstellers Tacke (danach Teil von GE Wind Energy). Solche Windmühlen wurden bis 2001 gebaut. Für sie gibt es noch keine Typenprüfungen. Bei moderneren Anlagen sind diese Prüfungen inzwischen gängige Praxis. „Sie werden getestet wie Flugzeuge – also bis sie auseinanderfallen“, erklärte Prof. Dr. Martin Maslaton. Den Chef des Landesverbandes Sachsen des Bundesverbandes Windenergie hatte der DA nach dem Unfall als Experten zu Wort kommen lassen.

Weil das Fundament der Anlage damals nicht zu Schaden gekommen ist, will es Eurowind für die neue Anlage wieder nutzen. Laut Schmitt wurde ein entsprechender Bauantrag gestellt.

„Die Havarie-Ursache konnte nicht eindeutig festgestellt werden“, sagt der Abteilungsleiter. „An der Anlage war ein Fehler des Pitchsystems festgestellt worden.“ Besagtes Pitchsystem regelt die Position aller Rotorblätter einer Windkraftanlage. „Allerdings konnte dieser Fehler nicht eindeutig als Ursache für die Havarie identifiziert werden. Ein möglicher Schaden am Rotorblatt oder Materialermüdung könnten genauso gut Auslöser des Bruchs des Rotorblattes gewesen sein. Der Bruch des Rotorblattes hatte wiederum eine Unwucht zur Folge, die dann die Anlage zum Einsturz gebracht hat“, rekonstruiert Benjamin Schmitt, was am 27. Dezember 2016 im Windpark in Sitten passiert ist.

Das Windrad war in einer Höhe von rund 15 Metern über dem Boden abgeknickt. Personen kamen dabei nicht zu Schaden. Womöglich auch, weil ein Spaziergang an diesem Tag ungemütlich gewesen wäre. Es soll heftiger Wind geweht haben, zum Unglückszeitpunkt bis zu 22 Meter pro Sekunde. Ein Zusammenhang zwischen dem Wetter und dem Umstürzen der Windkraftanlage war nicht nachzuweisen.

Windpark soll moderner werden

Im Sommer haben sich die Stadträte Leisnigs erneut mit dem Windpark in Sitten beschäftigt. Bereits 2014 wurde ein Bebauungsplan angeschoben, die Arbeit daran nun wieder aufgenommen. Mit den Planungen will Eurowind die Voraussetzung für ein sogenanntes Repowering schaffen. Die verbliebenen Anlagen sind alt, einige wurden nach Ablauf der Betriebszeit bereits demontiert. Beim Repowering geht es darum, die Altanlagen durch neue auf modernem Stand der Technik zu ersetzen. Auf einen Anlagentyp will und kann sich Eurowind noch nicht festlegen. Der Regionalplan, der wichtige Aussagen über zulässige Höhen und Abstände liefert, befindet sich noch in der Überarbeitung.

Laut Projektmanagerin Imke Odrich hat Eurowind vor, die jetzigen Tacke-Anlagen mit einer Leistung von 1,5 Megawatt durch solche mit 3,6 Megawatt Nennleistung zu ersetzen. Eine Altanlage (V 90) bleibt stehen. Vom Typ her seien solche von Siemens denkbar. Diese sind insgesamt 200 Meter hoch (Turmhöhe 135 Meter) und getriebelos. Insgesamt sechs neue Windräder will Eurowind errichten.