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Traditionsbahner sind gerettet

Nach dem Rauswurf am Bahngelände in Ost hilft die Enso mit ihren Räumen. Der Umzug bringt sogar noch einen Vorteil.

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© Norbert Millauer

Von Peter Redlich

Radebeul. Das Quartier der Radebeuler Traditionsbahner kennt jeder nur in Verbindung mit dem Güterboden in Radebeul-Ost. Hier renovieren sie ihre historischen Wagen. Hier sind Büro, die Umkleide und die Waschräume für die rund 100 Mitglieder.

In den Gebäuden wird auch der neue Sitz des Vereins sein.
In den Gebäuden wird auch der neue Sitz des Vereins sein. © Norbert Millauer

An dieser Situation wird sich einiges ändern. Am 23. Juni dieses Jahres erhielt der Verein einen Brief. Drin stand die Kündigung für ihre Räume im Historischen Güterboden. Zum Ende des Jahres soll die Geschäftsstelle raus. Abgeschickt ist das Schreiben von der Firma M + E Consult, der das gesamte Gelände gehört.

Dieser Rausschmiss traf die Traditionsbahner nach eigenen Worten wie eine Notbremsung im Zug. Vor allem auch deshalb, weil die Gebäudeinhaber ja selbst zum Erhalt der Schmalspurbahnen in Sachsen beitragen. Die Stiftung Sächsischer Schmalspurbahnen ist hier tätig. Ziel der Stiftung ist es, nicht nur das Kulturgut der Schmalspurbahnen zu erhalten, sondern in Radebeul dafür einen geeigneten Unterstand für die historischen Wagen und Loks zu schaffen und diese Besuchern zu präsentieren.

Andreas Winkler ist der ehrenamtliche Vorsitzende der Stiftung. Zugleich ist der Radebeuler Hauptgeschäftsführer der Vereinigung der Sächsischen Wirtschaft, dem mit 200 000 Firmen wohl mächtigsten Verband im Freistaat. Die Firma M + E Consult, Betreiber des neuen Tagungszentrums am Güterboden, ist Mitglied im Verband. Winkler sammelt Spendengeld für die neue Halle für die Schmalspurbahnzüge. Mit Herzblut kümmert er sich darum. Umso verwunderlicher jetzt die Kündigung für die Traditionsbahner.

Zerstritten haben sich Traditionsbahner, Stiftung und Winkler offenbar schon länger. Zuletzt sei es der Ausstieg des Vereins aus dem Anschlussbahnprojekt gewesen sein – gemeint sind die Gleise mit geplanter Halle hinter dem Tagungszentrum.

Fieberhaft hatten die Traditionsbahner deshalb nach einem neuen Quartier gesucht. Rund einhundert Quadratmeter an Räumen brauchen sie. Radebeuls OB Bert Wendsche (parteilos) sagte Unterstützung zu. Offenbar kamen auch Kontakte aus den eigenen Vereinsreihen der Suche zugute. Eins der Mitglieder arbeitet zugleich beim Stromversorger Enso. Und dieser wiederum hat eine günstig im Lößnitzgrund 46-48 gelegene Immobilie mit Reparaturhalle und Büroräumen.

Und dort gibt es jetzt eine glückliche Fügung. Enso-Sprecherin Claudia Kuba: „Der Verein Traditionsbahn Radebeul e.V. ist schon seit 2008 Mieter im Enso-Objekt Lößnitzgrundstraße 46-48. Bis Mitte der 2000er-Jahre war dort eine Enso-Betriebsstelle untergebracht.“ Die Traditionsbahner nutzen Teilflächen einer Halle für die Instandhaltung von Schmalspurwagen.

Auch Büroräume gibt es in dem Gebäudekomplex. Deshalb ergab sich eine unkomplizierte Lösung. „Seit November 2017 hat der Verein noch zusätzliche Büroflächen in vier Räumen samt Sanitäreinrichtung angemietet, um den Vereinssitz von Radebeul-Ost in den Lößnitzgrund zu verlegen“, so Claudia Kuba.

Im August hatte der Verein angefragt. Die Räume mussten aber noch an Wänden und Fußböden renoviert werden. Das haben zum großen Teil die Mitglieder selbst übernommen. Die Enso hat dafür die Miete reduziert.

Rainer Fischer, geschäftsführender Vorsitzender des Traditionsbahnvereins, und Geschäftsstellenleiter Dietmar Hummig organisieren bereits den Umzug von Radebeul-Ost in den Lößnitzgrund. Die Räume im Enso-Gebäude sind gut beheizbar, haben alle notwendigen Anschlüsse für Telefon und Internet. Ein großer Raum wird für den Empfang dienen, andere für Archiv und Lager. Sanitärräume sind da. „Und wir zahlen insgesamt sogar etwas weniger Miete als am Bahnhof“, sagt Fischer. Vorteilhaft ist auch die Nähe zur Reparaturhalle auf dem Areal. Hier stehen schon zwei Wagen drin, die gerade restauriert werden.

Insgesamt besitzt der Verein 25 historische Wagen und zahlreiche Uniformen. Mit den Wagen und Uniformen aus Kaisers Zeiten verbinden sich für Radebeuler und Touristen besondere Ausfahrten. „Wir können hier direkt aus dem Büro auf die Gleise schauen“, freundet sich Dietmar Hummig mit der neuen Situation an.

Allerdings machen beide, Fischer und Hummig, darauf aufmerksam, dass am Bahnhof in Ost für die Mitglieder wie Lokführer und Zugschaffner auch noch eine Umkleide- und Waschmöglichkeit da sein muss. Diese soll vorerst in einem Container sein. Die Eisenbahner von der Sächsischen Dampfeisenbahngesellschaft (SGD) als Betreiber der Lößnitzgrundbahn müssen sich derzeit auch noch so behelfen. Besser wird die Situation, wenn der geplante neue Lokschuppen steht. Möglicherweise gibt es dann einen Raum für die Traditionsbahner.

www.traditionsbahn-radebeul.de