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Teppichfreund weicht Sechsgeschosser

Der Pavillon an der Grunaer Straße vergammelt seit Jahren. Nun soll er fallen, was einige bedauern.

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© René Meinig

Von Kay Haufe

Zerstörte Fenster sind mit billigen Spanplatten zugenagelt, die Fassade mit Schmierereien übersät. Rings um den Pavillon an der Grunaer Straße 20 hat das Unkraut die Oberhand gewonnen. Noch immer steht mit großen Lettern am Hintereingang: Wir ziehen um. Die Firma Teppichfreund war bis Ende Oktober 2012 Mieter des Hauses. Doch nachdem sie ausgezogen ist, steht das Gebäude leer. Im Innern wurde offenbar illegal übernachtet, wie Anwohner berichten. Nachts brenne immer mal wieder Licht.

So soll der Neubau aussehen.
So soll der Neubau aussehen. © Visualisierung: T3

Eigentlich wollte die Treuhandliegenschaftsgesellschaft TLG dort schon 2013 einen Neubau errichten. Die Visualisierung mit Adresse steht noch immer im Netz. Doch die Pläne zerschlugen sich, die TLG hat das Grundstück weiterverkauft.

Nun gibt es ein neues Projekt für das sehr zentral gelegene Areal. Nach Auskunft des städtischen Bauaufsichtsamtes wurde am 13. Juni die Baugenehmigung für einen sechsgeschossigen Neubau erteilt, in dem 170 Mikroappartements entstehen sollen. Was genau darunter zu verstehen ist, konnte auch Ursula Beckmann, die Leiterin des Bauaufsichtsamtes, nicht sagen. Fest steht auch, dass im Erdgeschoss keine Läden entstehen sollen, sondern dass dort wie in der Tiefgarage geparkt wird. Die Gebäudehöhe beträgt laut Beckmann 18,6 Meter. „Allerdings hat der Investor nicht gesagt, wann er mit dem Bau beginnen will“, sagte die Bauaufsichts-Chefin.

Mit Wehmut blickt Matthias Hahndorf vom Netzwerk Ostmodern auf den Pavillon an der Grunaer Straße, in dem zuerst Möbel verkauft wurden. „Heute ist er heruntergewirtschaftet und durch Anstrich und Werbung verhunzt. Aber wenn man Fotos aus der Entstehungszeit in den 60er-Jahren sieht, ist die klare, strenge Architektur erkennbar“, sagt Hahndorf. Es erinnere durchaus an Entwürfe von Mies van der Rohe. „Das Gebäude Grunaer Straße 20 hatte mit seinem erhöhten Mittelteil und den flacheren Seiten ursprünglich eine hohe architektonische Qualität. Schade, dass dies vom Denkmalschutz nicht gewürdigt wird“, sagt Hahndorf. Ihm sei klar, dass eine Sanierung für den Investor nur dann infrage kommt, wenn er eine exklusive Nutzung wie eine hochkarätige Kunsthalle oder ein exklusives Restaurant finden würde. „Aber leider ist das Gebäude im Gedächtnis der Dresdner schon beschädigt, weil es schon so lange marode ist“, sagt der studierte Stadtplaner.

Über eine Rekonstruktion des Pavillons hat Göran Grosse nie nachgedacht. Der Geschäftsführer der Dresdner T3 Holding GmbH hat mit seinem Sechsgeschosser ein besonderes Klientel im Auge. „Die Mikroappartements sind kleine, möblierte Wohnungen. Sie sind nicht für Studenten gedacht, sondern für Ingenieure oder andere gut ausgebildete Leute, die für eine begrenzte Zeit in Dresden bleiben“, sagt Grosse. Es gebe einen großen Bedarf. Für diese Zielgruppe sei der Lärmfaktor nicht so erheblich, wie es für Familien wäre, sagt der Investor. „Wir bauen zwar Lärmschutzfenster ein, aber das kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass auf der Grunaer Straße sehr viel Verkehr rollt.“

Die Leute, die Grosse ansprechen möchte, haben vielmehr Interesse an der zentrumsnahen Lage. „Zudem ist der Große Garten zur Erholung nur einen Steinwurf entfernt“, sagt der Kaufmann. Er plant einen Baubeginn im dritten Quartal dieses Jahres. Im Frühjahr 2018 soll das Gebäude fertig sein. „Unser Investitionsvolumen liegt bei rund 15 Millionen Euro inklusive Grundstückskauf“, so Göran Grosse. Sein Unternehmen verantwortet in Dresden auch den Neubau der Arbeitsagentur.

Für die Anwohner wird es eine gute Nachricht sein, dass nun gebaut werden soll. Zu lange sind Gebäude und Umgebung vernachlässigt worden. Gespannt können die Dresdner auch sein, was mit dem ehemaligen „Picknick“ daneben wird.