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Striesens lange Tafel von kurzer Dauer

Die Brogunder-Bar lädt die Gäste zu zwölf Gängen samt Wein ein. Die Kunden müssen sich allerdings beeilen.

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© Sven Ellger

Von Julia Vollmer

Entschuldigen Sie, ist hier noch frei? Diesen Satz wird in der Brogunder-Bar wohl niemand hören. Denn statt Zweier-Tischen lädt eine lange Tafel zum Platznehmen ein. Wer einmal an eben jenem Tisch sitzt, bekommt von Sebastian Probst und Matthias Schuh zwölf Gänge serviert. Von Gänseleber bis Jakobsmuschel, von Taubenbrust bis Lachsforelle. Die beiden Männer sind seit Jahren enge Freunde und wagen ab dem 2. Februar ein Experiment: das Pop-up-Restaurant Brogunder-Bar. Vom 2. Februar bis 10. März bekochen sie ihre Gäste in dem Tapas-Laden Cantina auf der Wittenberger Straße. Denn das Pop-up-Restaurant funktioniert nach dem gleichen Prinzip wie die gleichnamigen Läden. Nur für kurze Zeit machen sie auf und dann auch wieder zu. „Es gibt eine Zusammenstellung unserer Lieblingsgerichte“, sagt Sebastian Probst, der vorher Koch in Kreischa war. Die Weine dazu kommen von Matthias Schuh, dem Inhaber des gleichnamigen Weingutes. 99 Euro pro Person kostet der Abend. Sie könnten sich gut vorstellen, künftig noch mehr solcher Projekte auf die Beine zu stellen. Vielleicht ein eigener Laden irgendwann? „Nein, das kommt nicht infrage. Die hohen Mieten und Personalkosten schrecken ab“, sagt Probst.

Ihr Gastgeber für die Zeit ist Herbert Schmidt von der Cantina. Kleine und feine Köstlichkeiten gibt es in seinem Tapas-Laden in der Wittenberger Straße. Wer mag, kann seinen Tag gleich früh um 9 Uhr mit den südländischen Köstlichkeiten beginnen – von Frühstück, über Kaffee und Kuchen bis zu Wein am Abend reicht das Angebot. Das Ehepaar erfüllte sich mit dem eigenen Laden seinen Traum von einem Stück Spanien in Dresden. Kleines, schnelles und vor allem unkompliziertes Essen wollen sie anbieten. In einfachem, aber stilvollem Ambiente werden spanische Klassiker wie Datteln im Speckmantel oder Hühnchen in Knoblauchsoße serviert. Dazu passend gibt es spanischen Wein, 150 verschiedene Sorten lagern im Weinkeller.

Striesen ist nach Jahren der Flaute wieder im Aufwind, neue Läden machen auf. Laut dem Amt für Wirtschaftsförderung gibt es in Striesen und Blasewitz rund 200 Restaurants und Cafés. 2016 waren es ähnlich viele. „Die gleichbleibende Anzahl von Gaststätten in den letzten Jahren spricht für die Attraktivität und die Chancen dieses Standortes“, so Diana Petters aus dem Presseamt.

Dass Striesen ein attraktiver Gastro-Standort ist, bestätigt auch Lars Fiehler, Sprecher der Industrie- und Handelskammer. „Der Stadtteil und das angrenzende Blasewitz verfügen über eine dichte Wohnbebauung und Einwohner mit vergleichsweise hoher Kaufkraft.“ Viele Restaurants seien von daher gut gefüllt. Häufig sei auch unter der Woche ohne Reservierung kaum etwas zu bekommen. Die Vorteile aus seiner Sicht: die gute Erreichbarkeit mit öffentlichen Verkehrsmitteln und genügend Parkplätze.

Wie steht Striesen im Vergleich zur Altstadt da? „Die Unterschiede zur Altstadt sind in erster Linie darin begründet, dass das Abendgeschäft dominiert, allein schon, weil sich Dresden-Besucher aus dem In- und Ausland tagsüber eher selten nach Striesen verirren dürften,“ beobachtet Fiehler. Auch der Charakter der Restaurants sei verschieden. In Striesen könne man von überwiegend gehobener Gastronomie sprechen. Erlebnis- und Fast-Food-Restaurants seien hier nicht anzutreffen. Doch das sei laut Fiehler auch eine Chance. Altstadt, Neustadt, Striesen – alle drei Stadtteile stehen in Sachen Gastronomie für eine eigene Ausrichtung und sprechen nicht alle die gleiche Kundengruppe an. „So ergibt sich auch weniger eine Konkurrenzsituation.“

Sebastian Probst und Matthias Schuh fiebern nun ihrem Experiment entgegen. Sie werden vier Abende in der Woche selbst in der Küche und im Service arbeiten. Stressig? „Nein, auch wenn das abgedroschen klingt, wenn man für etwas brennt, dann ist es nicht anstrengend“, so Schuh. Auf den letzten Gang freuen sie sich besonders: Bei einem Wein mit den Gästen ins Gespräch kommen. Dazusetzen dringend erwünscht.

Brogunder Bar, von 2.2. bis 10.3., Wittenberger Straße 76, www.brogunder.de