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Streit um Flutschutzwand

Anwohner der Kötzschenbrodaer Straße fühlen sich beim Hochwasserschutz benachteiligt. Die Landestalsperrenverwaltung kann das nicht nachvollziehen.

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© Visualisierungen: LTV

Von Nina Schirmer

Radebeul. Für Andrea Rogge steht die Sache fest: „Wir sind die Bauernopfer“, sagt die Radebeulerin. Die anderen drei am Tisch nicken. Sie wohnen an der Kötzschenbrodaer Straße und sprechen, so versichern sie, für alle Anwohner und Gewerbetreibenden der Hausnummern 116 bis 159. Ihre Forderung: Endlich auch einen Hochwasserschutz für ihre Häuser.

Die Mauer würde damit durch die Gärten verlaufen.
Die Mauer würde damit durch die Gärten verlaufen. © Visualisierungen: LTV
Beim Hochwasser 2013 standen die Häuser zuletzt unter Wasser.
Beim Hochwasser 2013 standen die Häuser zuletzt unter Wasser. © Tilo Kempe

Der Streit darum geht schon lange. 2010 hatte die Landestalsperrenverwaltung (LTV) den Anwohnern konkrete Pläne für eine Flutschutzwand vorgestellt. Doch die gefiel den Betroffenen ganz und gar nicht. Die Planer schlugen eine Wand vor, die im Zickzack nahe an den Häusern und damit mitten durch die Grundstücke der Anwohner verläuft. „Wir wollen nicht über eine Treppe in unsere Gärten steigen“, sagt Andrea Rogge. Durch die Mauer würden die Grundstücke massiv an Wert verlieren, befürchten die Anwohner. Außerdem haben sie Angst, dass während der Bauphase die Gärten zerstört werden. Auch fielen durch die Mauer Quadratmeter auf dem Grundstück weg. „Wir werden dadurch enteignet“, sagen die Hausbesitzer.

Deshalb haben sie schon damals eine andere Variante vorgeschlagen. Eine gerade Flutschutzwand entlang des Auenwegs unterhalb der Grundstücke. Doch das wurde von der LTV abgelehnt. Weil man sich nicht einigen konnte, ist seitdem in Sachen Hochwasserschutz gar nichts mehr passiert. „Wir werden hier allein gelassen“, sagt Andrea Rogge.

Eckehard Bielitz, Betriebsleiter der Landestalsperrenverwaltung, kann diesen Vorwurf nicht nachvollziehen. Die LTV habe in der Vergangenheit viele Gespräche mit den Anwohnern an der Kötzschenbrodaer Straße geführt. Doch deren Vorstellungen seien schlicht nicht umsetzbar. „Eine Mauer am Auenweg ist nicht genehmigungsfähig“, sagt er. Das habe einen ganz einfachen Grund: „Ein Fluss braucht Platz zum Fließen bei Hochwasser“, so Bielitz.

Baut man die Mauer nah an die Elbe, wird das Abflussprofil eingeengt. Genau das sei nicht zulässig, erklärt der Experte. Der sogenannte Retentionsraum, also Flächen, auf denen sich bei Hochwasser das Wasser ausbreiten kann, dürfe nicht verkleinert werden. Auch wenn es sich bei diesen Flächen um die Gärten der Anwohner handelt. „Wir können keine Planung einreichen, die nicht genehmigungsfähig ist“, sagt Bielitz. Weil die Anwohner die einzig umsetzbare Lösung der häusernahen Wand ablehnten, habe man an dieser Stelle nicht mehr weiter gemacht.

Anwohnerin Kerstin Meißner hat aber inzwischen einen ganz anderen Verdacht. Sie befürchtet, dass für das Gebiet überhaupt kein Hochwasserschutz gewollt ist, sondern das Areal als Überflutungsgebiet für Radebeul herhalten muss. „Deshalb bieten sie uns nur so eine blöde Variante an“, vermutet sie. Ein Vorwurf, den Bielitz entschieden zurückweist. „Das entbehrt jeder Grundlage“, sagt er.

Einen anderen Vorwurf der Anwohner möchte er ebenfalls aufklären. Für den Anger in Altkötzschenbroda hatte die LTV abgeraten von einer Spundwand, die nah an den Häusern verläuft. Mit der Begründung, dass dadurch die Fassaden der alten Gebäude Schaden nehmen könnten. Die Grundstücksbesitzer an der Kötzschenbrodaer Straße fragen sich nun, warum es bei ihnen machbar ist. „Die Häuser hier sind teilweise noch älter“, sagt Eberhard Funk.

„Das widerspricht sich doch alles.“ Bielitz sieht das anders. Die Situation sei an den beiden Standpunkten sehr unterschiedlich. In Altkötzschenbroda hätte häusernah bedeutet, dass die Mauer wirklich wenige Meter von den Gebäuden entfernt steht. An der Kötzschenbrodaer Straße würde die Mauer hingegen in den Gärten deutlich weiter entfernt verlaufen. „Das kann man nicht vergleichen“, sagt er.

Die Forderung der Anwohner nach einer Flutschutzmauer am Auenweg wird auch von der Gemeinnützigen Wohnungsbaugenossenschaft Radebeul eG (GWG) unterstützt, die an der Straße Wohnhäuser hat. Jens Wendler von der GWG befürchtet, dass ein erneutes Hochwasser die Häuser besonders hart treffen würde, weil an anderen Stellen, etwa auf der gegenüberliegenden Elbseite in Cossebaude, inzwischen Dämme stehen. Das Wasser würde dann zur Radebeuler Seite ausweichen.

Die Anwohner wollen jetzt wieder das Gespräch mit der Landestalsperrenverwaltung. Dafür sei man grundsätzlich offen, versichert Bielitz. Für die alte Forderung sieht er aber nach wie vor keine Chance.