Merken

Stadt Dresden vergrault Investor

Striesen hat 350 neue Wohnungen. Geplant waren mehr, da die Nachfrage nach neuen Wohnungen hoch ist. Doch nicht jeder Bauherr hat es einfach. Einer hat jetzt aufgegeben.

Teilen
Folgen
© Sven Ellger

Von Sophie Arlet

Nach sechs Jahren Bauzeit ist das neue Wohngebiet zwischen Bärensteiner und Schmiedeberger Straße fast fertig. Unter den Namen Pegasus Courtyard und Pegasus Residenz sind auf dem Gelände 354 Wohnungen entstanden. In den kommenden Wochen erfolgen die letzten Bauabnahmen, so Rainer Maas von der Aaron-Group aus Wien. Die Holding hat den Gebäuderiegel entlang der Bärensteiner und Hepkestraße sanieren lassen. Dazu kamen neun Neubauten mit drei bis sechs Geschossen. Auf dem Gelände hatte die Mimosa AG, später VEB Mimosa, bis Anfang der 1990er-Jahre Fotopapier hergestellt.

Momentan stehen nur noch vier Wohnungen zum Verkauf. „Die meisten Käufer sind Dresdnerinnen und Dresdner, außerdem viele Bürger aus dem Umland“, so Maas. Insgesamt haben die Wohnungen für 88 Millionen Euro den Besitzer gewechselt. Kein Wunder also, dass die Aaron-Group eigentlich weiterbauen wollte. Geplant war ein dritter Abschnitt an der Bärensteiner Straße 25 bis 29. Auch dort sollte der bestehende Gebäudekomplex saniert und um einen Neubau ergänzt werden. Doch letztendlich hat sich der Investor gegen das Projekt entschieden. Grund dafür sind laut Maas die zu hohen Anforderungen aus dem Stadtplanungsamt.

Für die jetzt entstandenen Häuser hatte die Verwaltung 2012 ein Werkstattverfahren mit sechs Architekturbüros durchgeführt. Anschließend wurde ein vorhabenbezogener Bebauungsplan erarbeitet. Der lag im Herbst 2013 vor. Diese Schritte sollten sich jetzt noch einmal wiederholen. Der Investor war davon ausgegangen, im dritten Abschnitt nach Paragraf 34 des Baugesetzbuches bauen zu können. Dann hätten sich die Häuser in ihrer Gestaltung und Größe an den benachbarten Bauten orientieren müssen. Stattdessen forderte die Stadt abermals ein Werkstattverfahren und einen vorhabenbezogenen Bebauungsplan. Der gesamte Prozess hätte mindestens drei Jahre gedauert. Das war dem Investor zu viel.

Das Fass zum Überlaufen brachten dann zusätzliche Forderungen der Stadtplaner. So wurde Maas dazu aufgefordert, eine Verbindungsstraße zwischen Eibenstocker und Zinnwalder Straße zu bauen und anschließend der Stadt kostenlos zu übereignen. Die 200 Meter lange zweispurige Fahrbahn nebst Gehwegen und Parkbuchten hätte etwa 600 000 Euro gekostet und die Grundstücksfläche um 2 600 Quadratmeter verkleinert, so Maas. „Das Baugesetzbuch räumt den Gemeinden das Recht ein, die Durchführung von Vorhaben- und Erschließungsmaßnahmen auf einen Vorhabenträger zu übertragen“, heißt es dazu aus dem Stadtplanungsamt. Nur knapp zwei Kilometer entfernt hat die Firma USD aufgrund dieser Regelung in der Gartenstadt Striesen gleich drei neue Straßen gebaut und an die Stadt übergeben. Wie viel das gekostet hat, will das Unternehmen aber nicht sagen.

Auf dem Gelände der alten Fotopapierfabrik wäre durch die neue Straße eine abgetrennte Fläche zwischen der Fahrbahn und den nächsten Häusern entstanden. Dieses 1 500 Quadratmeter große Areal sollte die Aaron-Group der Stadt ebenfalls kostenlos für soziale Zwecke wie zum Beispiel einen Kindergarten überlassen. Zudem sollten im geplanten Neubau im Erdgeschoss Flächen für Geschäfte und ein Café reserviert werden. Hinzu kommt, dass in den neu gebauten Häusern 15 Prozent der Wohnfläche zu einer monatlichen Kaltmiete von 6,50 Euro zur Verfügung gestellt werden sollten. Das war dem Investor insgesamt zu viel. „Diese überzogenen Forderungen sind, auch vor dem Hintergrund steigender Baupreise und zurückgehender Nachfrage im Segment des Wohnungsneubaus, durch Bauträger nicht zu erfüllen“, so Maas. Seine Firma hat sich Mitte 2016 gegen den dritten Abschnitt entschieden und will erstmal nicht mehr in Dresden bauen.

Das Stadtplanungsamt will weiter Werkstattverfahren durchführen und sieht darin ein geeignetes Instrument, um Einfluss auf eine nachhaltige und qualitätsvolle Entwicklung der Stadt zu nehmen. Investoren würden dadurch nicht verprellt werden. „Bauherren haben gegebenenfalls ein Werkstattverfahren abgelehnt, aber nicht von ihren Bauvorhaben Abstand genommen. Es obliegt dann der Stadtverwaltung gemeinsam mit dem Bauherrn und dem Architekten, eine angemessene Lösung für den Standort zu entwickeln“, heißt es auf Nachfrage aus dem Amt. Seit einem Jahr können Investoren beim Freistaat Fördergelder beantragen, wenn sie einen Teil ihrer Wohnungen günstig vermieten.