Von Cathrin Reichelt
Die Erinnerungen an das Hochwasser im August 2002 haben sich tief eingebrannt. Auch 15 Jahre danach gehen immer noch viele bange Blicke in Richtung der damals über die Ufer getretenen Flüsse und Bäche, sobald es länger stark regnet. – Obwohl alle Kommunen sowie viele Unternehmen und Privatleute in den vergangenen Jahren vorgesorgt haben. Alle wollen vermeiden, dass sich ein Szenario wie am 12. und 13. August 2002 wiederholt.
Wo wurde in den Flutschutz investiert?
Es regnet tagelang. Zuerst schwellen die Flüsse in Süddeutschland, Österreich und Tschechien bedrohlich an. Dann steigt auch der Pegel der Freiberger Mulde. Stündlich um etwa 30 Zentimeter. Ähnliches beobachten die Anlieger der Zschopau, Striegis, Jahna und der vielen kleinen Bäche in der Region. Bis zum Abend des 12. August hat es örtlich 125 Liter pro Quadratmeter geregnet. Durch die Schleusen der Staumauer Kriebstein rauschen 650 Kubikmeter Wasser pro Sekunde.
„Es war eine ungewöhnliche Situation, wie wir sie noch nie hatten“, sagt Döbelns Oberbürgermeister Hans-Joachim Egerer (CDU). Damals kritisieren die Anwohner die schlechte Information durch die Behörden. Doch Egerer meint rückblickend, dass die Alarmierungskette, wie sie zu dieser Zeit üblich war, auch eingehalten wurde. Um 13.45 Uhr erfolgen am 12. August die ersten Absprachen innerhalb des Rathauses, um 19 Uhr eine Abstimmung mit dem Krisenstab des Landkreises. Dazwischen werden unter anderen gefährdete Betriebe informiert, Brücken kontrolliert und rund 14 000 Sandsäcke gefüllt und gestapelt.
Doch das ist vielerorts vergebene Mühe. Das Wasser der Mulde begräbt die Döbelner Innenstadt regelrecht unter sich. Letztendlich steht die Muldeninsel drei Meter unter Wasser. In Roßwein trifft es große Teile der Niederstadt. Im Zentrum von Waldheim wütet die Zschopau. Während in den drei Städten Boote von Technischen Hilfswerk (THW) und Feuerwehr ausreichen, um Menschen aus Wohnungen, Geschäften oder Fahrzeugen zu retten, kommt in Klosterbuch und Altleisnig ein Hubschrauber zum Einsatz. Alle Eingeschlossenen können in Sicherheit gebracht werden.
Aber als das Wasser zurückgeht, wird ein immenser Schaden sichtbar. Neben Schlamm bleiben Unmengen Geröll zurück. In der Region Döbeln sind rund 1 000 Häuser, mehr als 800 Geschäfte, Firmen, soziale Einrichtungen, 15 Sportstätten, 52 Brücken und 101 Straße stark beschädigt oder komplett zerstört. Tagelang sind die Wasser- und Stromversorgung unterbrochen. Die Schäden werden auf rund 154 Millionen Euro geschätzt.
So wie die Flut überrollt die Region anschließend eine Welle der Hilfsbereitschaft. Überall packen freiwillige Helfer an. Das sind nicht nur Menschen aus der Umgebung, die vom Hochwasser verschont geblieben sind, sondern unter anderen auch Frauen und Männer aus den Partnerstädten, von der Bundeswehr, dem DRK und den Lions-Clubs.
Die Versorgung der Menschen ist eingeschränkt. Vielerorts werden Stützpunkte mit einer Essenversorgung aus der Gulaschkanone eingerichtet. Johanniter und DRK-Mitglieder geben allein in Döbeln rund 66 000 Essen aus. Mancher Laden baut kurzerhand eine Theke auf der Straße auf, Freiwillige versorgen Anwohner auch direkt Zuhause. Im ganzen Land gibt es eine große Spendenbereitschaft. Es entsteht ein neues Zusammengehörigkeitsgefühl. Schon eine Woche nach der verheerenden Flut beginnt der Wiederaufbau. Der einen Monat später geplante Tag der Sachsen wird abgesagt und zwei Jahre später in einer sanierten Stadt Döbeln gefeiert.
Im Juni 2013 treten die Flüsse erneut über die Ufer. Der bis dahin umgesetzte Flutschutz und die Erfahrungen aus 2002 helfen, die Schäden diesmal geringer zu halten. Wenn einmal alle Projekte für den Flutschutz abgeschlossen sind, könne ein Hochwasser wie im Jahr 2013 weitestgehend von der Stadt ferngehalten werden, ist OBM Egerer überzeugt.