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Döbeln schützt sich vor Hochwasser

Wehr und Flutmulde, Ringdeich, mobile Schutzwände und neue Regenrückhaltebecken – Freistaat, Kommunen, Gewerbetreibende, Unternehmen und Privatleute haben Millionen Euro in den Flutschutz investiert.

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© Dietmar Thomas

Von Cathrin Reichelt

Die Erinnerungen an das Hochwasser im August 2002 haben sich tief eingebrannt. Auch 15 Jahre danach gehen immer noch viele bange Blicke in Richtung der damals über die Ufer getretenen Flüsse und Bäche, sobald es länger stark regnet. – Obwohl alle Kommunen sowie viele Unternehmen und Privatleute in den vergangenen Jahren vorgesorgt haben. Alle wollen vermeiden, dass sich ein Szenario wie am 12. und 13. August 2002 wiederholt.

Wo wurde in den Flutschutz investiert?

Aufgerichtet   Die Stadt Roßwein hat an drei Stellen auf dem Werder eine mobile Flutmauer installiert. Planen, Netz und Pfosten liegen in einer Betonschiene im Erdboden. In nur wenigen Minuten sind sie ausgepackt, aufgerichtet und stabilisiert. Dafür sind nur ein Generalschlüssel und eine Art Feuerhaken nötig. Bis zu 1,70  Meter Wasserhöhe kann die mobile Mauer davor schützen, dass die Mulde in die Stadt hineinläuft.
Aufgerichtet Die Stadt Roßwein hat an drei Stellen auf dem Werder eine mobile Flutmauer installiert. Planen, Netz und Pfosten liegen in einer Betonschiene im Erdboden. In nur wenigen Minuten sind sie ausgepackt, aufgerichtet und stabilisiert. Dafür sind nur ein Generalschlüssel und eine Art Feuerhaken nötig. Bis zu 1,70 Meter Wasserhöhe kann die mobile Mauer davor schützen, dass die Mulde in die Stadt hineinläuft.
Aufgestockt    Auf einer Länge von 670 Metern wurde der Deich an der Mulde in Westewitz erhöht. Weil der Wall bei einem Hochwasser ausgespült werden und seine Standfestigkeit verlieren könnte, wurde er mit einer Stahlspundwand verstärkt. Die 6,50 Meter hohen, 1,20  Meter breiten und einen Zentimeter dicken Spundbohlen wurden mit einem Rammbagger eingeschlagen, mit Erde überdeckt und Rasen eingesät.
Aufgestockt Auf einer Länge von 670 Metern wurde der Deich an der Mulde in Westewitz erhöht. Weil der Wall bei einem Hochwasser ausgespült werden und seine Standfestigkeit verlieren könnte, wurde er mit einer Stahlspundwand verstärkt. Die 6,50 Meter hohen, 1,20 Meter breiten und einen Zentimeter dicken Spundbohlen wurden mit einem Rammbagger eingeschlagen, mit Erde überdeckt und Rasen eingesät.
Hochgesetzt    Viele technische Anlagen des Döbelner Stadtbades sind auf etwa 1,70 Meter hohe Podeste gesetzt worden. Teile der Anlagen lassen sich jetzt komplett abschotten. Auch das Technikgebäude im Freigelände wurde aufgestockt und zwei Pumpstationen errichtet. Mit deren Hilfe werden das Abwasser und das Oberflächenwasser vom Grundstück geleitet. Rund 3,2 Millionen Euro hat der Wiederaufbau des Bades gekostet.
Hochgesetzt Viele technische Anlagen des Döbelner Stadtbades sind auf etwa 1,70 Meter hohe Podeste gesetzt worden. Teile der Anlagen lassen sich jetzt komplett abschotten. Auch das Technikgebäude im Freigelände wurde aufgestockt und zwei Pumpstationen errichtet. Mit deren Hilfe werden das Abwasser und das Oberflächenwasser vom Grundstück geleitet. Rund 3,2 Millionen Euro hat der Wiederaufbau des Bades gekostet.
Langgezogen   Reichlich einen Kilometer lang soll der Ringdeich in Klosterbuch werden. An ihm wird seit rund zwei Jahren gebaut. Gleichzeitig entsteht eine 370 Meter lange Hochwasserschutzmauer. Das Ende der Arbeiten ist für Mitte 2018 geplant. Dann haben der Freistaat und die EU rund 3,7 Millionen Euro in das Projekt investiert. Mit dem soll der Ort vor dem bei einer Flut steigenden Muldewasser geschützt werden. Die ersten beiden Abschnitte des Damms sind inzwischen mit Pflanzen, Kräutern und Gräsern begrünt, die teilweise auf der Roten Liste stehen und vom Aussterben bedroht sind.
Langgezogen Reichlich einen Kilometer lang soll der Ringdeich in Klosterbuch werden. An ihm wird seit rund zwei Jahren gebaut. Gleichzeitig entsteht eine 370 Meter lange Hochwasserschutzmauer. Das Ende der Arbeiten ist für Mitte 2018 geplant. Dann haben der Freistaat und die EU rund 3,7 Millionen Euro in das Projekt investiert. Mit dem soll der Ort vor dem bei einer Flut steigenden Muldewasser geschützt werden. Die ersten beiden Abschnitte des Damms sind inzwischen mit Pflanzen, Kräutern und Gräsern begrünt, die teilweise auf der Roten Liste stehen und vom Aussterben bedroht sind.
Ausgebaggert In Waldheim wurde das Flussbett ausgebaggert und vertieft sowie zwischen dem Wehr und der Niederstadt die Stützmauern rekonstruiert und erhöht. Durch den Abriss von Industrieruinen entlang der Zschopau kann sich der Fluss weiter ausbreiten, wenn der Pegel steigt. Inzwischen verfügt die Stadt auch über ein ausgefeiltes Alarmierungssystem. In dem sind rund 300 Hauseigentümer und Gewerbetreibende erfasst, die per Telefon zeitnah über eine Gefahr informiert werden.
Ausgebaggert In Waldheim wurde das Flussbett ausgebaggert und vertieft sowie zwischen dem Wehr und der Niederstadt die Stützmauern rekonstruiert und erhöht. Durch den Abriss von Industrieruinen entlang der Zschopau kann sich der Fluss weiter ausbreiten, wenn der Pegel steigt. Inzwischen verfügt die Stadt auch über ein ausgefeiltes Alarmierungssystem. In dem sind rund 300 Hauseigentümer und Gewerbetreibende erfasst, die per Telefon zeitnah über eine Gefahr informiert werden.
Abgeschottet    Die Kelterei Neugreußnig kann in wenigen Stunden eine mobile Schutzmauer errichten. Das Schutzsystem hat die Firma speziell für die besonderen örtlichen topografischen Gegebenheiten der Kelterei konzipieren und herstellen lassen. 2014 wurden die Spundwände noch einmal erhöht. Das Aufstellen der mobilen Aluminium-Absperrprofile ist im Katastrophen- und Notfallplan der Kelterei verankert.
Abgeschottet Die Kelterei Neugreußnig kann in wenigen Stunden eine mobile Schutzmauer errichten. Das Schutzsystem hat die Firma speziell für die besonderen örtlichen topografischen Gegebenheiten der Kelterei konzipieren und herstellen lassen. 2014 wurden die Spundwände noch einmal erhöht. Das Aufstellen der mobilen Aluminium-Absperrprofile ist im Katastrophen- und Notfallplan der Kelterei verankert.
Zurückgehalten    Polditz soll ein Regenrückhaltebecken schützen. Zum Flut- und Erosionsschutz ist ein 50 Meter langer und 3,5 Meter hoher Damm gebaut worden. Hinter dem können sich rund 5 000 Kubikmeter Regenwasser sammeln. Das kommt dann aus dem oberhalb liegenden Ortsteil Kalthausen.Eine Drossel gibt das angestaute Wasser sukzessive wieder an den Bach ab. Rund um das Becken werden noch Stauden gepflanzt. Etwa 400 000 Euro kostet das Projekt der Ländlichen Neuordnung.
Zurückgehalten Polditz soll ein Regenrückhaltebecken schützen. Zum Flut- und Erosionsschutz ist ein 50 Meter langer und 3,5 Meter hoher Damm gebaut worden. Hinter dem können sich rund 5 000 Kubikmeter Regenwasser sammeln. Das kommt dann aus dem oberhalb liegenden Ortsteil Kalthausen.Eine Drossel gibt das angestaute Wasser sukzessive wieder an den Bach ab. Rund um das Becken werden noch Stauden gepflanzt. Etwa 400 000 Euro kostet das Projekt der Ländlichen Neuordnung.

Es regnet tagelang. Zuerst schwellen die Flüsse in Süddeutschland, Österreich und Tschechien bedrohlich an. Dann steigt auch der Pegel der Freiberger Mulde. Stündlich um etwa 30 Zentimeter. Ähnliches beobachten die Anlieger der Zschopau, Striegis, Jahna und der vielen kleinen Bäche in der Region. Bis zum Abend des 12.  August hat es örtlich 125  Liter pro Quadratmeter geregnet. Durch die Schleusen der Staumauer Kriebstein rauschen 650 Kubikmeter Wasser pro Sekunde.

„Es war eine ungewöhnliche Situation, wie wir sie noch nie hatten“, sagt Döbelns Oberbürgermeister Hans-Joachim Egerer (CDU). Damals kritisieren die Anwohner die schlechte Information durch die Behörden. Doch Egerer meint rückblickend, dass die Alarmierungskette, wie sie zu dieser Zeit üblich war, auch eingehalten wurde. Um 13.45  Uhr erfolgen am 12. August die ersten Absprachen innerhalb des Rathauses, um 19 Uhr eine Abstimmung mit dem Krisenstab des Landkreises. Dazwischen werden unter anderen gefährdete Betriebe informiert, Brücken kontrolliert und rund 14 000 Sandsäcke gefüllt und gestapelt.

Doch das ist vielerorts vergebene Mühe. Das Wasser der Mulde begräbt die Döbelner Innenstadt regelrecht unter sich. Letztendlich steht die Muldeninsel drei Meter unter Wasser. In Roßwein trifft es große Teile der Niederstadt. Im Zentrum von Waldheim wütet die Zschopau. Während in den drei Städten Boote von Technischen Hilfswerk (THW) und Feuerwehr ausreichen, um Menschen aus Wohnungen, Geschäften oder Fahrzeugen zu retten, kommt in Klosterbuch und Altleisnig ein Hubschrauber zum Einsatz. Alle Eingeschlossenen können in Sicherheit gebracht werden.

Aber als das Wasser zurückgeht, wird ein immenser Schaden sichtbar. Neben Schlamm bleiben Unmengen Geröll zurück. In der Region Döbeln sind rund 1 000  Häuser, mehr als 800 Geschäfte, Firmen, soziale Einrichtungen, 15 Sportstätten, 52 Brücken und 101 Straße stark beschädigt oder komplett zerstört. Tagelang sind die Wasser- und Stromversorgung unterbrochen. Die Schäden werden auf rund 154 Millionen Euro geschätzt.

So wie die Flut überrollt die Region anschließend eine Welle der Hilfsbereitschaft. Überall packen freiwillige Helfer an. Das sind nicht nur Menschen aus der Umgebung, die vom Hochwasser verschont geblieben sind, sondern unter anderen auch Frauen und Männer aus den Partnerstädten, von der Bundeswehr, dem DRK und den Lions-Clubs.

Die Versorgung der Menschen ist eingeschränkt. Vielerorts werden Stützpunkte mit einer Essenversorgung aus der Gulaschkanone eingerichtet. Johanniter und DRK-Mitglieder geben allein in Döbeln rund 66 000 Essen aus. Mancher Laden baut kurzerhand eine Theke auf der Straße auf, Freiwillige versorgen Anwohner auch direkt Zuhause. Im ganzen Land gibt es eine große Spendenbereitschaft. Es entsteht ein neues Zusammengehörigkeitsgefühl. Schon eine Woche nach der verheerenden Flut beginnt der Wiederaufbau. Der einen Monat später geplante Tag der Sachsen wird abgesagt und zwei Jahre später in einer sanierten Stadt Döbeln gefeiert.

Im Juni 2013 treten die Flüsse erneut über die Ufer. Der bis dahin umgesetzte Flutschutz und die Erfahrungen aus 2002 helfen, die Schäden diesmal geringer zu halten. Wenn einmal alle Projekte für den Flutschutz abgeschlossen sind, könne ein Hochwasser wie im Jahr 2013 weitestgehend von der Stadt ferngehalten werden, ist OBM Egerer überzeugt.