Görlitz
Merken

Sie bringt Talente ans (Rampen-)Licht

Bogna von Woedtke hat mit ihrem Görlitzer Chanson-Ensemble „Die Liederlichen“ ein neues Stück einstudiert. „Irrsinnig liederlich“ hat am Sonnabend im Apollo Premiere.

 4 Min.
Teilen
Folgen
© nikolaischmidt.de

Manchmal scheint die Welt Kopf zu stehen. Chaos, Irrsinn, unnötige Konflikte gewinnen die Oberhand. Und im Kern steckt die Einsamkeit jedes einzelnen Menschen. Bogna von Woedke lässt ihr Stück „Irrsinnig liederlich“ deshalb in einer psychiatrischen Klinik spielen. Sie hat es für das szenische Chanson-Ensemble „Die Liederlichen“ geschrieben und in den vergangenen zwei Jahren mit den 22 Görlitzer Laiendarstellern einstudiert. Morgen hat es im Görlitzer Apollo Premiere.

Es sei eine Tragikomödie voller „institutioneller Alltagsgeschichten“, sagt Bogna von Woedtke. Geschichten also, die jeder kennt, der in größeren Institutionen arbeitet oder auf andere Weise enger mit ihnen zu tun hat. „Aber Psychiatrie ist ein sensibles Thema. Man muss aufpassen, dass sich niemand verletzt fühlt.“ Damit klar ist, dass nicht über Kranke gelacht wird, verwandeln sich die Figuren in Märchengestalten, die für manche sichtbar sind, für andere nicht und umgekehrt. Das gibt Stoff für Komik und lässt fragen: Wer ist schon normal? Sind wir nicht alle anders? Erzählt wird die Geschichte wie schon in den beiden ersten Stücken „Ach, wie liederlich!“ und „Tierisch liederlich!“ mit Chansons der 1920er bis 1940er Jahre.

Bogna von Woedtke, 1979 in Warschau geboren, kann sich ein Leben ohne Musik und Theater gar nicht vorstellen. Sie ist damit aufgewachsen. Ihre Mutter leitete den Warschauer Kinderchor „Fasolki“, der im Fernsehen auftrat und Alben aufnahm, die noch heute verkauft werden. Bogna von Woedtke sang seit ihrem sechsten Lebensjahr mit. Später leitete sie selbst ein Kinderensemble, schrieb Kindermusicals, dachte sich Choreografien dafür aus und brachte sie mit bis zu 70 Kindern und in Polen bekannten Schauspielern auf die Bühne. Sie studierte Puppenschauspiel in Warschau und Bialystok, gab immer wieder Workshops in Theater, Tanz und Gesang. Als sie der Liebe wegen 2006 nach Görlitz zog, begann sie am Animationstheater Jelenia Gora zu arbeiten und war dort einige Jahre tätig. Seit ihrer Jugend trat sie auch häufig als Sängerin auf. In den vergangenen Jahren war sie einige Male mit dem Chanson-Cabarett-Programm „Eine Polin in Deutschland“ zu erleben, das sie gemeinsam mit dem Görlitzer Musiker Björn Bewerich einstudierte und heute zusammen mit der moldawischen Pianistin Veronica Ciornii anbietet.

„Die Liederlichen“ gibt es seit 2011, anfangs noch mit Sophie Backasch als organisatorischer Leiterin, lange Zeit mit Björn Bewerich als musikalischem Kopf und Klavierbegleiter des Ensembles. Heute leitet Bogna von Woedtke den Chor allein, Veronica Cornii spielt wie auch bei den Auftritten als Duo die Klavierbegleitung.

Besonders durch ihre langjährige Arbeit mit Kindern weiß Bogna von Woedtke, wie notwendig es ist, Ensemblemitglieder immer wieder zu motivieren, wenn man mit ihnen etwas auf die Bühne bringen will. „Man muss jeden Einzelnen im Blick haben, sein Talent erkennen und fördern.“ Genau das tut sie in der Arbeit mit den „Liederlichen“. Es mache ihr Freude zu sehen, wie sich Menschen öffnen, die sonst mit der Bühne kaum etwas zu tun haben. Dass sie manche ungeahnte Begabung an sich entdecken und den Mut haben, sie solistisch vor Publikum zu zeigen. Und dass sie sich, obwohl sie meist schon einen langen Arbeitstag hinter sich haben, jeden Donnerstag in der Musikschule am Fischmarkt einfinden, um kontinuierlich für ein gelingendes Gemeinschaftswerk zu proben.

Als Beispiel nennt sie die Verkäuferin Renate Schöbel, die schon in „Ach, wie liederlich!“ 2014 durch ihr komisches Talent auffiel und nun die Hauptrolle spielt. „Sie hat diese Riesenaufgabe mit viel Text auf sich genommen und macht es wunderbar“, sagt Bogna von Woedtke.

Wenn das Stück morgen Premiere hat, wird ein wichtiger Gast unter den Zuschauern fehlen: Der Zeichner Arnold Busch, der im Sommer 2017 gestorben ist. „Es war ein schwerer Verlust für uns“, sagt Bogna von Woedtke. Von Anfang an habe Arnold Busch das Ensemble begleitet, war an der Namensfindung „Die Liederlichen“ beteiligt, zeichnete Plakate für die Aufführungen und war bei vielen Proben dabei. „Wir wünschten uns, er könnte morgen bei uns sein“, sagt Bogna von Woedtke. „Auch seine Ideen stecken in dem Stück. Er hätte die Aufführung sehr gern erlebt.“

Karten gibt es wegen großer Nachfrage erst wieder für die Vorstellungen am 5. und 6. Mai 2018.