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Seit elf Tagen in der Kälte

Familie Albus hat die kältesten Feiertage erlebt. Ihre Heizung ist kaputt. Erst jetzt erfahren sie von einer neuen Verwaltung des einstigen RWV-Hauses.

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© André Braun

Von Heike Heisig

Roßwein. In den Wohnungen an der Weststraße 9 ist es drinnen im Moment genauso „warm“ wie in diesem frühlingshaften Winter draußen: Neun Grad in der Küche, sagt Familie Kozma beim Abschließen ihrer Wohnungstür. Das Ehepaar will erst zurückkommen, wenn die Heizung wieder läuft. Sie verabschieden sich in eine Ersatzwohnung, einen Bungalow, in dem die beiden es offenbar kuscheliger haben als daheim. In ihrem Wohnhaus funktioniert seit 22. Dezember schon die Heizung nicht mehr. „Beim Einlassen des Aufwaschwassers ist mir aufgefallen, dass das Wasser nur lauwarm wird“, erzählt Martina Albus (65), die mit ihrem Mann Bernd (68) über der Familie Kozma wohnt.

Seit jenem Freitag bemühen sich die Hausbewohner um Abhilfe. „Ein Monteur ist dann auch da gewesen“, erzählt Bernd Albus. Doch der stellte fest, dass die Heizung zu alt ist, es dafür keine Ersatzteile mehr gibt. Seitdem warten Martina und Bernd Albus sowie ihre Nachbarn darauf, dass ihnen anderweitig geholfen, notfalls eine neue Heizung eingebaut wird. „Dass es eine neue werden muss, steht wohl seit heute fest“, sagt der Rentner am Dienstagnachmittag.

Er habe durchaus Verständnis, dass Reparaturen wegen Weihnachten und den Feiertagen länger als gewöhnlich dauern. Aber nach elf Tagen sei seine Geduld langsam am Ende. „Wir haben drei Heizquellen: einen Ölradiator, einen Lüfter und das eigentliche Backrohr“, schildert Albus. Doch gemütlich werde es damit mitnichten. „Zum Duschen gehen wir ins Stadtbad“, sagt Martina Albus. Der Weg ist zwar kurz, doch die Einschränkungen schon beträchtlich.

Seit die Heizung kaputt ist, haben die Albus jeden Tag beim Hausmeister angerufen. Erst über ihn hätten sie von einer neuen Hausverwaltung erfahren. Weder bei ihnen noch bei den Nachbarn sei das Infoschreiben über den Verwalterwechsel eingetroffen. Das Gebäude Weststraße 9 gehört zum Immobilienbestand der zuletzt insolventen Roßweiner Wohnungsgesellschaft (RWV). An den Eigentumsverhältnissen hat sich jetzt nicht noch einmal etwas geändert. Doch die Verwaltung ist von der Günstiger Wohnen GmbH zum Jahreswechsel an die Optimum Immobilienverwaltungs GmbH & Co KG mit Sitz in Halle/Saale übergangen. „Mit diesem Problem an der Weststraße in Roßwein ist das natürlich kein optimaler Start für uns“, gibt Verwalter Peter Freund zu.

Obwohl er und seine Kollegen erst offiziell seit zwei Tagen für die ehemaligen RWV-Immobilien zuständig sind, hat er schon kurz vorm Jahreswechsel versucht, in dieser Angelegenheit aktiv zu werden. Dabei stellte es sich als Hindernis heraus, dass Verwaltung der reinen Mietobjekte und der Objekte, die verschiedene Eigentümer haben, noch nicht in einer Hand sind. Im Fall Weststraße 9 sei das so. Dort gehörten Wohnungen verschiedenen Eigentümer, und die müssten vor einer Investition von mehreren tausend Euro, wie es sich bei der Heizungserneuerung abzeichnet, alle entsprechende Zusagen und Unterschriften leisten. „Mit einem Eigentümer konnte ich persönlich noch keinen Kontakt aufnehmen. Gelingt mir das aber, dann soll es noch in dieser Woche eine Lösung des Problems geben“, stellt Peter Freund in Aussicht.

Er könne den Missmut der Mieter nachvollziehen. „Es gibt keinen ungünstigeren Zeitpunkt, zu dem eine Heizung kaputt gehen kann, als vor den Feiertagen“, findet auch der Verwalter. Doch in diesem Fall sei es wegen der geschilderten Unwägbarkeiten eben nicht möglich gewesen, sofort eine Investitionsentscheidung zu treffen. Weshalb zumindest einige Mieter im Haus Weststraße 9 nichts vom Verwalterwechsel gewusst haben, kann Freund nicht nachvollziehen. Die bisherigen Vor-Ort-Betreuer hätten ihm versichert, dass alle Mieter und Eigentümer Mitte Dezember informiert worden seien.

Ob Familie Albus ihre sicher höheren Energiekosten irgendjemandem in Rechnung stellen können, das wissen sie nicht. Um Rechte zu sichern, rät der Mieterschutzbund Meißen in jedem Fall, Mängel anzuzeigen und realistische Fristen zu setzen, diesen Mangel abzustellen. Wichtig sei dabei, dass es über diese Anzeige einen Nachweis gibt – etwa den Sendebericht des Faxes oder ein Einschreiben mit Rückschein.