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Schlimme Finger

Keime lauern überall – nicht nur im Riesaer Krankenhaus. Dabei ist ein besserer Schutz ganz einfach.

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© Sebastian Schultz

Von Christoph Scharf

Riesa. Eine Hand wäscht die andere. So einfach ist das. Denke ich. Kurz halte ich erst die eine Hand unter den Spender mit dem Desinfektionsmittel, dann die andere. Die stark nach Alkohol riechende Flüssigkeit sprüht auf meine Handflächen. Und dann reibe ich auch schon die Hände – Handflächen, Rückseiten, Fingerzwischenräume.

Elblandklinikum-Pflegedirektor Roberto Kühne und Pflegedienstleiter Silvio Liberski können das besser – auch ohne Einweisung von Hygieneschwester Monika (v.l.).
Elblandklinikum-Pflegedirektor Roberto Kühne und Pflegedienstleiter Silvio Liberski können das besser – auch ohne Einweisung von Hygieneschwester Monika (v.l.). © Sebastian Schultz

„Sorgfältig über 30 Sekunden in die Hände einreiben“, steht auf den bunten Infoblättern, die im Haupteingang des Riesaer Elblandklinikums ausliegen. An einem Tisch hat sich eine Schlange gebildet: Mitarbeiter von der Krankenschwester bis zum Pflegedirektor sind aufgefordert, sich am Hände-Desinfektionsmittel zu bedienen. Pflegedienstleiter Silvio Liberski reibt sich routiniert Handflächen und Finger. Kein Wunder, gehören die unscheinbaren Spender doch an jeder Ecke im Krankenhaus zum Arbeitsalltag. Hier allerdings, gleich hinter dem Eingang, ist heute etwas anders: Dem nach Alkohol riechenden Mittel wurde eine besondere Substanz beigemischt. Diese fluoresziert – und damit lässt sich unter UV-Licht plötzlich ganz exakt überprüfen, wie ordentlich man sich die Hände desinfiziert hat.

„Jeder denkt, er macht’s richtig“, sagt Jens Eisenschmidt. Der Fachberater arbeitet für die Paul Hartmann AG, einen Hersteller für Medizinprodukte mit mehr als 10 000 Mitarbeitern, der auch die Elblandkliniken beliefert. An diesem Dienstag bittet Jens Eisenschmidt die Mitarbeiter im Riesaer Krankenhaus, sich erst die Hände zu desinfizieren – und dann nacheinander an einen unscheinbaren dunkelgrauen Kasten zu treten. In einen senkrechten Schlitz passt eine Hand hinein. Erst langsam die rechte, dann die linke. „Die Finger leicht gespreizt“, weist Eisenschmidt an. Drinnen tastet unmerklich ein Scanner die Vorder- und Rückseiten der Hände ab, bis hinauf zum Handgelenk.

Einige Sekunden später ist das Ergebnis an der Oberseite des Kastens auf einem Bildschirm zu sehen: Grün sind die Bereiche der Hand abgebildet, die ausreichend Desinfektionsmittel abbekommen haben. Bei Pflegedienstleiter Liberski leuchtet alles grün – bestanden. Teilnehmen dürfen und sollen auch Besucher des Krankenhauses. Und so kommt jetzt ein kräftiger Mittdreißiger dran, der vor Kurzem Vater geworden ist. Seine Partnerin schaut neugierig zu, das Baby auf dem Arm. Ergebnis auf dem Bildschirm: Gut die Hälfte der Handrücken sind knallrot dargestellt. Durchgefallen. Aber müssen sich Patienten oder Angehörige überhaupt mit der Desinfektion von Händen auskennen? Ja, sagt Peter Zeidler, Verwaltungsdirektor am Elblandklinikum Riesa. „Hygiene geht alle an! Das ist ein gesellschaftliches Thema, keins nur für das Krankenhaus.“ Ob am Einkaufswagen im Supermarkt, der Haltestange im Bus oder am Geldschein: Überall lauern Keime. Dass durch die zunehmende Verbreitung von Antibiotika auch die Keime resistenter werden, mache die Sache nicht besser. Im Krankenhaus gelten deshalb zahllose Hygienevorschriften. Allein an Hände-Desinfektionsmitteln verbraucht das Riesaer Elblandklinikum pro Jahr rund 3 600 Liter. Dabei würde es schon helfen, wenn jedes Kind, jeder Erwachsene sich regelmäßig ordentlich die Hände wäscht – vorn, hinten, zwischen den Fingern.

Hat das bei mir geklappt? Ich trete mit meinen frisch desinfizierten Händen an ein zweites Prüfgerät, in dem eine Schwarzlichtlampe strahlt. Handwurzeln, Daumen, die Rückseite der Finger rechts: Überall werden im UV-Licht Lücken erkennbar. Durchgefallen.