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Roßwein verliert Kinderarztpraxis

Dr. Eckardt Erdmann muss die Nebenbetriebsstätte schließen. Für die Patienten wird künftig in Döbeln gesorgt.

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© André Braun

Von Tina Soltysiak

Roßwein/Döbeln. Am 21. Dezember dieses Jahres werden zum letzten Mal Jungen und Mädchen in der Kinderarztpraxis in Roßwein behandelt. Dann schließt der Döbelner Kinderarzt Dr. Eckardt Erdmann seine Nebenbetriebsstätte in der Stadt. „Dieser Schritt fällt uns wirklich nicht leicht. Doch dafür gibt es vor allem zwei Hauptgründe. Zum einen steigende Patientenzahlen in Döbeln. Und zum anderen ist es uns in den vergangenen zwei Jahren nicht gelungen, einen zusätzlichen Arzt für unser Team zu gewinnen. Deshalb sind wir gezwungen, unsere Kräfte an einem Standort zu bündeln“, erläutert er. Dem Mediziner, der seinen Beruf seit 30 Jahren ausübt, liegt eine Botschaft besonders am Herzen: „Roßwein verliert auf keinen Fall seine Kinderärztin. Für alle bisherigen Patienten besteht das Angebot, Susann Bley, Fachärztin für Kinderheilkunde und Jugendmedizin, nach Döbeln zu folgen.“ Für die Roßweiner Patienten würden sich durch die längeren Praxisöffnungszeiten in Döbeln sogar Vorteile ergeben. „Der Nachteil ist eben, dass sie keinen Arzt mehr direkt vor der Haustür haben. Ansonsten ändert sich für die Patienten aber nichts“, so Erdmann.

Erdmann hatte die Roßweiner Praxis 2013 von Dr. Ulrike Schubert übernommen. Sie hatte sich in den wohlverdienten Ruhestand verabschiedet. „Schon zu DDR-Zeiten gab es an diesem Standort einen Kinderarzt. Natürlich wissen wir, dass die Schließung schlimm ist. Aber ohne Unterstützung ist es für uns nicht mehr zu leisten“, sagt der 57-Jährige. Am Freitag seien in beiden Praxen innerhalb von drei Stunden 122 Patienten verarztet worden. „Da sind aber noch nicht die Befundbesprechungen am Telefon mit eingerechnet sowie andere Beratungsgespräche“, erläutert der Facharzt für Kinderheilkunde und Jugendmedizin. Zur genauen Zahl seiner Patienten, die zwischen null und 18 Jahre alt sind, macht er keine Angaben. Die steigende Geburtenrate würden nahezu eins zu eins bei ihm in der Praxis ankommen. Zudem versorge er die Kinder der Flüchtlingsfamilien. Deren Zahl habe seit dem Zuzug 2015 ebenfalls zugenommen.

Der bürokratische Aufwand, den die Ärzte betreiben müssen, sei in den vergangenen Jahren weiter stark gestiegen. „Das kostet Zeit, die wir lieber für die Patientenversorgung einsetzen würden“, sagt er. Sämtliche Verordnungen müssten abgewägt werden, sprich beispielsweise ob die Krankenkasse die Kosten für dieses oder jenes Medikament für ein Kind dieses Alters, das gerade vor ihm oder seinen Kollegen sitzt, überhaupt übernimmt. „Das ist die unerfreuliche Seite unseres Berufs. Hier sind wir Vermittler zwischen Patient, Krankenkasse – und zum Teil auch der Politik“, sagt Eckardt Erdmann.

Auf dem Papier überversorgt

Auf dem Papier sei der Altkreis Döbeln im Bereich Kinderärzte überversorgt. Das geht aus einer Statistik der Kassenärztlichen Vereinigung Sachsen (KVS) hervor, so Eckardt Erdmann. „Es wird nur häufig vergessen, dass die Patienten nicht vor Kreisgrenzen halt machen“, sagt er. Erdmann schätzt, dass etwa 30 Prozent seiner Patienten nicht im Altkreis Döbeln leben. „Sie kommen aus Mügeln, Nossen, dem Frankenberger, Mittweidaer und Freiberger Raum. Denn überall dort gibt es entweder gar keine Kinderärzte mehr oder die ortsansässigen nehmen keine Patienten mehr an“, erklärt er. Das komme für ihn nicht infrage. In der siebten Klasse habe er für sich entschieden, Kinderarzt zu werden. „Weil sie die Schutzbedürftigsten sind, um die man sich besonders kümmern muss“, erläutert er seine Beweggründe.

Auch deshalb schmerze ihn der Schritt, den Standort Roßwein aufgeben zu müssen. „Wir sind nach wie vor bemüht, einen zusätzlichen Kinderarzt für unseren Praxisverbund zu finden“, sagt er. Zu diesem gehören außer der Praxis in Döbeln noch eine in Lommatzsch. Für Roßwein war sogar eine Erweiterung im Gespräch. „Wir wollten mit der Praxis in die Alte Post ziehen, die derzeit saniert wird. Von diesem Vorhaben müssen wir aber vorerst Abstand nehmen“, sagt Erdmann. Stattdessen wurde der Standort Döbeln in den vergangenen Wochen umgebaut. „Es sind zwei zusätzliche Behandlungszimmer entstanden, in denen Susann Bley ihre Patienten versorgen wird“, sagt er. Das Roßweiner Praxisteam werde komplett nach Döbeln wechseln. Für den 23. und 27. Dezember sei der Umzug der Patientenakten geplant, so Eckardt Erdmann.

www.kinderarzterdmann.wordpress.com