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Botschafterin für den Urwald

Antonia Schurig macht Abitur am Lößnitzgymnasium. In ihrer Freizeit hilft sie, unberührte Natur zu schützen.

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© Ronny Scholz/ Wilderness International

Von Ulrike Keller

Radebeul. Zwei Tage nur von dem leben, was sich in der Wildnis Kanadas findet. Antonia Schurig hat es ausprobiert. Sie aß Farnspitzen, die wie Gras schmecken, lernte Brennnesseln so geschickt zu rollen, dass die feurigen Härchen umknicken und die Pflanzen als köstliche Rohspeise taugen. Und sie stand drei Stunden bei strömendem Regen im Fluss, bis endlich ein 55 Zentimeter langer Saibling anbiss. „Ich hatte nie ein Hungergefühl“, erzählt die 16-jährige Radebeulerin begeistert. „Ich hätte noch länger so leben können.“ Mit dieser Erfahrung trat die Schülerin des Lößnitzgymnasiums im Sommer 2016 ihr Amt als Umweltbotschafterin an – ein begehrtes Ehrenamt der Dresdner Stiftung Wilderness International. Die Organisation engagiert sich für den rechtssicheren Schutz der Urwälder in Westkanada. Eine Fläche von knapp vier Millionen Quadratmetern hat sie bereits von Forstkonzernen und der kanadischen Regierung erworben und unter Naturschutz gestellt.

Das Geld schießt Wilderness International vor. Refinanziert wird der Kauf dann mit Spendengeldern. Diese einzuwerben, gehört zu den Aufgaben der Botschafter. So hält Antonia Schurig zum Beispiel Vorträge in Schulen, um die Stiftung bekannt zu machen. Außerdem hilft sie bei der Vorbereitung und Vor-Ort-Organisation der sogenannten Wildnisläufe, die regelmäßig auf Sportplätzen und in Hallen veranstaltet werden. Dafür sind immer wieder Schulen zu finden, die teilnehmen.

Die Schüler laufen möglichst viele Runden und haben zuvor Sponsoren aufgetan, die für jede Runde einen Betrag spenden. Mit 50 Euro sind bereits 64 Quadratmeter Wald gerettet. Ein Teil der Spendensumme verbleibt auch bei der Schule, um eigene Umweltprojekte umzusetzen. Mit einem solchen Wildnislauf hat es bei Antonia Schurig übrigens begonnen. Sie lernte die Stiftung kennen und erfuhr von dem Umweltbotschafterprojekt. Ein Projekt, das nur aller zwei Jahre startet und mit einem anspruchsvollen Auswahlverfahren verbunden ist: Es galt, ein persönliches Wunschprojekt im Bereich Umwelt zu präsentieren, ein Gespräch auf Englisch zu meistern und aus dem Effeff eine berührende Rede vor der Kamera zu halten. Danach folgte der richtig praktische Teil: In einem bestimmten Zeitraum war ein vorgegebener Betrag an Spenden zusammen zu trommeln. Mit Unterstützung ihrer Familie gelang Antonia Schurig auch das. Als frisch ernannte „Umweltbotschafterin 2016“ ging es in den Sommerferien mit anderen Jugendlichen sowie mit Wissenschaftlern für zwei Wochen in den Urwald Westkanadas – auf Expedition. Die Gruppe erstellte mehr als 30 neue Steckbriefe zu Pflanzen und Tieren. Dazu durchstreifte sie die Natur, beobachtete, fotografierte, drehte Videos. Höhepunkt für Antonia Schurig: die Treffen mit den Ureinwohnern. Die First Nations verrieten den Deutschen unter anderem allerhand über die Heilwirkung einzelner Pflanzen. Die fertigen Steckbriefe dienen nun der Wissenschaft als Grundlage. Zudem sind sie Teil einer Wanderausstellung für Schulen.

„Durch diese Erfahrung in Kanada lebe ich bewusster. Ich bin zufriedener geworden“, sagt die Elftklässlerin. „Ich habe eine erfüllende Aufgabe gefunden, bei der ich aktiv etwas für den Schutz der Natur tun kann.“ Darum trägt sich Antonia Schurig mit dem Gedanken, nach dem Abitur ein Freiwilliges Ökologisches Jahr einzulegen – natürlich bei Wilderness International.