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Radeberg und Karussell – das passt

Die Rocklegende aus Leipzig lässt es beim Bierstadtfest krachen – und verrät ein Radeberg-Geheimnis.

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© Thorsten Eckert

Von Jens Fritzsche

Was für ein wunderbarer Abend! So voller Emotionen. Da kletterte Karussell-Sänger Joe Raschke sogar kurzentschlossen an der stählernen Bühnenkonstruktion in luftige Höhe, um wagemutig den begeisterten Chor auf dem rappelvollen Radeberger Marktplatz beim Konzert der Rock-Legende beim Bierstadtfest zu dirigieren. Es passte Sonnabendnacht einfach super: die Leipziger Band Karussell und Radeberg. Oder wie es Joe Raschke nach dreistündigem Konzert euphorisch in die nicht minder begeisterten Massen rief: „Es war saugeil bei Euch in Radeberg!“

Bilder vom Karussell-Konzert in Radeberg

Die Musiker hatten spürbar Spaß am Konzert in Radeberg, allen voran der junge Sänger Joe Raschke – der zudem nicht nur perfekt Keyboard spielt, sondern auch ein sympathischer Entertainer ist. Joe Raschke war es bekanntlich auch gewesen, der 2007 seinen Vater Wolf-Rüdiger Raschke – der hatte 1976 Karussell gegründet – drängte, die fast 13-jährige Nachwende-Band-Pause zu beenden. „Diese Lieder sind zu schade dafür, nicht gesungen zu werden“, ist er überzeugt. Recht hat er! Und so stehen Vater und Sohn nun gemeinsam mit den alten Karussell-Haudegen Reinhard Huth und Hans Graf an den Gitarren sowie der „Jugendfraktion“ Jan Kirsten am Bass und Schlagzeuger Benno Jähnert auf der Bühne. Und das hat dabei überhaupt nichts von „betreutem Rocken“, denn wirklich spürbar alt sind die „Alten“ mitnichten! Und nicht nur diese Alters-Mischung passt, sondern auch der Titel-Mix aus alten Hits und neuen Liedern der CD „loslassen“. Die Band ist nicht im Gestern stehengeblieben, zudem haben viele der großartigen Songs aus DDR-Zeiten mitunter erschreckend wenig an textlicher Aktualität eingebüßt. Wenn zum Beispiel der schwer reiche schottische Schafzüchter Mc Donald im gleichnamigen Lied noch immer wol(l)lüstig sein Geld zählt und darüber die Liebe vergisst, ist das eine Metapher, die heute vielleicht sogar umso gültiger ist…

Kinofilm herausgebracht

Aber natürlich sind es auch die Geschichten rund um diese Lieder, die Musiker und Fans zu erzählen wissen – erst die lassen einen Hit zum Hit werden: Als zum Beispiel das Frühwerk „Bruder Blues“ in dieser Radeberg-Nacht von der Bühne brummt, kam natürlich die Erinnerung an den langjährigen, 2008 verstorbenen Karussell-Sänger Peter „Cäsar“ Gläser hoch. Der hatte ja einst bei der kurz vor der Karussell-Gründung verbotenen Band Renft gespielt und machte dann den Renft-Song „Wer die Rose ehrt“ zum Karussell-Hit. Und „Cäsar“ war es auch, der – schon schwer krank – beim Karussell-Neustart vor fast zehn Jahren zu Joe Raschke als neuem Teil der Band sagte, es passt… Und der den kleinen Joe einst übrigens auch zur Mundharmonika gebracht hatte – auch wenn es dann ein anderer Musiker gewesen war, der den entscheidenden Tipp gegeben hatte: Du musst ziehen, nicht pusten… Nun gut. Wunderbare Geschichten, die Joe Raschke zu erzählen weiß. Und er kennt zudem noch ein „Geheimnis“ – eines, das mit Radeberg zu tun hat. Eines, das er schon vor einigen Wochen bei der ersten Bierstadtfest-Pressekonferenz in der Keller-Bar im Radeberger Kaiserhof gelüftet hatte. Und nun gibt’s auch noch den DVD-Beweis dazu, dass Radeberg und Karussell eine ganz spezielle Verbindung haben, sagt Joe Raschke grinsend. Bandchef Wolf-Rüdiger Raschke räumt nämlich nur dem in Radeberg gebrauten Pilsner einen Platz in seinem heimischen Kühlschrank ein… Jetzt hat die Band mit „Vier Tage auf Hiddensee“ einen abendfüllenden Kinofilm herausgebracht, in dem ist eine Menge Ostseestrand zu sehen, viel Musik zu hören und es wird eben – zum Beweis – auch reichlich Radeberger getrunken, wie Joe Raschke auf der Bierstadtfest-Bühne verrät…

Poetische Texte

Karussell und Radeberg, das passt eben! Und das zeigte sich auch beim Bierstadtfest. Zwischen Knoblauchbrotstand und Moskauer Eis-Bude wippen die Fans mit dem Radeberger-Becher in der Hand – so geht bodenständiger Rock mit ehrlich-erdigen Texten! Oder wie es der Dresdner Kabarettist Uwe Steimle im erwähnten Karussell-Film sagt – in einer Hiddenseer Kneipe beim Bier sitzend, das allerdings kein Radeberger ist: „Kee Gemache, kee Getue, das ist Karussell…“ Dennoch sind sie berührend poetisch, diese Texte. Wie „Fischlein unterm Eis“ – was natürlich an diesem Abend keine Anspielung an die durchaus frostigen Temperaturen ist, sondern einer der ganz großen Hits der Band. Und einer der vielleicht stärksten Texte über die Zerrissenheit der Seelen kurz vorm Ende der DDR – auch dieses Lied brachte den Radeberger Marktplatz zum Singen… Ein wunderbarer Abend. Voller Emotionen.