Merken

Polizei findet Mutter von getötetem Baby

Die 30-Jährige aus dem Raum Meißen hat gestanden und ist in Haft. Ihr Kind bekam sie in Niederau im Auto.

Teilen
Folgen
© Claudia Hübschmann

Von Peter Anderson und Jürgen Müller

Niederau/Meißen/Dresden. Die Mordkommission und die Staatsanwaltschaft Dresden haben die Mutter des am 7. Dezember in Niederau entdeckten toten männlichen Säuglings ausfindig gemacht. Gegen die 30-Jährige aus dem Raum Meißen wird wegen des Verdachts des Totschlages ermittelt. Wie Polizeidirektion und Staatsanwaltschaft am Mittwoch mitteilten, wurde die Frau am Dienstag einem Ermittlungsrichter am Amtsgericht Dresden vorgeführt, welcher einen Haftbefehl erließ und in Vollzug setzte.

In den vergangenen Wochen stand für die Polizei nach eigenen Angaben die Arbeit im Umfeld des Fundortes im Vordergrund. Dabei befragten die Ermittler rund 350 Personen. Zudem gaben 20 Frauen freiwillig DNA-Proben ab.

37 Hinweise gingen zu dem Fall bei der Dresdner Polizei ein. Einer führte schließlich zu der jetzt verhafteten 30-Jährigen. Nach weiteren Ermittlungen erwirkte die Staatsanwaltschaft Dresden am Amtsgericht Meißen einen Beschluss zur Entnahme einer DNA-Probe der Frau. Das Ergebnis stimmte mit der DNA-Spur der leiblichen Mutter überein. Ermittler nahmen die Frau daraufhin am Dienstag vorläufig fest. In ihrer Vernehmung legte sie ein Geständnis ab. Sie bestätigte dabei, dass der Fundort nicht der Geburtsort war. Die 30-Jährige hatte das Kind in ihrem Auto, unweit vom späteren Fundort, lebend zur Welt gebracht. Unversorgt soll sie das Kind in Handtücher gewickelt und unmittelbar nach der Geburt in Niederau abgelegt haben. Weshalb sie den kleinen Jungen aussetzte, teilte die Polizei nicht mit.

Entdeckt wurde die Baby-Leiche durch einen Zufall in der Nähe eines mit Betonsteinen zugeschütteten Gestrüpps an der Niederauer Kirchstraße. Der Lehrling einer örtlichen Agrargenossenschaft hatte nach seiner Mittagspause einen Zaun reparieren wollen. Dabei machte er den furchtbaren Fund. Sofort wurde die Polizei benachrichtigt. Suchhunde und ein Hubschrauber kamen zum Einsatz, um der flüchtigen Mutter habhaft zu werden. Als dies zu keinem Erfolg führte, wandten sich die Beamten mit einem Fahndungsaufruf an die Öffentlichkeit. Kurze Zeit später veröffentlichte die Polizei zudem Fotos eines Badetuchs und eines Frotteebadetuchs, in welche der Säugling gewickelt worden war.

Niederaus Bürgermeister Steffen Sang (parteilos) ist froh, dass die Täterin jetzt bekannt ist. „Die Polizei hat eine umfangreiche und sehr gute Arbeit geleistet“, sagt er. Dennoch werde es nun noch einmal einen Aufruhr in der Gemeinde geben. „Das Unverständnis bleibt“, sagt er. Ein ähnlicher Fall ereignete sich 2003 in Riesa. Eine damals 29-Jährige hatte ihr Neugeborenes in ihrer Wohnung getötet und die Leiche in einem Schminkkoffer am Stadtrand abgestellt. Sie wurde vom Landgericht Dresden wegen Totschlags im minderschweren Fall zu einer Haftstrafe von drei Jahren und neun Monaten verurteilt. Verteidigt hatte sie der Meißner Rechtsanwalt Dr. Andreas Maier. „Die Sache hat mich damals schwer mitgenommen. Einerseits muss ich für meine Mandantin eintreten, andererseits bin ich selbst Vater von zwei Kindern, kann diese Tat nicht nachvollziehen“, sagt er. Besonders die Gründe für die Kindstötung konnte der Anwalt nicht verstehen. Die Frau habe in Ruhe zu Ende studieren und ihren Freund nicht verlieren wollen und habe Angst gehabt, ihre befristete Stelle als Assistentin der Geschäftsführung einer städtischen Tochterfirma zu verlieren. Die Frau hatte das Kind über einem Toilettenbecken entbunden und mit der Hand mehrfach gegen den Schädel gedrückt.

Die Festnahme im Fall des Babys von Niederau ist der zweite Fahndungserfolg bei einer Kindstötung innerhalb kürzester Zeit für die sächsische Polizei. Im Dresdner Stadtteil Bühlau war in der Silvesternacht ein drei Wochen alter Junge offenbar durch Körperverletzung ums Leben gekommen. Polizei und Staatsanwaltschaft teilten am Dienstag mit, dass die 23-jährige Mutter in der vergangenen Woche festgenommen wurde und seither in Untersuchungshaft sitzt. Zunächst waren die Ermittler von einem plötzlichen Kindstod ausgegangen. Die Mutter hatte in der Nacht den Notruf gewählt und angegeben, ihr Kind habe Probleme bei der Atmung. Eine Obduktion des Babys ergab schließlich den Verdacht auf Gewalteinwirkung. Die Mutter habe die Tat inzwischen eingeräumt, so die Staatsanwaltschaft.