Merken

Öhringer besichtigen Baustellen

Zwei Tage waren Vertreter aus der Partnerstadt zu Besuch. Beide Bauämter konsultieren sich regelmäßig.

Teilen
Folgen
© Klaus-Dieter Brühl

Von Jörg Richter

Großenhain. Beim Blick auf die Bahnbaustelle an der Großraschützer Straße kommen die Öhringer aus dem Staunen nicht heraus. So eine große Baustelle haben sie in ihrer Stadt lange nicht mehr gesehen. Überall entlang des Bahndammes wird gewuselt. Kräne drehen sich und heben Baumaterial in die Höhe; riesige, senkrechte Erdbohrer stehen für ihren nächsten Einsatz bereit; die Schalung für das erste Brückenteil über den Röderneugraben ist fast fertig.

Das weckt Erinnerungen bei den Gästen aus der Großenhainer Partnerstadt. Vor 17 Jahren wurde die Hohenlohebahn, die durch Öhringen verläuft, elektrifiziert. Und ein paar Jahre später wurde der dortige Bahnhof zum Hauptbahnhof hochgestuft, obwohl Öhringen gerademal 24 000 Einwohner hat. „Wir sind in Deutschland die einzige Stadt dieser Größe, die einen Hauptbahnhof hat“, sagt Manfred Goldbaum vom Öhringer Tiefbauamt schmunzelnd. Das war es aber leider schon in Sachen Schienenverkehr. Erst im letzten Jahr wurde bekannt, dass der weitere Ausbau der Hohenlohebahn von Öhringen bis Hessental im Bundesverkehrswegeplan 2030 lediglich im „potenziellen Bedarf“ aufgenommen wurde.

Auch der Besuch der Sportstätten im Husarenpark hat die Gäste aus dem Nordosten Baden-Württembergs beeindruckt. „Sie sind sehr viel moderner als bei uns“, sagt Klaus Schalinski, der ebenfalls im Öhringer Tiefbauamt arbeitet. Das dortige Stadion stamme aus den 1980er Jahren und wurde zuletzt 2006 grunderneuert. Allerdings aus einem sehr populären Anlass. „Bei der damaligen Fußball-Weltmeisterschaft in Deutschland waren wir der Trainingsstützpunkt der Australier“, erinnert sich Goldbaum nicht ohne Stolz. Doch im nächsten Augenblick zollt er den Gastgebern Respekt: „Großenhain entwickelt sich ständig weiter.“

Er sieht nicht nur Unterschiede, sondern zieht vor allem Parallelen. Beide Städte sind etwa gleich groß. Auch die Bauweisen in Öhringen und Großenhain würden sich ähneln. Die Innenstädte sind durch den klassizistischen Baustil um 1800 geprägt. Beide Städte waren bereits Gastgeber einer Landesgartenschau: Großenhain 2002 und Öhringen erst im vergangenen Jahr. Und auch verkehrspolitisch können die Mitarbeiter beider Stadtbauämter Erfahrungen austauschen. Die starkbefahrene Autobahn A6 bei Öhringen ist ebenso in den neuen Bundesverkehrswegeplan aufgenommen worden wie die Ortsumgehung Wildenhain. Es gibt also genug Redestoff zwischen den Baufachleuten beider Städte.

Mitarbeiter des Öhringer Bauamtes waren zum letzten Mal vor drei Jahren in Großenhain zu Gast. „Der Erfahrungsaustausch zwischen den Bauämtern ist sicherlich am intensivsten“, sagt Goldbaum. „Das liegt wohl auch daran, dass unsere beiden Chefs gut miteinander können.“

Das dementiert Großenhains Bauamtsleiter Tilo Hönicke nicht. Seit Juni 1990 gebe es Kontakte zu den Kollegen aus Öhringen. Und er und der dortige Stadtbaumeister Reiner Bremm waren von Anfang an dabei. „Dass sich im Laufe der Jahre eine Freundschaft entwickelt hat, ist ein angenehmer Nebeneffekt“, sagt Hönicke. Er betont aber sofort, dass es sich in erster Linie um einen Arbeitsbesuch handelt. Bauleitplanungen und Stadtentwicklung würden Dauerthemen des Erfahrungsaustausches sein. „Wir müssen das Rad ja nicht neu erfinden, wenn wir von den Erfahrungen der Öhringer profitieren können“, so Hönicke.

Auch die Handballer kommen

Durchschnittlich einmal im Jahr besuchen sich Delegationen abwechselnd. In diesem Jahr in Großenhain, im nächsten wieder in Öhringen. Regen Austausch gebe es auch zwischen beiden Oberbürgermeistern, den Personalräten, Schulen und Vereinen. Kaum hat sich die fünfköpfige Bauamtstruppe aus Öhringen am Freitagmittag in Großenhain verabschiedet, sind die nächsten Öhringer schon hierher unterwegs. Die Altherren-Handballer der TSG Öhringen sind an diesem Wochenende bei ihren Freunden des HC Großenhain zu Besuch. Gemeinsam wollen sie sich am Sonnabend die Festung Königstein ansehen. Hönicke freut es: „Das ist gelebte Partnerschaft.“