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„Nicolaner“ bleibt in der Familie

Ehefrau und Sohn des bisherigen Geschäftsführers führen das Landhotel weiter. An anderen Angeboten hat es nicht gefehlt.

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© André Braun

Von Frank Korn

Obergoseln. Das Landhotel „Zum Nicolaner“ mit dem Gästehaus und allem Drum und Dran geht an die Familie. So drückt Wolfram Nicolai einen Fakt aus, der keineswegs selbstverständlich ist. Anfang September 2016 hatte Nicolai als Geschäftsführer der Betreibergesellschaft des Hotels und Restaurants „Zum Nicolaner“ in Obergoseln beim Amtsgericht Chemnitz einen Insolvenzantrag gestellt. Als Grund für die Zahlungsunfähigkeit gab der Verwalter das Zerwürfnis mit einem Darlehensgeber an. Das seit 23 Jahren bestehende Hotel und Restaurant wurde nie geschlossen. Immer wieder äußerte Matthias Meindel, der von der Chemnitzer Kanzlei Flöther & Wissing für die Insolvenzverwaltung und Aufrechterhaltung des Geschäftsbetriebes eingesetzt worden war, die Hoffnung, das Objekt bald verkaufen zu können.

Dieser Verkauf ist nun vonstattengegangen. Am Montag haben Uta Tegeder, die Partnerin von Wolfram Nicolai, und ihr Sohn Benjamin, den Vertrag beim Notar unterschrieben. „Ich werde höchstens noch aus dem Hintergrund meinen Senf dazu geben, ansonsten helfe ich in der Küche beim Abwasch“, sagt Nicolai mit einem Augenzwinkern. Das Gut gehöre seit 1913 der Familie Nicolai. „Mein Vater ist hier geboren, und ich auch“, blickt Wolfram Nicolai zurück. Im Jahr 1994 sei das Landhotel „Zum Nicolaner“ gegründet worden. „In den 23 Jahren des Bestehens haben wir uns etabliert, auch wenn wir nicht jeden modernen Trend mitgemacht haben“, sagt Nicolai.

Die Zeit der Insolvenz sei nervenaufreibend gewesen. Zwar habe es Kaufinteressenten gegeben, doch seien darunter auch „Luftikusse“ gewesen, wie es Insolvenzverwalter Matthias Meindel ausdrückt. Wolfram Nicolai kam schließlich mit der Frage, ob das Hotel und Restaurant denn nicht in der Familie bleiben könne. „Wir haben dann so lange daran gearbeitet, bis es passte“, so Nicolai. Er dankt besonders Rechtsanwalt Tobias Hohmann. „Es hat ihm bestimmt Bauchschmerzen bereitet, weil die Zahl der Mitarbeiter von zwölf auf fünf gesunken war“, sagt Nicolai. Es habe einer großen Portion Optimismus und der Motivation der Mitarbeiter bedurft, diesen Schritt dennoch zu vollziehen.

Inzwischen sind wieder zehn Mitarbeiter im Unternehmen beschäftigt. „Die Umsätze sind nicht überwältigend hoch, aber wir können davon leben und in Zukunft auch investieren“, sagt Nicolai. Zunächst habe es für das „Familienmodell“ auch die Finanzierungszusage einer Bank gegeben. Diese wurde jedoch später zurückgezogen. „Wir haben dann im Bekannten- und Verwandtenkreis nach Geldgebern gesucht und diese auch gefunden.“

Die Mitarbeiter sehen wieder eine Zukunft. Einige hatten das Unternehmen nach Einreichen des Insolvenzantrags verlassen. Doch es gibt auch Rückkehrer. So wie Kerstin Teichmann. Sie hatte bereits 20 Jahre im „Nicolaner“ gearbeitet. Nach einem Jahr in einem anderen Hotel in der Region kehrte sie im November des vergangenen Jahres wieder zurück. „Der Kontakt ist eigentlich nie abgebrochen. Als ich gefragt wurde, ob ich mir vorstellen könnte, wieder zurückzukommen, musste ich nicht lange überlegen“, sagt Kerstin Teichmann. Sie habe die Entwicklung im „Nicolaner“ stets verfolgt und sei nun froh, wieder Teil des Teams zu sein. „Sicher ist noch nicht alles perfekt, aber wir ziehen alle an einem Strang“, so die Servicekraft. Über die Weihnachtsfeiertage sei das Restaurant stets ausgebucht gewesen, und auch das Hotel sei ständig gefragt.

Die Philosophie und der Charakter sollen erhalten bleiben. Das heißt, es soll die gutbürgerliche Küche mit hohem Niveau, einem guten Service in ländlicher Idylle, kombiniert mit dem Landhotel weiterhin geben. Geschäftsleute würden gern im Hotel übernachten, weil das Preis-Leistungsverhältnis und der Service stimmen. Das soll auch künftig so bleiben, sagt Meindel. „Natürlich muss an gewissen Stellschrauben gedreht werden, damit das Geschäft wieder floriert“, so der Insolvenzverwalter.

Diese Stellschrauben sieht Uta Tegeder unter anderem in besonderen Angeboten für die Gäste. Sie kann sich zum Beispiel einen afrikanischen Abend vorstellen. Die 55-Jährige stammt aus Johannesburg in Südafrika. Entsprechend könne man auch bei ausländischen Gästen punkten, weil die Verständigung auf Englisch, Französisch und sogar Afrikaans kein Problem ist.

Die neuen Inhaber wollen aber auch in das Hotel investieren. Damit ist vor allem Renovierung, aber auch Modernisierung gemeint. Seit fünf Jahren sei in dieser Hinsicht nichts mehr gemacht worden. „Wir wollen nach und nach die Bäder erneuern. Die sind nun 23 Jahre alt. Sie funktionieren noch, sind aber nicht mehr schön“, sagt Uta Tegeder. Rechtsanwalt Tobias Hohmann sagt, dass aus der Sanierung praktisch eine Unternehmensnachfolge geworden sei. „Diese Situation war nicht unbedingt beabsichtigt, und sie stellt ein hohes Wagnis dar. Dennoch hat der Nicolaner eine Zukunft“, so Hohmann.