Merken

Neubau-Gegner melden sich zu Wort

Die Eigenheim-Pläne für eine Wiese im Görlitzer Stadtteil Rauschwalde stoßen auf Interesse wie Protest. Der Pfarrer hat ein neues Argument.

Teilen
Folgen
© Pawel Sosnowski

Von Susanne Sodan

Görlitz. Einkaufen, Lernen, Beten, Sport: Am Elsternweg ist alles um die Ecke. „Die Infrastruktur ist super für die Anwohner“, sagt Torsten Launer. Der Supermarkt ist fußläufig zu erreichen, die Sporthalle auch, ein Kindergarten ist in der Nähe. Es wäre wahrscheinlich nicht so gerne gesehen, aber in die Kirche und in die Oberschule Rauschwalde könnte man vom Elsternweg aus auch in Hausschuhen gehen. Und wer doch lieber weg will, die nächste Bushaltestelle ist auch nicht weit. „Eine solche Umgebung wünschen sich viele Familien zum Wohnen“, sagt Torsten Launer. Für drei Familien würde er den Wunsch gerne wahr werden und am Elsternweg drei Eigenheime bauen lassen. Dort liegt eine Wiese, ein Teil davon gehört der Launer & Drechsel GbR. Die Interessenten sind schon da. „Sonst hätten wir mit dem Projekt nicht angefangen.“ Es sind aber auch die ersten Widersprüche gegen eine Bebauung der Wiese am Elsternweg bei der Stadt eingegangen. Bei der SZ auch.

Angst um die Grüne Lunge

Eine Bürgerin appelliert an das Umwelt-Gewissen von Oberbürgermeister Siegfried Deinege. „Auch Ihnen dürfte nicht entgangen sein, wie weit das Insektensterben auch in unserer Stadt fortgeschritten ist“, schreibt sie. „Wie kann man in Anbetracht dieser Situation auch nur in Erwägung ziehen, eine Streuobst-Wiese bauen zu lassen?“ Für Einwände wie dieser ist die frühzeitige Öffentlichkeitsbeteiligung da. Das ist der aktuelle Stand beim Elsternweg: Nachdem die Launer & Drechsel GbR einen Antrag auf Bebauung gestellt hat, fasste der Stadtrat Anfang des Jahres einen Beschluss für die Aufstellung eines Bebauungsplans zur Entwicklung von drei Eigenheimgrundstücken. Die ersten Planungen liegen derzeit bei der Stadtverwaltung an der Hugo-Keller-Straße aus. Jeder Bürger kann Einsicht nehmen – und seine Meinung äußern, noch bis zum 18. Mai.

Das hat Daniel Wald schon getan. „Ich bin gebürtig aus Görlitz“, erzählt er. Auch wenn er jetzt nicht mehr in der Stadt wohnt, kennt er die Rauschwalder Wiese gut. Schon oft war sie das Ziel für einen Fahrrad-Ausflug mit der Familie. Er argumentiert in seinem Widerspruch: Laut Stadtentwicklungskonzept 2012 sei die Wiese als Klimagebiet zur Frischluftversorgung vorgesehen. „Die Stadt soll es auch so belassen, wie sie es einst festgelegt hat.“ Daniel Wald hat noch eine andere Befürchtung: Wenn man jetzt drei Einfamilienhäuser zulässt, werden es dann irgendwann vielleicht doch mehr? Ähnlich argumentiert eine Rauschwalderin: „Diese Wiese gehört in das Klimakonzept der Stadt und versorgt die Stadt mit frischer Luft“, schreibt Elke Schmidt. Sie wolle nicht, dass die „letzte Grüne Lunge“ in Rauschwalde versiegelt wird. Zumal die Siedlung in den vergangenen Jahren bereits Freifläche verloren habe. Zuletzt hatte vor mehreren Jahren der Bauinvestor Ronny Otto drei Häuser für Mehrgenerationenwohnen am Diesterwegplatz bauen lassen. Damals gab es Auseinandersetzungen wegen der Zahl der Wohnungen. Jetzt würden noch Garagen dazukommen, schreibt Elke Schmidt.

Erdmann Wittig, Pfarrer der Evangelischen Christusgemeinde in Rauschwalde, ist derweil ein wenig verwundert. „Ich hatte gedacht, wir werden als Träger öffentlicher Belange angehört“, erzählt er. Das sei bei früheren Bauvorhaben in der Nähe auch so gewesen. „Vielleicht kommt das ja noch.“ Wie der Kirchenrat zu den Plänen am Elsternweg Stellung nehmen würde, kann er nicht sagen, weil es noch keine Debatte dazu gab. Als Privatperson sieht Wittig das Bauvorhaben aber skeptisch. Die Wiese am Elsternweg gehöre zum Ortsbild dazu. Ein Stück Natur, das erhaltenswert sei, findet er. Und bringt ein ganz neues Argument vor. „Die Kirche musste 1937/38 einen Luftschutzkeller anlegen“, erzählt er. Bis heute gebe es immer wieder Probleme mit Feuchtigkeit im Keller. „Ich habe das auch schon von anderen Anwohnern gehört.“ Die Kirche hat sogar mal ein Bodengrundgutachten erstellen lassen. Das Ergebnis: Wasserwege im Boden. „Über die speist sich zum Beispiel der Teich am Carolus-Krankenhaus“, erzählt Erdmann Wittig. Deshalb fragt er sich, ob es praktisch ist, hier noch weitere Häuer zu bauen.

Ein Großteil der Natur soll bleiben

Es sollen lediglich drei Häuser werden, ein- oder maximal zweistöckig, sagt Torsten Launer. „Sie sollen straßenbegleitend entstehen“, erklärt er. Dahinter wäre weiter Platz für die Natur. Ein großer Grünbereich bleibe erhalten, „der Umweltschutz achtet darauf auch sehr“, sagt Launer. Im Vergleich zu dem, was Anfang der 90er-Jahre mal geplant war – mehrstöckige und großflächigere Bebauung – sei sein Vorhaben eine Minimalvariante. Er sagt auch: Wer jetzt Anwohner ist, hat auch irgendwann gebaut oder zumindest renoviert – und sich über die Möglichkeit gefreut. Und: „Wenn wir hier Familien haben, die in Görlitz einen Arbeitsplatz gefunden haben, müssen wir ihnen auch was bieten.“