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Nach den Waschbären kommen die Wildschweine

Immer häufiger leben Wildtiere in der Stadt. Die hält bereit, was im Wald schwer zu finden ist.

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© dpa

Von Julia Vollmer

Gummibärchen und Nutellabrot – das funktioniert besonders gut. City-Trapper Thomas Schröder krabbelt in eine Tierfalle hinein und versteckt die Leckerlis. Dann heißt es warten, bis sich ein Waschbär vom süßen Duft anlocken lässt und die Falle zuschnappt. Schon 45 Tiere fing er diesen Sommer mit der Methode, im ganzen letzten Jahr waren es nur vier. Seine Kunden rufen ihn an, wenn die Tiere die Gärten vollkommen umgegraben haben. „Handgroße Grasbüschel reißen sie aus dem Rasen oder buddeln ganze Beete um“, sagt der City-Jäger.

130 Waschbären liefen den Jägern von Sachsenforst in Dresden im laufenden Jagdjahr schon vor die Flinte, im Kreis Meißen waren es sogar rund 1 860. Gegen die Plage gibt es derzeit nur eine Chance: die Jagd. Doch das Personal fehlt. Von den rund 600 Jägern mit Jagdschein üben nur die wenigsten ihr Geschäft wirklich aus, so die Stadt. Dem Straßenverkehr fallen kaum Tiere zum Opfer. Sie sind sehr schnell und schlau, sie laufen selten vor ein Auto. Keinen einzigen überfahrenen Bären meldet Sachsenforst für dieses Jahr, 2015 war es nur einer. Wenn doch mal ein Unfall passiert, muss er der Polizei gemeldet werden, heißt es vom Ordnungsamt. Schon allein, um den Schaden der Versicherung melden zu können. Für die Entsorgung eines überfahrenen Tieres sind in erster Linie sogenannte Jagdpächter zuständig.

Dresden ist in 24 Bezirke aufgeteilt, jeder hat seinen eigenen Jäger. Nur wenn diese nicht greifbar sind, rücken die Kameraden von der Feuerwehr an. Allein in der letzten Woche wurden diese zu 23 Tier-Einsätzen gerufen, viermal davon wurde ein Tier überfahren. Allerdings waren das keine toten Waschbären, sondern Wildschweine, die mitten in der Stadt unterwegs waren. Zahlen für das ganze Jahr 2016 liegen der Feuerwehr noch nicht vor. Finden die Kameraden ein überfahrenes Wildtier, bringen sie es zum nächsten Tierheim. Die dortigen Mitarbeiter kümmern sich um die Entsorgung.

Nicht nur die Waschbären erobern immer weiter die Stadt, sondern auch andere wilde Tiere. Füchse und Wildschweine machen sich breit. Rund 1 500 Füchse treiben sich in der City herum, schätzt City-Trapper Thomas Schröder. Hunderte mehr als noch vor wenigen Jahren. Sie kommen in die Nähe der Menschen, da ihnen im Wald das Futter ausgeht, beobachtet Hubertus Birka von der Oberen Jagdbehörde des Sachsenforst. Ihre Beutetiere – Mäuse und Eichhörnchen – gibt es weniger, so gehen die Füchse in der Stadt auf Nahrungssuche. Mülltonnen, Komposthaufen und Vogelnester ziehen sie an.

Die Tiere haben außerdem die gleiche Vorliebe für Milch und Katzen-Leckerlis wie die Waschbären. Je mehr die Katzenbesitzer für ihre Haustiere vor die Tür stellen, desto häufiger locken sie damit die Wildtiere an. Und das kann gerade bei Füchsen richtig gefährlich werden: Sie übertragen nicht nur Tollwut, sondern auch den Fuchsbandwurm. Über den Kot der Tiere auf ungewaschenem Obst wie Erdbeeren kann sich der Mensch anstecken und im schlimmsten Fall daran sterben.

Wildschweine folgen den Füchsen immer öfter auf dem Weg aus dem Wald heraus. Sie finden weniger Beute und suchen Alternativen. Das Schwarzwild hat es besonders auf Maisfelder und Komposthaufen abgesehen. Die Tiere sind Allesfresser und genauso anpassungsfähig wie die Waschbären. Schon 40 Wildschweine hat City-Trapper Thomas Schröder in diesem Jahr erschossen. Alle mitten in der Stadt. Kunden haben ihn gerufen, wenn ihnen eine Horde den Garten zertrampelt oder die Mülltonnen umgekippt hat. Was dagegen hilft? Stabile Zäune, sagt Thomas Schröder.