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Muss die Mona Lisa unters Messer?

Ob die berühmte Dame auf dem Gemälde unter der Basedow- Krankheit litt? Antwort auf diese und andere Fragen gab das Gesundheitsforum der SZ.

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© Carmen Schumann

Von Carmen Schumann

Bautzen. Die Mona Lisa gilt gemeinhin als das Sinnbild für geheimnisvolle Schönheit. Mediziner betrachten die Dame jedoch unter einem ganz anderen Blickwinkel. So kommt es, dass das berühmte Bildnis von Leonardo da Vinci eine Rolle beim jüngsten SZ-Gesundheitsforum spielte. „Die Mona Lisa hat hervortretende Augäpfel und aufgedunsene Finger – das sind typische Symptome der Basedowschen Krankheit“, sagte Oberärztin Katrin Stange in ihrem Vortrag beim Gesundheitsforum am Donnerstag, bei dem sich alles um das Thema Schilddrüse drehte. Die Schilddrüse wird bei der Basedowschen Krankheit durch körpereigene Antikörper übermäßig stark stimuliert. Das hat zur Folge, dass das Organ zu viele Hormone ins Blut ausschüttet. Es kommt zu einer Schilddrüsenüberfunktion, die Beschwerden verursacht.

Katrin Stange, Oberärztin am Bautzener Krankenhaus, ist prädestiniert, über dieses Thema zu sprechen, denn erstens beschäftigt sie sich als Endokrinologin mit den im Körper zirkulierenden Hormonen und zweitens hat sie selbst bereits eine Schilddrüsen-OP hinter sich und kann daher aus persönlicher Erfahrung sprechen. Wird die Basedowsche Krankheit nicht behandelt, können beispielsweise die Augen derart in Mitleidenschaft gezogen werden, dass die Krankheit bis zur Erblindung führen kann. Medikamente können die Überfunktion stoppen, sie sollten aber nicht länger als ein Jahr eingenommen werden.

Katrin Stange stellte auch noch die andere Variante der Schilddrüsen-Überfunktion dar, nämlich die, bei der keine Antikörper im Spiel sind. Ursache der Überfunktion sind heiße oder kalte Knoten. Obwohl auch hier eine medikamentöse Therapie möglich ist, raten sowohl Katrin Stange als auch Chefarzt Dr. Ulrich Keßler in beiden Fällen zu einer Operation. Denn es bestehe immer eine Rückfallgefahr. Bei einer Unterfunktion der Schilddrüse müsse in der Regel nicht operiert werden.

Als Praktiker, der die Schilddrüsen-Operationen übernimmt, schilderte Dr. Ulrich Keßler anschaulich, wie eine solche Operation vonstatten geht. Er unternahm sogar einen kleinen historischen Exkurs und berichtete, dass man sich bereits im Mittelalter daran versucht hatte, den durch die Schilddrüsen-Überfunktion entstandenen Kropf aus dem Hals herauszuziehen – eine Prozedur, die damals keiner überlebte, wie er sagte. Inzwischen hat man viele Erfahrungen mit der Schilddrüsen-Operation gesammelt. Sie verlaufe heute wesentlich blutungsärmer, und der Schnitt, der früher von Ohr zu Ohr gegangen sei, ist heute viel kleiner. In Deutschland würden heute pro Jahr rund 120 000 Schilddrüsen-Operationen vorgenommen. In Bautzen sind es 140. Von Erkrankungen der Schilddrüse sei in irgendeiner Form ungefähr die Hälfte aller Erwachsenen betroffen, und zwar Männer und Frauen gleichermaßen.

Während man in zurückliegenden Jahrzehnten geneigt war, die Schilddrüse nur teilweise zu entfernen, halte man es heute für günstiger, sie radikal herauszuoperieren. Denn, so Ulrich Keßler: „Der hintere Teil neigt dazu, neue Knoten zu bilden.“ Deshalb sei es unvernünftig, einen Rest drin zu belassen. Auf Nachfrage aus dem Publikum sagte der Chefarzt, dass eine Schilddrüsen-Überfunktion auch das Osteoporose-Risiko des Patienten erhöhe. Auf eine OP im Bautzener Krankenhaus müsse man in der Regel drei bis vier Wochen warten. Der Patient wird danach etwa zwei Wochen krankgeschrieben.