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Musikbegeisterte feiern

Das Döbelner Kammerorchester feiert seinen 60. Jahrestag. Die Mitgliederzahl entwickelt sich entgegen dem Publikumsinteresse.

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© André Braun

Von Jens Hoyer

Döbeln. „Collegium musicum“, so hieß ein Laienorchester, dessen Anfänge bis ins Jahr 1927 zurückreichen. Der damals noch junge Augenarzt Dr. Albrecht Handmann spielte da schon leidenschaftlich gern Cello. Handmann, der in seiner Villa an der Bertholdstraße eine unerschöpfliche Notensammlung aufbewahrte, war auch einer der Musikbegeisterten, die sich unter dem Namen Döbelner Kammerorchester vor 60 Jahren zum ersten Mal trafen. „Er hatte sein Cello überall dabei“, sagte Gottfried Steuer, der heute Vorsitzender der Kammermusikvereinigung Döbeln ist. Ein weiterer Gründer war Heinz Opitz, Musiklehrer an der Lessing-Schule und Leiter des Stadtsingechors. Max Haas, auch ein Mann der ersten Stunde, arbeitete als Konzertmeister am Stadttheater und als Lehrer an der Musikschule. Steuer hat bei ihm Geige spielen gelernt. „Das Größte war, wenn man mal zu ihm nach Hause eingeladen wurde. Er hatte eine riesige Eisenbahnanlage“, erzählte Steuer. Am 11. März 1957 gab das Döbelner Kammerorchester sein erstes Konzert. Von den Gründern lebt keiner mehr. Aber die Musikvereinigung gibt es bis heute. Am Sonntag geben die Musiker ein Jubiläumskonzert.

Heinz Opitz leitete damals auch das Orchester der Lessing-Schule. Die Grenzen zwischen den beiden Laienorchestern waren deshalb fließend. Nach ihm kamen noch viele musikalische Leiter, von denen einer heraussticht: Horst Becker prägte das Orchester mit Unterbrechung 24 Jahre lang bis 2009. „Er hat auch moderne Musik herausgesucht und selbst komponiert“, so Gottfried Steuer. Heute lebe Becker hochbetagt in einem Pflegeheim in Leipzig. Derzeit wird das Orchester von Holger Schmidt geleitet.

In der DDR wurde das Orchester vom Kreiskulturhaus finanziert. Auftritte gab es im ganzen Land. „Wir waren auch bei den Arbeiterfestspielen 1984 in Saalfeld und 1988 in Eisenhüttenstadt“, erzählte Steuer. Seit 1992 ist die Kammermusikvereinigung ein eingetragener Verein. 15 Mitglieder hat das Laienorchester derzeit, fast alle Streicher. „Alle anderen Musiker laden wir ein“, sagte Steuer. Finanziell wird der Verein vom Kulturraum Erzgebirge-Mittelsachsen unterstützt, logistisch von der Stadt Döbeln. „Die Stadtverwaltung verschickt unsere Einladungen“, so Steuer.

Mit 72 Jahren ist Gottfried Steuer der älteste Musiker des Ensembles, die jüngsten sind um die 40 Jahre alt, sagt er. Beim Nachwuchs klemmt es – an der Musikschule werden nicht viele Streicher ausgebildet, sagte Steuer. Dem völlig entgegen hat sich das Publikumsinteresse entwickelt. Zu jedem Konzert kommen 150 bis 200 Leute, Zu Weihnachten auch mehr, sagte Orchestervorstand Johannes Beyer (61). Der Saal des Rathauses ist mittlerweile zu klein. Mit der Jacobikirche hat das Orchester einen großen Konzertsaal gefunden.

Dort war am Montag eine Probe für das Jubiläumskonzert. Etwa zehn gehen einem Konzert voraus, sagte Steuer. Meist nur einmal kann mit den Gastmusikern geübt werden. Diesmal hat sich das Orchester fünf für das Konzert eingeladen, viele haben Beziehungen zu Döbeln. Uta Schreiber und Hartmut Becker sind die Kinder des ehemaligen Leiters Horst Becker.

Jubiläumskonzert des Kammerorchesters Döbeln am Sonntag um 17 Uhr in der Jacobikirche mit Musik von Händel, Bach, Schmitt und Vivaldi. Solisten sind Ulrike Wächtler, Andrea Dittrich, Barbara Schreiber und Barbara Große (alle Violine), Karl Heinz Weigel (Oboe) und Hartmut Becker (Violoncello).