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Mitdenken erwünscht

Software-Spezialisten aus dem Vogtland versuchen, die Verbreitung von Fake News zu erklären. Ihre eindringliche Botschaft lautet: Wir brauchen mehr Medienkompetenz.

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© Kostas Koufogiorgo/tooonpool.com

Von Ines Mallek-Klein

Twitter nutzt er längst nicht mehr. Mit StudiVZ konnte er nie etwas anfangen und Facebook-Einträge zu lesen, ist für ihn glatte Zeitverschwendung.

Der Leiter IT, Michael Saalfrank.
Der Leiter IT, Michael Saalfrank. © GK Software AG

Michael Saalfrank ist der Leiter IT bei der GK Software AG aus Schöneck im sächsischen Vogtland. Das Unternehmen ist börsennotiert, wurde 1990 gegründet und baut erfolgreich Software für den Einzel- und Filialhandel. Darüber hinaus verfolgen Mitarbeiter wie Michael Saalfrank auch eine Mission. Sie möchten aktuelle Themen rund um das Internet mit Fakten untermauern. Nach dem Darknet widmen sich die Fachleute nun den Fake News. Das Phänomen ist nicht ganz neu. Falschmeldungen gab es schon immer. Doch seit ein, zwei Jahren explodiert ihre Zahl. Sie verbreiten sich viral – vorzugsweise über soziale Medien – und schaffen es von dort nicht selten auch in Zeitung oder Fernsehen.

Der Wahrheitsgehalt der Fake News ist völlig irrelevant, sagt Michael Saalfrank. Fake News können komplett frei erfundene Inhalte haben, teilweise werden Fakten aber auch aus dem Zusammenhang gerissen oder bestimmte Teile einer Nachricht bewusst weggelassen. „Hauptsache, die Nachricht ist reißerisch und erreicht entsprechend viele Menschen“, so Michael Saalfrank. Auch wenn die Zahl der Studien zu Fake News noch sehr überschaubar ist, eines zeichnet sich schon jetzt ab: 90 bis 95 Prozent der Falschmeldungen entstehen nicht vor dem Hintergrund politischer Einflussnahme, sondern aus rein wirtschaftlichen Gründen. Werbebanner werden über sogenannte Werbenetzwerke automatisiert verkauft. Um mit der Werbung Umsätze zu generieren, müssen viele Klicks registriert werden – und das gelingt am besten in einem Umfeld reißerischer News, erklärt Michael Saalfrank. Den Nutzern ist der Wahrheitsgehalt völlig egal, das bestätigt auch eine Untersuchung der Stanford Universität. Danach können 82 Prozent der Jugendlichen echte Nachrichten nicht von gesponsertem Content unterscheiden. Gerade auf Facebook wird eifrig gelikt und geteilt, oft, ohne die ganze Nachricht überhaupt gelesen zu haben, ganz zu schweigen von der Kenntnis über deren Quelle.

Zur Firmengeschichte

Die GK Software AG ist eine börsennotierte Technologie-Firma mit Hauptsitz in Schöneck/Vogtland. Das Unternehmen ist spezialisiert auf Software-Lösungen und Services für den Betrieb der Filialen großer Einzelhandelsunternehmen.

Weltweit sind 840 Mitarbeiter beschäftigt. Der Name steht für die Initialen der beiden Gründer Rainer Gläß und Stephan Kronmüller. GK Software erzielte 2015 62,6 Mio. Euro Umsatz und ist in Deutschland, den USA, Russland, Südafrika, der Schweiz, der Ukraine und der Tschechischen Republik vertreten.

Die Firma vertreibt ihre Produkte unter dem Namen GK/Retail Business Suite.

2010 wurde der Vorstandsvorsitzende Rainer Gläß von Ernst & Young mit dem Unternehmerpreis „Entrepreneur des Jahres“ ausgezeichnet.

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Und eines steht heute schon fest, die Zahl der Fake News wird weiter wachsen, davon ist Michael Saalfrank überzeugt. Die Flut der Falschmeldungen kann nur eine wachsende Medienkompetenz eindämmen. „Früher gehörte es im Deutschunterricht zum Schulstoff, sich mit der Tageszeitung zu beschäftigen“, sagt Michael Saalfrank. Medienkonsum ist eine Kulturtechnik, die, ergänzt um virtuelle Inhalte, wieder stärker vermittelt werden muss, so sein Fazit. Das Internet liefere Inhalte, am Ende sei es aber Sache des Nutzers, sie zu bewerten und richtig einzuordnen. „Das Netz nimmt uns das Denken nicht ab“, sagt Saalfrank. Er rät zur Lektüre mehrerer, politisch unterschiedlich orientierter Medien.

In der Welt des amerikanischen Präsidenten Trump gibt es nur schwarz oder weiß. Wer nicht für ihn ist, ist gegen ihn und verbreitet Fake News. Das ist ein Weg, aber sicher nicht der richtige, sagt Michael Saalfrank. Die Leser oder Internetnutzer haben weder die Zeit noch die Kompetenz, jede Nachricht auf ihren Wahrheitsgehalt zu prüfen. Das sei auch nicht ihre Aufgabe, dafür gäbe es schließlich Journalisten. Allerdings appelliert Michael Saalfrank an den gesunden Menschenverstand, der hilft, die Plausibilität zu klären. Auch ein Blick auf die Quelle kann nie schaden. Einen Algorithmus, der wahre von unwahren Neuigkeiten unterscheidet, wird es nach Einschätzung des Softwareexperten nie geben können. „Diese Kategorie gibt es für die Programme nicht. Sie können nur unterscheiden, ob Nachrichten oft oder eher selten geteilt werden“, so Saalfrank. Die Verantwortung bleibt also beim Konsumenten. Und manchmal geben Fake News auch willkommene Denkanstöße, wie auf der Satireseite „Der Postillon“.