SZ +
Merken

Mit Kinderpornos erpresst?

Ein 55-jähriger Dippoldiswalder soll via Internet Sex-Aufnahmen getauscht haben. Er streitet das ab und hat eine Erklärung parat.

Teilen
Folgen
NEU!
© dpa

Von Stephan Klingbeil

Dippoldiswalde. Die Ermittler landeten einen Volltreffer. Nach der Wohnungsdurchsuchung vor rund drei Jahren bei einem inzwischen verurteilten Mann in Ludwigshafen wurden weitere Pädophile enttarnt. Mit 1 045 Nutzern stand der Tatverdächtige damals über das Internet-Nachrichtenprogramm ICQ in Kontakt. Gegen mehr als ein Drittel dieser überwiegend anonymen Bekanntschaften wurde danach ermittelt, weil sie mit dem Mann Kinderpornos getauscht haben sollen. Unterm Strich konnten laut einem der Fahnder Identitäten von 123 Verdächtigen geklärt werden.

Eine Spur führte die Polizei auch zu einem Kontakt des Mannes ins Osterzgebirge – zu einem 55-Jährigen, der sich nun am Amtsgericht Dippoldiswalde verantworten musste. Verbreitung, Erwerb und Besitz kinderpornografischer Schriften wurden dem Dippoldiswalder zur Last gelegt. Ein Chatprotokoll, das bei der Auswertung der Daten auf dem Computer des Ludwighafeners gefunden worden war, wurde dem Sachsen schließlichzum Verhängnis.

Die Staatsanwaltschaft ist überzeugt, dass der Angeklagte an zwei Tagen im September 2013 via ICQ Kontakt mit Pädophilen hatte. Er soll dortunter dem Pseudonym „Schwanz“ sechs Dateien mit Sex-Aufnahmen von Unter-14-Jährigen verschickt haben. Geburtsdatum und Heimatstadt, die beim ICQ-Profil angegeben waren, stimmten mit seinen Daten überein. Schließlich führte auch die Abfrage der IP-Adresse zu seinem Computer des Angeklagten.

Bei einer nachfolgenden Durchsuchung der Wohnung des Dippoldiswalders beschlagnahmte die Polizei 2015 mehrere Datenträger. Darauf fand sie 61 Kinderpornodateien. Jedoch waren die Daten zuvor umbenannt und gelöscht worden. Die Spezialisten konnten allerdings die ursprünglichen Sex-Dateien nachweisen.

Die Beweislage scheint also erdrückend. Dennoch weist der Angeklagte die Vorwürfe von sich. Er hätte an jenen Septembertagen 2013 Schichtdienst und keinen Zugriff auf ICQ gehabt. Er habe auch keine Kinderpornos besessen oder getauscht. Sein Profil sei vielmehr von einem Dritten gehackt worden. Aussagen wie diese gibt es in ähnlichen Verfahren immer wieder. Jedoch scheint hier der Fall etwas kniffliger. Denn der Angeklagte habe 2015 selbst Anzeige erstattet, da er erpresst worden wäre. Obwohl er gezahlt hätte, wären ihm Kinderpornos via Internet auf den Rechner geladen worden. Der vermeintliche Erpresser wurde indes nie gefunden.

Dennoch hätte das Gericht dem 55-Jährigen unter Umständen nachweisen müssen, dass er sich das alles nur ausgedacht hat. Schließlich stimmten die Prozessbeteiligten nach einem Rechtsgespräch zu, das Verfahren wegen geringfügiger Schuld einzustellen. Als Auflage muss der Mann 2 000 Euro an die Kinderarche Sachsen zahlen.