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Mit der Trophy auf Tour

1967 fuhr Michael Muelenz mit einer MZ das erste Mal zum Balaton. Jetzt hat er es damit ins Verkehrsmuseum geschafft.

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© Sven Ellger

Von Christoph Springer

Vor 50 Jahren war der Plattensee noch drei Reisetage von Dresden entfernt. Es ging auf Pflasterstraßen über Land und auf Katzenköppen durch kleine Dörfer. Eine Herausforderung für Mensch und Maschine. Motorräder hatten damals einfachere Bremsen, als man sie heute an Fahrrädern findet, und kleine Pannen konnte man mit etwas Geschick auch unterwegs beheben.

Michael Muelenz aus Weißig näherte sich 1967 seinem Ziel am Balaton mit höchstens 100 Kilometern pro Stunde. Mehr gab seine Maschine beim besten Willen nicht her. Perfekt waren 80 km/h für die MZ ES 175/2. Die große Tour von seinem Geburtsort Wollin im damaligen Kreis Brandenburg zum Plattensee führte über Prag, Brünn, Bratislava und Györ. Ziel der Motorradreise war ein Campingplatz am Südufer des Sees. Genau diese Route will der Dresdner im Juni noch einmal fahren.

Michael Muelenz erzählt gern von solchen Motorraderlebnissen und fährt immer noch eine ES 175/2. Weit gekommen ist er mit seinem Motorrad. Jetzt hat er es damit sogar bis ins Verkehrsmuseum geschaft. Seine Erlebnisse mit der „Trophy“, wie dieser Typ auch genannt wird, sind Teil der aktuellen MZ-Sonderschau „Trophys und Trophäen“. Michael Muelenz ist einer von etwa einem Dutzend MZ-Fahrern, die an der „Fanwand“ Platz gefunden haben. So nennt Kurator Thomas Giesel eine raumhohe Wand mit Geschichten und Bildern von Anhängern der Zschopauer Marke, die den Museumsbesuchern über ihre Erlebnisse und ihre Verbundenheit zum einst erfolgreichsten Motorradhersteller Europas erzählen. Vor der Fanwand stand zur Ausstellungseröffnung eine so große Menschentraube, dass Muelenz seinen Beitrag gar nicht sehen konnte. Zu viele wollten lesen, was MZ-Veteranen wie er zu berichten hatten.

„Früher war das Motorrad für mich beides, Alltagsfahrzeug und Freizeitvergnügen“, sagt der 68-Jährige. Bei jedem Wetter hat er damals die ES genommen, auch im Winter. „Ich musste mal zum Studium nach Bernburg fahren. Das war eine Strecke von etwa 100 Kilometern“, erinnert er sich an einen besonders frostigen Tag. „Es war so eisig, dass ich in der ersten Stunde nicht schreiben konnte.“ Die Hände waren einfach zu kalt, um den Stift zu halten.

Heute holt er seine Trophy nur aus der Garage, wenn es wenigstens 20 Grad warm ist. „Da macht das Motorradfahren richtig Spaß.“ Gern nimmt er dann die Maschine, um zum Baden zu fahren. Seine Frau konnte er aber noch nie dazu überreden, auf dem Soziussitz Platz zu nehmen. Inzwischen hat Muelenz seine Überredungsversuche aufgegeben. „Da hat eben jeder so seine Ansichten“, sagt er. „Sie akzeptiert, dass ich fahre, aber sie selber ist kein Motorradfan.“

Der Haussegen hängt trotzdem nicht schief. Noch nicht einmal, wenn der 68-Jährige wie in diesem Jahr gleich zwei Motorradtouren plant. „Meine Frau macht dafür eine Wattwanderung“, sagt Michael Muelenz. Von ihr bekam er grünes Licht für seine MZ-Gedächtnisfahrt an den Balaton und für eine fast 2 000 Kilometer lange Reise auf einer Harley-Davidson durch die USA. Natürlich entlang der legendären Route 66 und auf einer möglichst großen Maschine. Startort ist Las Vegas.

Wenn Michael Muelenz Ende Juni von diesem Abenteuer zurückkehrt, muss er sich umgewöhnen: von der fast 100 PS starken und etwa zehn Zentner schweren US-Maschine mit Sofa-Sitzgefühl auf reichlich 14 Pferdestärken, nur drei Zentner Motorradgewicht und einen eher spartanischen Schaumgummisitz. Im August will er wieder mit der MZ auf Tour gehen. Sein aktuelles Motorrad ist 54 000 Kilometer alt, sein Sohn hat es ihm zum 60. Geburtstag geschenkt. „Sie springt gut an“, sagt er über die 175er, nur eine der zwei Felgen macht ihm etwas Sorgen. „Die muss ich mal kontrollieren lassen, die läuft nicht ganz rund.“ Für solche Aktionen bringt er die Trophy in die Werkstatt. Kleinere Reparaturen erledigt er dagegen selbst. Viel ist ohnehin nicht zu tun, denn sein Motorrad ist unverwüstlich. Das weiß Michael Muelenz ganz genau, seit er als junger Biker einen Unfall hatte.

Es war ein Wintertag und glatt, der gebürtige Brandenburger fuhr an diesem Tag mit der MZ seines Vaters. „Sie rutschte plötzlich auf der Fahrbahn weg und ich rutschte hinterher“, erinnert er sich an seinen einzigen Motorradunfall. Ihm und der Maschine ist dabei nichts weiter passiert. „Bis jetzt habe ich noch keine brenzlige Situation erlebt“, sagt Muelenz. „Jedenfalls nicht, seitdem ich mit dem Motorradfahren wieder angefangen habe“, fügt er mit Blick auf den Unfall mit der Maschine seines Vaters hinzu. Und er verspricht, vorsichtig zu sein. „Ich fahre lieber nicht ganz so schnell.“ Viel mehr als 80 km/h will er seinem betagten Zweirad ohnehin nicht zumuten.

Die Sonderausstellung „Trophys & Trophäen“ im Verkehrsmuseum wird bis zum 6. August 2017 gezeigt. www.verkehrsmuseum-dresden.de