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Mission Dorfkirche

Steffen Skeide engagiert sich seit fast 20 Jahren für den Erhalt der Dorfkirche Steinbach. Das Wichtigste ist ihm dabei, Leute zusammenzubringen.

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© Norbert Millauer

Von Ulrike Keller

Steinbach. Eines ist Steffen Skeide nicht: tief religiös. „Man muss schon die Kirche im Dorf lassen“, sagt der gesellige 54-Jährige und lacht. Ausgerechnet in eine solche investiert der Baumarktleiter jedoch beinahe seine gesamte Freizeit. Und zwar als Gründungsmitglied im Verein zur Erhaltung der Dorfkirche Steinbach, dessen Vorsitzender er seit nunmehr zehn Jahren auch ist.

Klein, aber fein: Das Gotteshaus in Steinbach stammt vermutlich aus dem 13. Jahrhundert und zählt zu den ältesten Dorfkirchen Ostsachsens.
Klein, aber fein: Das Gotteshaus in Steinbach stammt vermutlich aus dem 13. Jahrhundert und zählt zu den ältesten Dorfkirchen Ostsachsens. © Arvid Müller

„Die Kirche ist das einzige Wahrzeichen unseres Orts“, sagt Steffen Skeide, der 1989 nach Steinbach einheiratete. „Dass wir sie erhalten, sind wir den nächsten Generationen schuldig.“ Denn es gäbe sie nicht mehr, wenn sich nicht 800 Jahre lang Leute für sie eingesetzt hätten. Genau das ist sein Hauptargument, wenn er auf Unterstützersuche ab und an mal zu hören bekommt: „Du und Deine Kirche!“ Es ist eben nicht nur seine. Übrigens gehört sie zu den ältesten Dorfkirchen in Ostsachsen.

Von Anfang an, erzählt er, mischten sich im Verein Gläubige und Leute, die sich um ein Kulturgut kümmern wollen. Das gemeinsame Anliegen: die Kirche künftig für kulturelle Zwecke zu nutzen. „Sie ist ein fantastischer Klangkörper“, schwärmt Steffen Skeide. „Konzerte hier sind ein unvergessliches Erlebnis.“

Was sich inzwischen selbst unter Musikkennern herumgesprochen hat, wie er beobachtet. Wenn sich das Moritzburg-Festival ankündige, gäbe es binnen weniger Stunden keine Karten mehr. „Über das Harfen-Konzert im vorigen Jahr wurde in der Fachpresse berichtet“, erzählt er. „Drei Seiten Wagner und dann kam die Steinbacher Dorfkirche.“ Auch für das diesjährige Gastspiel am 18. August gibt es schon nur noch Hörplätze. Künstler des Moritzburg-Festivals präsentieren sich solistisch unter dem Motto „Mostly Bach“. „Da kommt ein ganz anderes Publikum her als sonst“, weiß Steffen Skeide. Die Nummernschilder der parkenden Autos sprachen 2016 für sich.

Doch dass die Kirche in ihrem heutigen – recht guten – Zustand ist, verdankt sie ganz maßgeblich dem Verein. Als sich dieser 1998 mit 23 Enthusiasten gründete, herrschte fast 100 Prozent Luftfeuchte in dem kleinen Gotteshaus. Die Wände waren voller Moos, es roch stark muffig.

Sponsoren und Spendengelder ermöglichten drei Maßnahmen zum Trockenlegen: Zunächst wurde das Kirchengebäude von außen am Sockel mit einem Lehm-Ton-Gemisch abgedichtet, um es vor äußerer Feuchtigkeit zu schützen. Als Zweites wurde eine Lüftungsanlage eingebaut, die einen langsamen, sachten Trocknungsprozess gewährleistete.

Und erst im vergangenen Herbst erfolgte der dritte Kraftakt. Mit gesponserter Silikatfarbe – in einem vom Denkmalschutz vorgegebenen Ton – strichen 14 fleißige Steinbacher die Kirchenfassade an mehreren Wochenenden neu. „Das war wichtig, weil der Regen außen dagegenpeitscht und die Wände hinunterläuft“, erklärt Steffen Skeide. „Durch den alten Putz saugten die Wände die Nässe auf.“ Nun wirkt der neue Anstrich auch wasserabweisend.

Seine ehrenamtlichen Helfer fand der Vereinschef übrigens, indem er durchs Dorf ging und fragte. So handhabt er es immer. Denn hinter allem Tun steht für ihn der Sinn, Leute zusammenzubringen. „Das Beste, was wir haben, sind doch die Menschen“, sagte er. „Es geht darum, etwas miteinander zu machen.“ Umso mehr freute ihn, dass sich einige erst durch den Freiwilligeneinsatz kennenlernten.

Auch die originalgetreue Restaurierung der Bärmig-Orgel anno 1863 glückte durch zig gemeinschaftliche Aktionen, mit denen der Verein Geld sammelte. Geld, das ein Programm der Ostdeutschen Sparkassenstiftung und Sparkasse Meißen verdreifachte. 2013 etwa organisierte Steffen Skeide ein großes Chortreffen auf seinem Grundstück. „Die Leute haben den Hof geflutet“, jubelt er noch heute. Schon immer sprudelt er vor Ideen, weiß sie umzusetzen und damit etwas voranzubringen. „Einer muss die Sache ja antreiben“, meint er.

Als nächstes Projekt strebt der Verein an, das Gestühl auf den Emporen zu erneuern. Wo jetzt Holzpodeste mit Sitzkissen und Stühle stehen, sollen richtige Kirchenbänke ihren Platz erhalten. Auch braucht der Kircheninnenraum neuen Putz an den Wänden, nachdem nun seit etwa zwei Jahren eine stabile Luftfeuchte bei 60 bis 70 Prozent herrscht. Diese gilt als geeignet auch für den Erhalt des geschnitzten spätgotischen Flügelaltars aus dem 16. Jahrhundert.

Steffen Skeide ist seit jeher an Geschichte interessiert. Er zeigt nach oben, zur Kassettendecke. „Sie wurde nach dem Zweiten Weltkrieg mit Platten zugeklebt“, erzählt er. Das rettete die wertvollen Blumenmalereien, die erst im Zuge der Restaurierungsarbeiten zum Vorschein kamen.

„Dass all diese Komponenten so freigelegt sind, hat es noch nie zuvor gegeben“, sagt Steffen Skeide fast selbst ein bisschen überwältigt. „Es steckt eine Menge Energie und Identität der Leute hier drin.“ Darum kümmern er und seine 16 Mitstreiter sich auch weiterhin um ihre Dorfkirche.