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Meißen bäumt sich auf

Bürger aus der Stadt wollen Abholzaktionen stoppen. Dabei hilft ihnen eine Online-Petition.

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© Claudia Hübschmann

Von Peter Anderson

Meißen. Bauchbinden für Linden? Was geht denn hier los? Mit einer besonderen Aktion hat am Mittwochabend das Bündnis Baumschutz Meißen Aufmerksamkeit erregt. Rund ein Dutzend seiner Mitglieder umwanden große, alte Bäume wie die Linden am Heinrichsplatz oder die Pappeln am Parkplatz mit breiten Banderolen. Sprüche wie „Unter Bäumen kannst Du träumen“ oder „Bäume sind Lebensräume“ war darauf zu lesen.

„Wir wollen damit auf unsere vielen Baumdenkmale in Meißen aufmerksam machen, einen Denkanstoß für ihren Erhalt geben“, sagt Mit-Initiatorin Christiane Bense vom BUND. Auslöser seien mehrere Fällaktionen gewesen, so der ebenfalls beim Bündnis engagierte Jens Mahlow. Als Beispiel nennt er den bereits ein paar Jahre zurückliegenden Kahlschlag an der Marienhofstraße. Die Linden dort seien nachweislich gesund gewesen, sagt Mahlow. Anwohner hatten im März 2011 gegen das Abholzen mit einem Brief protestiert. Brisanz besitzt das Thema zudem durch die aktuell geführte Diskussion um die beiden Linden vor dem Meißner Theater. Sollen diese ganz verschwinden, versetzt werden oder erhalten bleiben? Für überregionale Schlagzeilen sorgte vor sechs Jahren die Meißner Domlinde. Zu Beginn des Jahres 2010 hatte das Rathaus den über 100 Jahre alten Baum fällen lassen wollen, weil dieser erkrankt war. Dagegen protestierten Bürger und erwirkten, dass weitere Experten hinzugezogen wurden, welche die markante Linde letztlich retteten.

„Jeder Baum ist wichtig für unser Mikroklima“, sagt Jens Mahlow. Oft werde vergessen, dass es Jahrzehnte brauche, bis ein Baum herangewachsen sei und seine wichtigen Funktionen erfüllen könne. Er wünsche sich, dass die Stadt in einem Kataster künftig genau Buche führe über ihre Bäume als ökologisches Kapital. Er habe den Eindruck, dass dies bislang nicht der Fall sei. „Auf eine Anfrage wurde mir vom Rathaus mitgeteilt, es gebe 285 Bäume in der Altstadt. Da wurde offenbar gerade erst mit dem Zählen angefangen“, so Mahlow.

Ganz konkret sind es fünf Punkte, für die das Bündnis den Meißner Oberbürgermeister Olaf Raschke (parteilos), die Verwaltung und den Stadtrat gewinnen möchte. In aller Ausführlichkeit finden sie sich in einer Online-Petition. So wird gefordert, Projekte wie den Trimm-Dich-Pfad oder Nordic-Walking-Pfad, in denen sich bürgerliches Engagement ausdrückt, besser zu erhalten. Gesunde und erhaltbare Bäume sollten nicht länger gefällt werden. Müsse doch einmal die Säge zum Einsatz kommen, sind fünf Bäume pro gefälltem Baum nachzupflanzen. Diese müssten anschließend auch fachmännisch gepflegt werden. Von vornherein sollte die Stadt in ihren Plänen, Plätze für hohe, heimische Bäume freihalten. Ein öffentliches Kataster brauche es, um über das Meißner Baumkapital genau Bescheid zu wissen.

Mit Stand von Donnerstagabend 17 Uhr hatten sich 33 Unterzeichner der Petition angeschlossen. Dazu zählten bekanntere Persönlichkeiten aus Meißen und Umgebung wie „Papierfrau“ Grit Yildiz, der Friedensaktivist Jörg Hampel sowie der Meißner SPD-Ortsvereinschef Eyk Schade. Zu finden ist die Petition auf dem Online-Portal Openpetion.de, das 2010 von dem Berliner IT-Manager Jörg Mitzlaff gegründet wurde. Ziel der Plattform ist es eigenen Angaben zufolge, die parlamentarische Demokratie zu modernisieren. Sollten 610 Unterschriften für die Anliegen des Bündnisses Baumschutzes zusammenkommen, würde Openpetition.de den Meißner Stadtrat um eine Aussage bitten. Für das Quorum zählen dabei nur die Unterschriften aus der Region, auf die die Petition abzielt.

Vorbild für einen Meißner Baumplan könnte die Landeshauptstadt sein. Dort soll jetzt ein detailliertes Konzept helfen, wieder rund 60 000 Bäume in der Stadt zu haben. In der Vorlage des Geschäftsbereiches Wirtschaft heißt es, dass der Baumpflanzungen bereits in der Planung berücksichtigt werden müssen. Zudem sollen stark beschädigte Bäume erhalten werden. Müssen bei Umbauten Bäume weichen, sind sie durch resistente Arten und Sorten zu ersetzen. Dies erfordert allerdings eine Menge Geld. Allein für Neupflanzungen und Erhaltungen einschließlich Pflege an Hauptstraßen sind fast 27 Millionen Euro nötig.