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Mehr Geld für Tageseltern

Pro Kind zahlt die Stadt bis zu 220 Euro zusätzlich im Monat. Das hängt künftig von der Qualifikation der Betreuer ab.

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© Sven Ellger

Von Juliane Richter

Aufpassen, spielen, umsorgen, trösten, gemeinsam essen – Bettina Parade kennt und lebt das gesamte Repertoire der Tätigkeiten einer Tagesmutter. Seit dem Jahr 2000 kümmert sie sich wochentags um bis zu fünf Kinder. Zudem engagiert sie sich in der Interessengemeinschaft Kindertagespflege Dresden. Von dieser haben sich etwa 70 Tageseltern über Jahre für eine bessere Bezahlung durch die Stadt eingesetzt und schließlich gegen die bisherige Vergütung geklagt. Im Vergleich zu den Kita-Erziehern, die nach Tarifvertrag bezahlt werden, sahen sie sich als selbstständig Tätige schlechter gestellt.

Ein Urteil des Verwaltungsgerichts im Februar 2016 hat ihnen teilweise recht gegeben und forderte eine Überarbeitung der Berechnungen durch die Stadtverwaltung. Nun hat diese reagiert und gestern ein neues Finanzierungsmodell präsentiert. Das soll zum Jahreswechsel in Kraft treten, insofern der Stadtrat zustimmt. Für die 415 Tagesmütter und -väter sowie die etwa 80 Ersatztageseltern bedeutet das in erster Linie mehr Geld. Pro Kind sollen sie zwischen 32 und 220 Euro mehr im Monat von der Stadt erhalten. Für die Stadt entstehen somit jährliche Mehrkosten von rund 3,9 Millionen Euro auf dann insgesamt 19,4 Millionen Euro.

Grundlage für das Finanzierungsmodell sind Berechnungen des externen Gutachters Professor Johannes Münder. Er hat sich vor allem zwei strittigen Punkten gewidmet: Den Sachkosten, die den Tageseltern entstehen, und der Anerkennung der sogenannten Förderungsleistung – also der direkten Betreuung der Kinder. Bei den Sachkosten ist Münder vom bisherigen Pauschalbetrag abgewichen und hat die entstehenden Ausgaben unter anderem mithilfe des Dresdner Miet- und Betriebskostenspiegels neu berechnet. Hinzu kommen Beträge für Möbel, Reparaturen oder Spielgeräte. Bei der Bezahlung der reinen Betreuung verfolgt er einen neuen Ansatz. Dieser orientiert sich nun am Tarifvertrag des öffentlichen Dienstes. Die Tageseltern werden künftig entsprechend ihrer Qualifikation in verschiedene Betragsgruppen eingeteilt.

Tagesmutter oder -vater kann werden, wer das 160 Stunden umfassende Curriculum des Deutschen Jugendinstituts abgeschlossen hat. Es gibt aber auch Tageseltern mit höherer Qualifikation, die zum Beispiel die dreijährige Ausbildung zum Erzieher absolviert haben. Diese erhalten mehr Geld. Die Spanne reicht künftig von 551 Euro pro Kind und Monat bis maximal 784 Euro. Das ergibt bei der neunstündigen Betreuung von fünf Kindern einen Gesamtbetrag von 3920 Euro. Allerdings sind die Tageseltern selbstständig tätig.

Sabine Bibas, Leiterin des Amtes für Kindertagesbetreuung, weist darauf hin, dass Dresdner Tageseltern im sächsischen Vergleich schon früher gut dastanden. „Sie bekommen 14 Kranktage und 26 Tage Urlaub bezahlt.“ Außerdem wird deren Bezahlung auch weiterhin angepasst, wenn die angestellten Erzieher eine Tariferhöhung bekommen. Zudem werden ihnen die Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung sowie zur Alterssicherung zur Hälfte erstattet. Tagesmutter Annette Heidenfelder stimmt Bibas zu. Sie hat früher im Vogtland gearbeitet. „In Dresden herrschen deutlich bessere Bedingungen. Ich finde es sehr positiv, dass nun auch die Qualität der Ausbildung einbezogen wird.“

Bettina Parade von der Interessengemeinschaft ist hingegen noch skeptisch. Sie fand die frühere Sachkostenpauschale sinnvoller. Zudem meint sie, dass die Berufsqualifikation nicht zwingend etwas über den Umgang mit den Kindern aussagen muss. Der Anwalt der Interessengemeinschaft wird die neuen Regelungen prüfen, kündigt sie an. Die Stadt greift indes auf gebildete Rücklagen zurück. Denn das neue Modell soll rückwirkend ab 2016 gelten. Somit zahlt die Stadt für 2016 und 2017 rund 5,8 Millionen Euro nach.