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Lieber Bahn fahren statt radeln?

Für den Erhalt der Bahntrasse zwischen Oderwitz und Niedercunnersdorf gibt es nun konkrete Argumente.

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© Rafael Sampedro

Von Romy Kühr

Neun Millionen Euro – das ist ein dicker Brocken Geld für eine ungewisse Investition. Das finden diejenigen, die keinen neuen Radweg auf der stillgelegten Bahnstrecke von Oderwitz nach Herrnhut und Niedercunnersdorf wollen. Um dieses Thema wird seit Wochen diskutiert im Landkreis, den betroffenen Gemeinden und darüber hinaus. Die Idee zum Radwegbau stammt vom Landkreis. Der würde den größten Teil des Ausbaus übernehmen, 2,2 Millionen würde der Eigenanteil der Kreisverwaltung betragen.

Josef Kempis, stellvertretender Kottmar-Bürgermeister, plädiert für die Wiederbelebung der Zugstrecke statt des Radwegs.
Josef Kempis, stellvertretender Kottmar-Bürgermeister, plädiert für die Wiederbelebung der Zugstrecke statt des Radwegs. © SZ-Archiv

Mit zehn Prozent davon müssten sich wiederum die betroffenen Kommunen beteiligen. Hinzu kommen Folgekosten für die Instandhaltung, die noch nicht abzusehen sind. Einige finden deshalb, dass es schlauer wäre, die alte Bahntrasse wieder für den Zugverkehr herzurichten. Zu den Bahnbefürwortern gehört der Obercunnersdorfer Ortsvorsteher Josef Kempis, er ist gleichzeitig stellvertretender Bürgermeister von Kottmar. Er nennt konkrete Argumente.

Das spricht für die Wiederbelebung der Bahnstrecke

Infrastruktur: Mobilität für Senioren und Schülerverkehr

Die Bahnstrecke, so Josef Kempis, könnte helfen, die Infrastruktur in der Region zu verbessern. Vor allem Menschen, die wenig mobil sind, wie zum Beispiel Senioren, könnten den Zug für Erledigungen nutzen. In Oderwitz gebe es sogar Anbindung nach Zittau sowie ins Oberland und weiter Richtung Dresden. Kempis denkt auch an den Schülerverkehr. Nicht wenige Kinder und Jugendliche müssen täglich übers Land fahren, um an ihre Schule zu kommen. Auch da könnte der Zug Erleichterung bringen. „Obercunnersdorfer Kinder gehen zum Beispiel in die Oberschule nach Oderwitz“, weiß er. Der Zug brächte da eine direkte Verbindung. Mit dem Bus sei es umständlicher, aus dem Dorf am Kottmar nach Oderwitz zu gelangen.

Wirtschaft: Warentransport auf der Schiene

Bei der Entscheidung zwischen Bahntrasse und Radweg sollten auch wirtschaftliche Interessenlagen nicht außer Acht gelassen werden, argumentiert der Obercunnersdorfer Josef Kempis. So könnten Unternehmen beim Transport ihrer Waren wieder auf die Schiene zurückgreifen und auf Bahnwaggons verladen. Angesichts der Entwicklung mit der neuen Besteuerung von Dieselfahrzeugen könnte das eine echte Alternative zum Lkw-Transport sein, sagt Kempis. Zudem sei ja nun bekannt geworden, dass die Verbindung Prag-Dresden ausgebaut wird. Dort könnte die alte Bahnstrecke anknüpfen und auch überregional Waren befördern. Da könne man sich auch ein Beispiel an den Nachbarländern Tschechien und Polen nehmen oder dort Rat suchen. In beiden Ländern werde diese Möglichkeit noch viel ausgeprägter genutzt, sagt Kempis. „Die Bahnstruktur ist dort wesentlich besser als bei uns.“

Kosten: Bahnstrecke leichter wieder herzustellen

Laut Josef Kempis sei es ein viel geringerer Aufwand, die Bahnstrecke wieder für den Betrieb herzurichten, als einen neuen Radweg zu bauen. Für den Bahnbetrieb müsste lediglich eine fehlende Weiche in Oderwitz wieder eingebaut werden. Landrat Bernd Lange hatte bereits in einer Versammlung erklärt, dass laut seinen Informationen die Wiederaufnahme als Zugstrecke aussichtslos sei. Er gehe davon aus, dass man dafür keine Genehmigung mehr bekommt.

Entscheidung: Bürger mit einbeziehen

Josef Kempis fordert, dass eine Bürgerbefragung durchgeführt wird, bevor man die Radwegpläne weiter vorantreibt. Die Grünen wollen zudem, dass eine Machbarkeitsstudie beauftragt wird. Sie soll prüfen, inwiefern die Wiederbelebung der Zugstrecke tatsächlich realisierbar wäre. Thema wird die Diskussion Radweg oder Schiene weiterhin bleiben. Zunächst wird der Technische Ausschuss des Kreises die Thematik auf seiner Sitzung Ende Mai besprechen.

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