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Lenzer Kirche verrät Geheimnisse

Restauratoren aus Batzdorf befördern alte Malereien und Wappen des Erbauers zutage. Und könnten am Zeitplan rütteln.

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© Klaus-Dieter Brühl

Von Catharina Karlshaus

Thiendorf. Wenn er gerufen wird, darf der Bauherr berechtigte Hoffnungen hegen. Auf schon verloren geglaubte Spuren aus der Vergangenheit etwa und die Entdeckung manch unerwarteter Kostbarkeit. In Lenz macht sich Michael Gruner nun schon seit einigen Tagen zu schaffen – und ist tatsächlich fündig geworden. „Die Sankt Peter Kirche Lenz ist vergleichsweise kein opulentes Bauwerk. Aber sie ist durchaus etwas Besonderes und wartet sogar mit einigen Überraschungen auf“, bekennt der diplomierte Restaurator.

Die Wappenhalter-Löwen waren einst mit Blattgold belegt. Jetzt erhalten sie einen zarten Farbanstrich.
Die Wappenhalter-Löwen waren einst mit Blattgold belegt. Jetzt erhalten sie einen zarten Farbanstrich. © Klaus-Dieter Brühl
Das Wappen an der Decke aus der Sicht der Gottesdienstbesucher fotografiert vor der Restaurierung.
Das Wappen an der Decke aus der Sicht der Gottesdienstbesucher fotografiert vor der Restaurierung. © Klaus-Dieter Brühl
Jens Klotzsche von der Malerfirma Quaas aus Meißen beim Weißen der Decke.
Jens Klotzsche von der Malerfirma Quaas aus Meißen beim Weißen der Decke. © Klaus-Dieter Brühl

Dass er sich gemeinsam mit Kollegin Barbara Blaschke überhaupt im Inneren des Gotteshauses zu schaffen machen darf, dürfte für die engagierten Gemeindemitglieder schon überraschend genug gewesen sein. Immerhin: Über vier Jahrzehnte hatten diese um die notwendige Runderneuerung der geschichtsträchtigen Kirche gekämpft. Denn bevor sich das Gebäude im September vergangenen Jahres endlich wieder in eine Baustelle verwandelt hat, dauerte es tatsächlich. Letztmalig im Mai 1971 – so verrät eine im Dachstuhl gefundene Schiefertafel – war das Dach des von 1700 bis 1710 errichteten Hauses neu gedeckt worden. Für gut 25 000 Mark, nicht ahnend, dass es so lange Wind und Wetter trotzen sollte.

Den teilweise sehr heftigen Stürmen der heutigen Zeit konnten sie allerdings schon lange nicht mehr Stand halten. In regelmäßigen Abständen richteten die starken Böen immer mal wieder kleinere und größere Schäden an. 2002 und 2004 etwa rissen größere Stellen auf, und auch drei Jahre später hinterließ das Sturmtief Kyrill einen beträchtlichen Schaden am Dach der Kirche. 4 500 Euro, so hat sich der seit Juni 2015 im Amt befindliche Pfarrer Sebastian Zehme erzählen lassen, habe die Gemeinde damals aus eigenen Mitteln aufgebracht. Notgedrungen, um die notwendigen Reparaturarbeiten überhaupt durchführen lassen zu können. Seitdem schaute man bei jedem angekündigten Sturm mit besorgtem Blick gen Dach und hoffte, er befördere nicht weitere Ziegel nach unten.

Eine Regung, die längst nicht mehr notwendig ist. Am letzten Februartag bekam die Kirche ihr Kreuz zurück, bevor schließlich die sogenannte Außensanierung im Juni abgeschlossen werden konnte. Doch damit nicht genug. Dank Fördermitteln der sächsischen Landeskirche, so Baupfleger Manfred Richter, könne die Verjüngungskur nun auch im Inneren fortgesetzt werden. „Es gab sowieso ein paar Schadstellen, die durch die Arbeiten am Gebäude behoben werden mussten. Dass nun aber auch drinnen die Gerüste stehen, ist dem Elan des jungen Pfarrers zu verdanken“, lobt Baupfleger Manfred Richter.

Engagement, was die Restauratoren Barbara Blaschke und Michael Gruner dieser Tage auf den Gerüsten stehen lässt. Gewissermaßen kopfüber haben die beiden Batzdorfer bereits Risse im Stuck der Kirchendecke geschlossen. Und nicht nur das. Mit viel Geduld und Fingerfertigkeit reinigten sie das beachtliche, 25 Quadratmeter große Wappen der Familie von Gottlob Adolf von Beichlingen und seiner Frau, einer geborenen von Haxthausen.

Der zuweilen als recht despotisch geltende Reichsgraf hatte einstmals die Lenzer Kirche erbauen lassen. Ihm zu Ehren, so Michael Gruner, entstanden die eindrucksvollen Patronatswappen, deren Inschrift und Farbe letztmalig 1930 erneuert worden ist. „Die Deckengestaltung ist aufgrund ihrer zarten Pastellfarben und der plastischen Gestaltung in dieser Form ein absolutes Kleinod! Wenn die Sonne durch die Fenster scheint, leuchten die als Medaillons gestalteten Wappen geradezu“, erklärt der 58-Jährige.

Wie der seit 1981 als Restaurator tätige Fachmann betont, sei die Würze seines Berufs noch immer das Unerwartete. Unvergessliche Momente, die auch die Lenzer Kirche bereitgehalten habe. Beim Abwaschen der bisher weißen Leimfarbe sei jetzt ein interessanter Anstrich in sanftem Rosa – passend zu den Deckenmedaillons – zutage gekommen. Eine optische Einheit, die der geplanten weißen Wandfarbe in den nächsten Wochen aber möglicherweise einen Pinselstrich durch die Grundierung machen könnte. „Wir werden das auf jeden Fall in der nächsten Bauberatung am Donnerstag besprechen und dann entscheiden“, versichert Manfred Richter.

Sicherlich gut durchdacht, aber einigermaßen schnell. Bis zum Totensonntag am 26. November, so Michael Gruner, soll das Gotteshaus nämlich wieder seiner Bestimmung übergeben werden. „Ein sportlicher Termin, aber wir geben unser Bestes!“