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Kunstraub am Kreisverkehr?

In Olbersdorfs Skulpturenpark sind Originale durch Kopien ersetzt worden – ohne Wissen und zunächst im Namen der Künstler.

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© Rafael Sampedro

Von Anja Beutler

Hendrik Schöne kommt jedes Jahr in den kleinen Skulpturenpark am Olbersdorfer Apotheken-Kreisverkehr. „Meist bin ich mit Kollegen oder Freunden da“, erzählt der Keramik-Künstler, der sein Atelier in Wittgendorf hat. Seit Jahren steht hier auch eine Skulptur, die er gemeinsam mit Madlen Kluge aus Mittelherwigsdorf erschaffen hat: der Rattenkönig. In diesem Jahr allerdings fand er die Figur aus Steinzeugton nicht. „An der Stelle stand eine Skulptur aus Sandstein, die meiner zwar ähnelte, aber überhaupt nicht meinem Stil entspricht – allerdings mit meinem Namen versehen war“, berichtet er. Bei näherem Hinschauen stellte Schöne fest, dass seine Statue nicht die einzige war, die ersetzt wurde: „Vier Holz-Skulpturen von zwei polnischen Künstlern und eine weitere eines deutschen sind ebenfalls durch Sandstein-Versionen ersetzt worden“, zählt er und fragt verbittert: „Was ist das? Kunstfälschung? Kunstraub?“

... und das Ton-Original
... und das Ton-Original © Hendrik Schöne

Das sei es auf keinen Fall, wehrt Karsten Hummel, Geschäftsführer der Kommunalen Wohnungsbau- und Verwaltungsgesellschaft Olbersdorf mbH (KWV), ab. Dem Unternehmen gehört der kleine Skulpturenpark, auch die Kunstwerke hat es angekauft. Dass die Holz- und Keramik-Skulpturen ersetzt worden sind, sei den argen Schäden zuzuschreiben: „Bei der Tonskulptur haben Wasser und Frost irreparable Schäden verursacht, sodass sie hätte entfernt werden müssen. Bei den Holzskulpturen kamen weitere Einflüsse, wie Pilzbefall, Fäulnis und Tierfraß durch Ameisen hinzu“, schildert Hummel. Elf Skulpturen seien betroffen. Die Originale waren nicht mehr zu retten, die Reste wurden entsorgt.

Und was steht nun an ihrer Stelle? „Um den ursprünglichen Charakter des Parks zu erhalten, haben wir uns entschieden, diese Skulpturen in Sandstein nachbilden zu lassen“, erklärt Karsten Hummel. Diesen „Austausch“ treibe man seit 2014 voran und werde in diesem Jahr fertig. Dann – nach Abschluss der Erneuerungsaktion Ende dieses Jahres – sollten auch die Namensschilder geändert werden, erklärt der KWV-Geschäftsführer. Da aber bereits ein weiterer Künstler auf das Problem hingewiesen hat, habe man sich entschieden, die alten Schilder sofort zu entfernen. Demnächst wird also vielleicht der Name des wahren Künstlers an jeder neuen Skulptur zu lesen sein. „Die Nachbildungen wurden in der Natursteinkunst Andreas Richter in Jonsdorf geschaffen“, sagt Hummel. Der Unterschied zu den Originalen liegt in seinen Augen im verwendeten Material. Thema und Farbgebung spiegelten sich nahezu originalgetreu wieder.

Das sieht Hendrik Schöne anders. „Eigentlich sind da illegale Kopien unserer Werke gefertigt worden“, betont er und erklärt: „Wenn ein Museum ein Kunstwerk kauft, kann es doch auch nicht einfach eine Kopie anfertigen und diese stattdessen präsentieren.“ Denn der Kauf bedeute ja nicht geistiges Eigentum. Zudem sieht Hendrik Schöne die Ursachen der Schäden am Rattenkönig in einer „unsachgemäß“ ausgeführten Verlagerung an einen neuen Standort. Dabei habe die Skulptur Risse bekommen, Wasser und Frost taten das Übrige. Dennoch will er keinen großen Streit vom Zaun brechen: „Meine Kollegen und ich sind zufrieden, wenn unsere Namensschilder entfernt und die tatsächlichen Künstler benannt sind.“

Dass die Sache mit den Schildern ein Fehler war, räumt auch der KWV-Chef ein – und entschuldigt sich dafür. Insgesamt, so betont er, habe er aber aus seiner Sicht im Interesse der Künstler ihr Werk bewahren wollen. Es war „das Bestreben, eben diese Werke als Nachbildungen auch weiterhin der Öffentlichkeit präsentieren zu können“, sagt Hummel. Denn der 3 800 Quadratmeter große Park ist schon etwas Besonderes. Erst 2011 sind 180 000 Euro in eine neue Gestaltung geflossen.