Merken

Kult-Pfarrer kommt nach Dippoldiswalde

Gerald Kluge war 16 Jahre lang das Gesicht der katholischen Kirche im Rödertal. Und für manche sogar Fußball-Gott.

Teilen
Folgen
© Thorsten Eckert

Von Jens Fritzsche

Er sagt es mit einem augenzwinkernden Schmunzeln: Wenn bei einer Beerdigung niemand heult, hat der Verstorbene im Leben offenbar nicht alles richtig gemacht … So endgültig ist für ihn der Abschied aus Radeberg zwar nicht, aber traurig werden an seiner bisherigen Wirkungsstätte wohl dennoch viele sein. Ende August wird Radebergs katholischer Pfarrer Gerald Kluge die weiße Holztür zur Pfarrwohnung an der Dresdner Straße hinter sich zuziehen und das kleine Pfarrhaus neben der katholischen Kirche am Heideweg in Dippoldiswalde beziehen. Gerald Kluge startet im September in Dippoldiswalde als Pfarrer der katholischen Gemeinde. Die wird gerade neu formiert. Als Dippoldiswalder Pfarrer wird Kluge die Katholiken aus Freital, Dippoldiswalde, Glashütte und Zinnwald betreuen.

Der Abschied von Radeberg fällt dem gebürtigen Dresdner dabei nicht leicht. „Aber es ist natürlich auch eine Chance, mit neuen Impulsen an die Arbeit heranzugehen“, sagt er. Gerald Kluge ist eben ein positiv denkender Mensch – und abgesehen davon muss er sich mit der Entscheidung abfinden, dass im Bistum derzeit einiges personell in Bewegung ist. „Der neue Bischof, der ja nun auch selbst schon wieder der alte Bischof ist, hatte bereits angekündigt, dass Pfarrer nicht zu lange an ein und demselben Ort bleiben sollten.“

Vor allem aber wird er Radeberg fehlen, sagen nicht wenige. Gerald Kluge hat mit durchaus ungewöhnlichen Aktionen und Ansichten für Aufsehen gesorgt. So startete das Jahr stets mit einem Stallgottesdienst – ganz nah an dem, wie die Geburt Jesu in der Bibel beschrieben wird, sagt er. In einem kalten Stall … Jüngst lud Gerald Kluge auch zur Tiersegnung ein – wer wollte, konnte sein Haustier segnen lassen. Kurz vorm Sommerferienstart segnete er zudem die Urlaubsfahrzeuge. Und nicht zu vergessen: Als einziger katholischer Pfarrer im Bistum zeigte er während der Fußballweltmeisterschaft die Spiele der deutschen National-Elf im Pfarrgarten auf großer Leinwand. In einigen Boulevardzeitungen war er daraufhin augenzwinkernd gar als Fußball-Gott bezeichnet worden. „Die katholische Gemeinde in Dippoldiswalde freut sich schon, dass sie bei der nächsten WM Fußball gucken kann“, kann sich Gerald Kluge ein Schmunzeln nicht verkneifen.

Und überhaupt sind es vor allem seine unkonventionellen Ansichten, mit denen Gerald Kluge die mitunter als verstaubt geltende katholische Kirche interessant macht. Ein großer Fan des aktuellen Papstes ist er zum Beispiel – auch einer, der mit dem verstaubten Image aufräumt. Und so passt es dann auch gut, wenn er ein bisschen wehmütig in seiner Kirche sitzt – und diesen doch recht schlichten Raum förmlich in sich einsaugt. „Ich kann ja mit diesem barocken Prunk nichts anfangen, mit dem so viele Kirchen ausgestattet sind“, sagt er dann. Er liebt dieses schlichte, metallene Kreuz mit der Jesusfigur, das in Radeberg statt eines aufwendigen Altars an der Wand prangt. „Dieses Kreuz ist übrigens eine Spende der Frau des damaligen Bürgermeisters zur Kirchweihe gewesen.“ – Und die Frau war protestantisch.

„Das ist genau das, was ich an Radeberg so mag – und wohl auch vermissen werde“, sagt Gerald Kluge. Dieses Miteinander der Kirchen, die gemeinsame Kirchennacht zum Beispiel oder der ökumenische Wandergottesdienst. Es ist eine Menge passiert in den vergangenen 16 Jahren, woran er nun beim Packen der Umzugskisten denken wird. „Manches hätte ich gern noch mit angepackt“, sagt er. Die Betreuung der in Kürze in der Siedlung Rossendorf ankommenden Asylbewerber zum Beispiel. „Ich finde es klasse, wie unproblematisch das in Radeberg mit den Flüchtlingen läuft, wie offen die Menschen hier sind und helfen“, schwärmt er. Ökumenische Gemeinsamkeit und Arbeit mit Flüchtlingen werden ihn auch in Dippoldiswalde erwarten.

Dass die Reise nun ins Osterzgebirge geht, hat sich Gerald Kluge selbst herausgesucht. „Es gab einige Vorschläge, auch aus dem Vogtland, aber ich wollte in der Nähe von Dresden bleiben, weil dort meine Mutter wohnt, die ich regelmäßig besuchen möchte.“ Und auch Radeberg ist von Dippoldiswalde nicht so weit weg. Über die neue S 177 gibt es demnächst eine schnelle Verbindung. „Sicher werde ich noch ab und an in Radeberg sein, ich habe ja eine Menge Freunde in der Stadt.“ (mit SZ/fh)