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Künstlerischer Paarlauf auf Schloss Burgk

Ohne Willy Eberl gäbe es die Städtische Kunstsammlung Freital nicht. Willy Kriegels Gemälde machen sie besonders wertvoll.

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© Schloss Burgk

Von Thomas Morgenroth

Freital. Nachdenklich blickt Willy Eberl in das Licht, das durch ein unsichtbares Fenster in das Atelier seines Freundes Willy Kriegel in Dresden fällt. Es beleuchtet ein hageres Gesicht mit auffallend langer Bürstenfrisur und markantem Profil. Kriegel malt den Freitaler Kunstsammler Eberl 1931 als einen melancholischen Menschen, der nicht glücklich wirkt. Als hätte der Künstler schon damals das traurige Ende geahnt: Im September 1947 setzt der aus Grumbach stammende Eberl kurz vor seinem 48. Geburtstag seinem Leben ein Ende. Die Gründe bleiben im Dunkeln, von Beziehungsproblemen ist die Rede. Das Porträt, das seit 1991 in der Dauerausstellung auf Schloss Burgk gezeigt wird, ist ein Glanzstück der Städtischen Kunstsammlungen Freital. Nicht allein der Qualität wegen, sondern auch des Mannes, der darauf abgebildet ist. „Ohne Willy Eberl würde es unsere Kunstsammlung nicht geben“, sagt Direktor Rolf Günther. 1949 erfüllte Eberls Witwe Rosa Kirsten den Wunsch ihres verstorbenen Mannes und übergab der Stadt Freital die Kunstsammlung, die schließlich den Grundstock der Städtischen Sammlung bildete. Im Gegenzug erhielt Rosa Kirsten eine lebenslange monatliche Rente von 150 Mark.

… und 1927 sich selbst mit einer Blume im Wasserglas.
… und 1927 sich selbst mit einer Blume im Wasserglas. © Morgenroth
Eberl war nicht nur Sammler, sondern auch ein talentierter Maler, wie sein 1930 entstandenes Bild von der Talsperre Malter beweist.
Eberl war nicht nur Sammler, sondern auch ein talentierter Maler, wie sein 1930 entstandenes Bild von der Talsperre Malter beweist. © Schloss Burgk

Mangels Ausstellungsfläche aber verschwanden die Schätze zunächst für mehr als 40 Jahre im Depot. „Sie waren zusammengepfercht“, erinnert sich Günther an den Zustand, den er bei seinem Amtsantritt in den 1980er-Jahren vorfand. Die wertvollsten Stücke waren an andere Museen ausgeliehen. Dazu gehörten die Gemälde von Otto Dix, aber auch Bilder seines 1901 geborenen Zeitgenossen Willy Kriegel, der sich sowohl handwerklich als auch künstlerisch auf Augenhöhe seines heute weitaus berühmteren Kollegen befand. Kriegel, an der Dresdner Kunstakademie einer der wenigen echten Schüler von Oskar Kokoschka, wurde bei der Schätzung der Kunstsammlung Eberl sogar um ein Vielfaches höher bewertet als Dix. Weil aber seine Frau mit Größen des NS-Regimes wie Joseph Goebbels verkehrte, und weil Adolf Hitler in München eines seiner Landschaftsbilder gekauft haben soll, wurde Kriegel bald als Nazi geschmäht.

Zu Unrecht, wie Günther meint: „Es gibt keine Arbeiten von ihm, die das belegen könnten.“ Im Gegenteil, 1937 wurde Kriegel wie Dix als „entarteter Künstler“ mit einem Ausstellungsverbot belegt. Einige der gewichtigen Gründe, die dazu führten, sind seit Sonntag auf Schloss Burgk zu besichtigen. Das Museum zeigt eine Auswahl von Gemälden Kriegels, die zum größten Teil aus der Sammlung Eberl stammen. Zu sehen sind aber auch Zeichnungen und Gemälde von Willy Eberl selbst, der wie Kriegel an der Kunstgewerbeschule Dresden studiert hatte und zum bedeutendsten Sammler seiner Werke wurde.

Während Kriegel seine Studien an der Kunstakademie fortsetzte, übernahm Eberl die Leitung des Ateliers Pilz in Dresden-Döltzschen, wo er bis 1929 vor allem Muster für Tapeten entwarf. Danach war er als Maler und Zeichner tätig und begann, zeitgenössische Kunst zu sammeln. Viel mehr ist über ihn nicht bekannt. „Wir haben einen handgeschriebenen Lebenslauf, aber kein einziges Foto“, sagt Günther. Und auch erst im Zuge von Recherchen zur aktuellen Ausstellung konnte das Museum klären, wo in Freital Eberl seine umfangreiche Sammlung aufbewahrte. Anhand eines Adressvermerks auf einem der Bilder konnte eine Villa auf der heutigen Paul-Büttner-Straße in Potschappel als Eberls Wohnhaus identifiziert werden.

Eberl war als Künstler nicht untalentiert – und von Kriegel beeinflusst, wie vor allem seine Freitaler Landschaften zeigen. An sein Vorbild reichte er freilich nicht heran. Kriegel konnte zwar auch Landschaften, Blumen, Affen oder tote Katzen überzeugend in Szene setzen. Es sind aber vor allem seine expressiven Porträts, die ihn zu einem der wichtigsten Dresdner Maler der ersten Hälfte des vergangenen Jahrhunderts machen. Kriegel nahm auf Eitelkeiten und Äußerlichkeiten keine Rücksicht. Egal ob er seine Frau am Flügel malte, den rauschgiftsüchtigen Maler Hofmann-Juan, einen „Dr. M.“ oder eben seinen Sammler Willy Eberl, der nun am Eingang der Sonderausstellung die Besucher zu einem künstlerischen Paarlauf einlädt.

Willy Kriegel und Willy Eberl, Künstler und Sammler, bis 7. Mai 2017, Di.-Fr., 13-16 Uhr, Sa./So. und an Feiertagen, 10-17 Uhr. Zur Ausstellung erscheint ein Katalog.

www.freital.de/museum