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„Kommunikation mit der Leitstelle war Katastrophe“

Die Leisniger Kameraden mussten sich anderweitig behelfen. Auch andere Wehren organisierten sich selbst.

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© André Braun

Von Tina Soltysiak

Orkantief „Friederike“ hat die Einsatzkräfte am Donnerstag – und zum Teil auch noch am Freitag – kräftig auf Trab gehalten. Weil die Rettungsleistelle in Chemnitz streckweise überlastet war, haben einige Feuerwehren aus der Region Döbeln im sozialen Netzwerk Facebook Telefonnummern veröffentlicht, unter denen ebenfalls Notrufe abgesetzt werden konnten.

Eine davon war die Gleisberger Wehr. „Die Leitstelle war zum Teil überfordert. Uns haben ohnehin auch Leute privat angerufen und ihre Schäden gemeldet, weil sie beim Notruf nicht durchkamen“, schilderte Wehrleiter Udo Hoffmann. Es habe die Absprache gegeben, dass sich die Wehren selbstständig organisieren und ihre Einsätze abarbeiten sollen. „In Döbeln wurde unterdessen versucht, eine ortsfeste Landfunkstelle einzurichten. Das hat aber wohl auch nicht so geklappt“, erklärte Hoffmann. Er und seine 16 Kameraden waren zum Teil bis Mitternacht mit der Sicherung einer Einsatzstelle an der Wetterwitzer Straße beschäftigt gewesen. „Dort waren mehrere Bäume auf eine Stromleitung gefallen. Wir mussten erst auf das Versorgungsunternehmen warten, da noch Strom auf der Leitung war. Man hat es in der Dunkelheit immer mal wieder funkeln sehen“, schilderte Hoffmann.

Noch drastischere Worte findet Leisnigs Gemeindewehrleiter Bernd Starke: „Die Kommunikation mit der Leiststelle in Chemnitz war eine Katastrophe.“ Normalerweise werden die Kameraden über Fax alarmiert. „Das klappt andernorts problemlos, bei uns ins Leisnig aber nicht. Das ist seit über einem halben Jahr bekannt, geändert wurde aber nichts. Ich verstehe es einfach nicht.“ Er mutmaßt, dass die analoge Technik im Gerätehaus nicht mit der sogenannten IP-Technologie in der Leistelle kompatibel ist.

Eigene Einsatzzentralen gebildet

Seit dem Sommer des vergangenen Jahres werden die Einsätze im Altkreis Döbeln über die Integrierte Rettungsleitstelle Chemnitz koordiniert. Eine DA-Anfrage bezüglich der geschilderten Probleme – Überlastung, Zahl der insgesamt eingegangenen Notrufe und Ähnliches – konnte Stadtsprecher Tommy van Doorn am Freitag kurzfristig nicht mehr beantworten.

Die Leisniger wurden um kurz nach 15 Uhr zum ersten Einsatz gerufen. „Wir haben im Gerätehaus an der Ringstraße rund 55 Kameraden und alle Fahrzeuge der Ortswehren zusammengezogen und die Einsätze von da auch koordiniert und abgearbeitet“, so Bernd Starke. Weil das Fax nicht funktionierte, versuchten sie, regelmäßig in Chemnitz anzurufen. Aber auch das gestaltetet sich schwierig. „Deshalb haben wir dann mit der Polizei in Döbeln Rücksprache gehalten“, so Bernd Starke. Bis 22.15 Uhr kamen in und um Leisnig insgesamt 33 Einsätze zusammen. Am späten Freitagnachmittag wurden die Kameraden zur Alten Schäferei in Klosterbuch gerufen, um weitere Bäume wegzuräumen.

Auch andere Ortswehren aus dem Altkreis Döbeln schilderten auf DA-Nachfrage ähnliche Problem wie die Gleisberger und Leisniger. Harthas Wehrleiter René Greif ist noch ein anderes Manko aufgefallen: „Früher wurde man als Feuerwehr alarmiert, und konnte dann selbst entscheiden, welche Technik, für welchen Einsatz erforderlich ist. Mittlerweile ist es so, dass immer einzelne Fahrzeuge für bestimmte Ereignisse alarmiert werden. Ist dieses besetzt, greift die Bereichsfolgealarmierung.“ Und so kam es, dass der Hubsteiger der Waldheimer Kameraden zum Einsatz nach Hartha beordert wurde.

„Das war gegen 16.20 Uhr, als die ersten Sturmspitzen durchzogen. Da konnten wir mit unserem Hubsteiger nichts ausrichten. Das wäre zu gefährlich gewesen. Deshalb haben wir den Einsatz abgebrochen. Diesmal gab es zumindest keine Pagerausfälle“, sagte Waldheims Gemeindewehrleiter Daniel Seifert. Dessen Kameraden seien daraufhin in ihren Zuständigkeitsbereich zurückgekehrt, weil sie dort gebraucht worden. „Wir haben versucht, über die Leitstelle die Ortswehrleiter nachzualarmieren. Das war aber schwierig. Bei solchen Großschadensereignissen ist es aber kein Wunder, dass die Leistelle überlastet ist.“ Also hätten sie zu den Mobiltelefonen gegriffen und die Kollegen informiert. „Wir haben in Waldheim eine eigene Einsatzleitung aufgebaut und regelmäßig den Stand der Dinge in Chemnitz abgefragt. Das hat dann relativ gut geklappt“, schilderte Seifert.

Test unter Realbedingungen

Als „sehr gut“ hingegen bezeichnete Döbelns Wehrleiter Thomas Harnisch die Zusammenarbeit mit der Leiststelle in Chemnitz. „Wir haben die Faxbenachrichtigungen gekommen, die Einsätze priorisiert und dann abgearbeitet“, sagte er. Die angesprochene ortsfeste Landfunkstelle sei aus seiner Sicht nicht erforderlich gewesen.

Diese hatten Silvio Boenke und sein Team versucht, einzurichten. Der stellvertretende Kreisbrandmeister sagte: „Ziel ist, zukünftig bei Großschadensereignissen wie diesen die Leistelle zu entlasten, indem man einen eigenen Funk aufbaut.“ An diese neue Aufgabenverteilung müssten sich alle Beteiligten aber erst „Stück für Stück rantasten“, so Boenke. Deshalb sei es gut gewesen, diesen Test unter Realbedingungen zu absolvieren „und zu schauen, was klappt und was eben nicht“.