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Knatsch beim Kreuzchor

Fünf Abiturienten durften nicht mit auf Abschlusstournee. Sie hatten die Proben für eine Reise ihres Abijahrgangs geschwänzt.

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© Ronald Bonß

Von Juliane Richter

Plötzlich blieben bei den Kreuzchorproben in der vergangenen Woche mehrere Stühle frei. Fünf Jungs der zwölften Klasse waren Dienstag bis Donnerstag einfach nicht erschienen. Unentschuldigt, wie Chormanager Uwe Grüner sagt.

Eine „höchst, höchst schmerzvolle Entscheidung“ folgte: Vor dem versammelten Chor, dem rund 130 Jungen angehören, wurde den fünf Abiturienten die Teilnahme an der Abschlusstournee versagt – und damit an ihrer letzten großen Tour im Auftrag des Kreuzchors. Die 69 besten Kruzianer waren vorab für die Tournee nominiert worden. Gestern früh startete der Tourbus dann ohne die fünf Zwölftklässler. Damit verpassen sie unter anderem Auftritte in Konstanz, Bern und Berlin. Vier weitere Zwölftklässler haben sich mit den Ausgeschlossenen solidarisiert und sind freiwillig nicht mitgefahren. Der Auslöser des Ganzen war, dass die fünf Jungs an einer privat organisierten Abschlussfahrt ihres Abiturjahrgangs teilgenommen haben. „An irgendeinen brandenburgischen See“, wie Grüner sagt. Bis zum Redaktionsschluss konnte leider kein Kontakt zu einem betroffenen Kruzianer hergestellt werden.

Christiane Filius-Jehne, kulturpolitische Sprecherin der Grünen im Stadtrat und stellvertretende Vorsitzende des Stiftungsrates Kreuzchor, bestätigt die Geschehnisse. Zumindest in Teilen. Denn während Grüner sagt, dass die Jungen unentschuldigt fehlten, habe es nach ihrem Wissen durchaus Abmeldungen gegeben. So oder so kritisiert sie, dass kein Verständnis für den Wunsch der Jungen, an dieser einmaligen Abschlussfahrt teilzunehmen, gezeigt wird. „Wo bleibt denn hier die Verhältnismäßigkeit! Ist das der Geist, der jetzt mit der „Marke“ Kreuzchor einhergeht?“, fragt Filius-Jehne.

Chormanager Grüner verfolgt eine geradlinige Argumentation. Der Kreuzchor sei kein Freizeitensemble, sondern ein Profiorchester. „Wir müssen uns auf dem Weltmarkt behaupten. Wenn die Besucher 60 oder 70 Euro pro Ticket zahlen, können sie erwarten, dass alle Sänger die volle Leistung bringen.“ Und Höchstleistungen seien nur durch die Teilnahme an allen Proben möglich. Dazu würden sich die Kinder und Jugendlichen vertraglich verpflichten. Grüner kritisiert zudem, dass die betroffenen Jungs keine Reue gezeigt haben. In dem von ihnen nachträglich verfassten Brief erkennt er keinen eindeutigen Satz, aus dem eine Entschuldigung hervorgeht. Die Herausgabe des Briefes für die Recherche hat Grüner verweigert, „um die Jugendlichen nicht zu diskreditieren“, wie er sagt.

Dass die Entscheidung als besonders hart kritisiert werden kann, nehme die Kreuzchorleitung in Kauf. Es sei wichtig, einen solchen Vorfall zu ahnden, weil die Zwölftklässler eine Vorbildwirkung für die folgenden Jahrgänge haben. „Aber natürlich hat das den Saisonabschluss deutlich belastet“, so Grüner. Bis übernächste Woche sind 69 Mitglieder des Kreuzchors auf der Abschlusstournee. Die neun freien Plätze wurden nachbesetzt. Ob damit wieder Ruhe einkehrt, bleibt zu bezweifeln. Christiane Filius-Jehne will den Kreuzchor zum Thema im Kulturausschuss machen. Denn hinter den Kulissen grummele es schon lange wegen der strengen Verpflichtungen der Kruzianer im Chor, sagt sie.